Religiöse Erziehung für viele unwichtig

DEUTSCHLAND. (hpd/fowid) In der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) aus dem Jahr 2012 sind wieder Daten zur Religiosität enthalten. Zuletzt wurde die Bevölkerung zu diesem Thema 2002 umfangreich befragt. Eine der ersten Auswertungen zeigt, dass bei der Erziehung der Kinder für viele die religiöse Erziehung keine Rolle spielt.

Auf die Frage: „Bitte sagen Sie mir anhand dieser Skala (von 0 bis 10), welche Rolle die religiöse Erziehung bei der Erziehung Ihres Kindes / Ihrer Kinder spielt oder gespielt hat.“ antworteten immerhin fast 27 Prozent, dass dies absolut unwichtig ist (in der Skala 0 und 1). Das sind dreimal so viele wie diejenigen, für die es sehr wichtig ist (Skala 9 und 10) mit ca. 9 Prozentpunkten.

Daraus wird auch deutlich, dass religiöse Erziehung nicht ins allgemeine Schul- und Bildungssystem gehört. Wenn es für über 40 Prozent wenig bis gar nicht wichtig ist, Religion im privaten Erziehungsbereich zu vermitteln, hat dies auch keine Relevanz in der schulischen Ausbildung. Inzwischen gibt es weitreichende Möglichkeiten, mit individuellen Angeboten religiöser Erziehung dem Bedarf und dem „Recht“ von Kindern und Jugendlichen an bzw. auf religiöse Erziehung außerschulisch gerecht zu werden, wenn dies Eltern (oder größere Kinder selbst) wollen.

Das mittlere Feld, knapp 30 Prozent, die der religiösen Erziehung eine mittlere Bedeutung zumessen, sind vermutlich die Eltern, die ihre Kinder zumindest mit den religiösen Bräuchen und Glaubensannahmen des jeweiligen Milieus vertraut machen möchten. Sie möchten nicht, dass die Erfahrungen ihrer Kinder von denen anderer Kinder abweichen und sie dadurch als Außenseiter gelten.

Eine allgemeine Moral- und Werterziehung benötigt keine religiöse Grundlage. Kinder müssen erzogen werden und zwar nicht im Sinne von Indoktrination und Dressur, sondern nach dem entwicklungsbedingten, individuellen Verständnis. Erziehung ist die Vermittlung von grundlegenden Lebensformen und Wirklichkeitsmustern an Heranwachsende. Erzieherische Richtlinien sind Starthilfen, um ins Leben zu finden und eigenständige Personen zu werden. Diese Vorgaben verlangen aber auch die Akzeptanz der Heranwachsenden.

Für die Gewissensbildung stellt sich die Frage, in welchem Ausmaß und vor allem wie die Schaffung einer möglichen göttlichen Instanz als übermächtige Autorität auf die Handlungen der Kinder wirkt. Werden Normen und Werte durch eine harte Androhung schrecklicher Folgen durchgesetzt, kann das in den Bereichen Hygiene, Essen und Trinken, Sinnlichkeit und Sexualität neurotische Ängste befördern. Ängste, die zeitlebens die Beziehung zum eigenen Körper beeinträchtigen und sich als psychisch/somatische Krankheitssymptome äußern können. Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war die traditionelle religiöse Erziehung nur durch Gehorsam und Unterordnung geprägt und hat oft zur Deformation und Dressur von Kindern und Jugendlichen geführt.

In der Familie sollten Kinder Anerkennung und Empathie erfahren. Außerdem sollte dort angstfrei über soziale Erfahrungen gesprochen werden. Aus der Sicht des Kindeswohls sollte Erziehung ohne jede Verängstigung oder Drohung betrieben werden. Die vor allem in biblischen Erzählungen häufig auftretende Gewalterfahrung stehen dem jedoch oft entgegen.

Das Ergebnis dieser Umfrage widerspiegelt auch die in anderen Befragungen ermittelte Verteilung der Religionen in der Bevölkerung, bei der sich ebenfalls über 30 Prozent als religionsfrei ansehen. Für diese Bevölkerungsgruppe ist dann natürlich auch die religiöse Erziehung ihrer Kinder relativ unwichtig.

Elke Schäfer

Detaillierte Zahlen im fowid-Datenblatt.