Oerlenbacher Gespräche

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Heuchler-Fisch

„Die Bedeutung der christlichen Werte für Staat und Gesellschaft“. So lautete der Titel eines Vortrags vom Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann, den er im Pfarrsaal der kleinen Gemeinde Oerlenbach hielt. Organisiert werden die jährlich stattfindenden „Oerlenbacher Gespräche“ vom ortsansässigen Bundespolizeiaus- und fortbildungszentrum und von der Gemeinde selbst. In den vergangenen Jahren hatte die Veranstaltung nichts mit den Kirchen zu tun. Das sollte dieses Jahr anders sein.

Ein Bericht von Andreas Müller

 

26. Mai 2009, 18:50 Uhr. Je näher wir (Peter Janotta, der Vorsitzende des Brights-Fördervereins, und ich) der kleinen Gemeinde Oerlenbach kommen, desto heftiger wird der Regen und desto grauer der Himmel. Wegen der schlechten Beschilderung finden wir nicht gleich den Weg und irren eine Weile lang im Landkreis Bad Kissingen herum. Als wir die verschlungenen Pfade in der Region durchqueren, drängt sich mir immer mehr die Frage auf, ob wir uns noch im sicheren Schoße der Zivilisation befinden?

Etwa gegen 19:00 Uhr passieren wir das Ortsschild und finden schnell einen Parkplatz am Rande des großen Polizeiausbildungszentrums. Ein Blick auf das Stadtbild verrät uns, dass hier zwei Kirchen um die Gunst der Gläubigen bangen. Auf der Karte ist außerdem noch eine Kapelle verzeichnet (in der „Kapellenstraße“), für den Fall, dass jemand eine Sünde begeht, die er sofort beichten muss und die es nicht erlaubt, drei Schritte nach links oder rechts zur nächsten Kirche zu gehen.

Um den richtigen Pfarrsaal zu finden, orientieren wir uns am Polizeibus, der den Großteil der Zuhörer, bayerische Polizisten in der Ausbildung, zu ihrem Bischof gebracht hat. Typisch für Dörfer werden wir am Eingang freundlich begrüßt und im Gebäude dann auch von jedem, dem wir zufällig über den Weg laufen. Die Sache mit der kommunalen Freundlichkeit sollte sich allerdings bald ändern.

Auftritt des Bischofs

Auf dem Podium im Pfarrsaal sitzt neben Bischof und Bürgermeister auch Thomas Lehmann, der Leiter des Polizeiausbildungszentrums. Er ist überaus gut gelaunt und begrüßt uns mit einem „Peace“-Zeichen. Er wird auch für den Rest der Veranstaltung glücklich und zufrieden auf die Versammelten herabblicken.

Im Pfarrsaal treffen wir auf ein Fernsehteam von „TV touring“, dem Würzburger Regionalsender, der aber bald wieder abzieht. Da alle Stühle besetzt sind, bleiben wir am Eingang stehen. Der Bischof geht ans Mikrofon.

Werte kommen von Gott

Der Vortrag von Bischof Friedhelm Hofmann enthält viele Zitate, was ihm einen akademischen Anstrich gibt. Er beginnt mit einem Kommentar zur Wirtschaftskrise und zum Profitdenken bestimmter Unternehmer, die sich gerade in der Diskussion befinden und er kritisiert die Schlussfolgerung, dass man moralisch handeln solle, weil Unmoral der Profitabilität schade. Auch die Politik könne keine ethischen Grundlagen hervorbringen.

„Ethische Grundlagen, sprich der Wertekanon, werden dem Menschen vorgegeben und nicht von ihm selbst gemacht. Diese Prämisse wird heute von vielen Menschen nicht geteilt. Es herrscht allgemein die Vorstellung, dass der Mensch, zumindest mehrheitlich, darüber abstimmen müsste, was für ihn gut und richtig ist. Aber wie finde ich die allen verbindliche Basis, wenn sie selbst zur Disposition steht?“

Mit anderen Worten müssen wir uns nicht auf bestimmte Werte einigen, weil sie uns (von Gott) vorgegeben sind. Es folgt eine Geschichte des internationalen Gerichtshofs für Menschenrechte in Den Haag und der theoretischen Begründung universeller Menschenrechte aus dem Naturrecht. Dieses Naturrecht genüge jedoch nicht. Im folgenden gehe es darum „um allgemeine Werte, die aus christlichem Glaubensverständnis erwachsen sind und Allgemeingültigkeit beanspruchen.“