Oerlenbacher Gespräche

Christliche Werte

"Wo wir schon von ignoranten Barbaren reden! Einige der verrückten Ideen dieser Religion gehen mir einfach nicht aus dem Kopf!" - "Halt, das ist unsere!"Bevor er zu diesen kommt, erwähnt Bischof Hofmann die klassischen Kardinaltugenden: „Klugheit, Tapferkeit, Maß halten und Gerechtigkeit“. Aus der christlichen Tradition komme der Bezug zur Gottesfurcht hinzu, so Hofmann weiter. Das stimmt wohl kaum (die Juden hatten allen Grund, ihren Gott zu fürchten, liest man einmal das Alte Testament), andererseits ist Gottesfurcht auch ein sehr zweifelhafter Wert, den er gerne behalten kann.

Diese Tugenden gälten heute als antiquiert, „weil sie der individuellen Lust- und Luxusmaximierung entgegenstehen“. Das heutige Konsumverhalten huldige „Materialismus und Hedonismus“ und stehe den christlichen Werten entgegen.

Grundlagen der christlichen Werte seien vor allem das Evangelium und die Zehn Gebote. Es folgt ein Zitat der Zehn Gebote aus dem Buch Exodus. Interessanterweise lässt Bischof Hofmann einige unschöne Passagen ausfallen, darunter „Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation.“ Auch folgende Stelle hat es nicht in den Vortrag geschafft: „Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, seinem Rind oder seinem Esel.“ Vermutlich macht sich diese Stelle einfach nicht so gut im Kontext von Bischof Hofmanns folgender Behauptung, dass Mann und Frau im christlichen Verständnis gleichwertig seien. Frauen sollten dieser Logik zufolge ja besser nicht auf einer Ebene mit Sklaven und Eseln stehen.

Wie würde es nun ohne die Zehn Gebote aussehen? Kein wöchentlicher Feiertag, „Familien spielen keine Rolle mehr, der Generationenkonflikt ist vorprogrammiert, das Recht liegt beim Stärkeren, Töten ist erlaubt, keiner ist seines Lebens mehr sicher, jeder nimmt sich das, was er will, sexuelle Ausbeutung, selbst Kindesmissbrauch und Vergewaltigung bleiben unbestraft.“ Und so weiter. Genau so muss es also gewesen sein, bevor Moses die Zehn Gebote auf dem Berg Sinai entgegen nahm. Jede Gesellschaft, die vor diesem Ereignis existierte, wäre niemals auf die Idee gekommen, dass etwas daran falsch sein könnte, wenn sich Menschen gegenseitig ermorden und vergewaltigen. Dass die Menschheit überhaupt so lange überlebt hat, ist ja schon mehr als ein Wunder.

Zu den Zehn Geboten komme die Menschenwürde, die sich aus der Gottesebenbildlichkeit des Menschen ableite. Hieraus folge auch, dass Mann und Frau gleichwertig seien, was in vielen Äußerungen der Kirche ausgefächert werde. Der Herr Bischof hat wohl seine satirische Ader entdeckt. Mann und Frau sind zwar gleichwertig, aber Frauen dürfen keine Priesterinnen werden, weil Männer eben ein bisschen gleichwertiger sind?

Was ist es nun, was diese und ein ganzes Bündel weiterer Werte, die der Herr Bischof aufzählt und die in der katholischen Soziallehre vorkommen sollen (Freiheit, Wahrheit, Gerechtigkeit, etc.) bedroht? Ganz klar: Die „Vorstellung von vermeintlicher Wertefreiheit der Wissenschaft“. Heute versuche man, „die Werte aus Rationalität und Logik herzuleiten“. Wissenschaftliche Vernunft könne aber keine ethischen und sozialen Werte schaffen. „So sind die uns im jüdisch-christlichen Glauben [Anm.: Ist der für die Kirche schon identisch?] vorgegebenen und erprobten Werte Grundlagen, auf denen die Menschheit eine tragfähige, gemeinsame Zukunft gestalten kann.“

„Jenseits diktatorischer und auch demokratisch per Abstimmungen veränderbarer Rechtsgrundlagen ist hier ein Wertefundament der Verfügbarkeit des menschlichen Zugriffs entzogen und damit beständig.“ Alle Menschen auf diesem Planeten müssen demnach die christlichen Werte anerkennen, ohne sich auf diese zu einigen und über sie abzustimmen, was aber nicht diktatorisch sein soll.

Am Ende betont Bischof Hofmann noch, wie wichtig es ist, das ungeborene Leben zu schützen. Der Klimawandel sei ebenfalls eine Herausforderung. Ohne die christlichen Werte, schließlich, habe diese Gesellschaft keine Chance zu überleben.