Mitteilungen Deutscher Botschaften

Die diplomatischen Vertretungen unseres Landes haben unter anderem die Aufgabe,

den dortigen Einheimischen etwas über die ihnen fremdländischen, d.h. unsere hiesigen deutschen Sitten und Gebräuche zu berichten.
Die Deutsche Botschaft in London ist da nicht von falscher Bescheidenheit geplagt:
<German Embassy Advent Calendar 2006>: „Wahrscheinlich der beste musikalische Adventskalender im Internet! Unser Kalender ist voll gepackt mit modernen Versionen traditioneller deutscher und englischer Weihnachtslieder, dargeboten in unterschiedlichen Stilrichtungen und Interpretationen. Ab 1. Dezember geht es los: Ein neuer Song jeden Tag bis zum heiligen Abend!"

Wenn man einen Tag anklickt, der noch nicht dran ist, dann erscheint unter dem offiziellen Signet der Deutschen Botschaft London ein "Winkender Weihnachtsmann" mit der Botschaft: NOT THIS TIME! YOU'RE TOO EARLY!

Aber was die Deutsche Botschaft in London kann, dass kann unsere diplomatische <Vertretung in Teheran > auch. Nach einem ersten Hinweis auf den „besten musikalischen Adventskalender im Internet" - ein schönes Beispiel diplomatischer Koordination durch das Auswärtige Amt - folgt dann die neutrale <Erläuterung heimischer Bräuche> für die Muslime im Iran.
Da wir in einem Bericht nichts verfälschen wollen, folgt nun der Originaltext:

Advent: Zeit des Besinnens und des Feierns

„Der Advent hat für die Christen beider Konfessionen in Deutschland große Bedeutung. Er dient der Besinnung, der inneren Einkehr. Mit seinem ersten Tag, dem viertletzten Sonntag vor dem 25. Dezember, beginnt jeweils das neue Kirchenjahr. Das hat die Kirche bereits im 4. Jahrhundert festgelegt.
Symbol für die Zeit bis zum Christtag ist der Adventkranz. Das Symbol hat seinen Ursprung in Hamburg. „Der erste Kranz hing im Dezember 1839 im Betsaal des Rauhen Hauses", sagt Uwe Mann von Velzen, der Sprecher dieser evangelischen Einrichtung für verwahrloste und verwaiste Kinder aus Elendsviertel der Hafenstadt." (...) Gut zwei Wochen vor Heiligabend bieten Händler auf Straßen und Märkten die Mittelpunkte der deutschen Weihnacht an: die Tannenbäume. Geschätzte 25 Millionen davon stehen dann zum Fest reich geschmückt in den Wohnzimmern."

Nun ja, was wäre aber die Adventszeit ohne Weihnachten? Also weiter in der nächsten Kategorie des Angebots der Deutschen Botschaft in Teheran im Originalton:

Weihnachten - das traditionelle Familienfest der Deutschen

„In deutschen Familien gilt Weihnachten als Höhepunkt des Jahres. Verwandte und auch Freunde versammeln sich um den festlich geschmückten Christbaum, tauschen Geschenke aus und setzen sich zu einem Festmahl zusammen. Viele singen das populäre Lied „Stille Nacht, Heilige Nacht", das längst in aller Welt bekannt ist. Vereinzelt macht man sogar Hausmusik zusammen.
Der wichtigste Tag des Festes ist Heiligabend, der 24. Dezember. Gläubige Christen besuchen die Mitternachtsmette in ihrer Kirche, um den Tag der Geburt Jesu Christi am Tag darauf zu feiern. Die Zahl der so genannten Weihnachtsverweigerer, die mit dem Fest überhaupt nichts zu tun haben wollen, ist gering - gerade drei Prozent der fast 80 Millionen Deutschen. (...)"

Und weil das alles so anheimelnd ist, folgt als nächste Rubrik:

Visabestimmungen

„Wir wollen Ihnen die Einreise nach Deutschland so leicht wie möglich machen - hier finden Sie alle relevanten Informationen zur Beantragung eines Visums sowie das Antragsformular als pdf-Datei zum Herunterladen."

Herrgottskrament, das ist gut! Dann wollen wir hoffen, dass die suchenden Muslime nicht auf einen Menschen aus dem Drittel der Nicht-Christlichen Bevölkerung treffen. Das ganze schöne Deutschland-Bild wäre „im Eimer".

Die deutsche <Botschaft in Moskau> hat dagegen noch etwas Anderes im Angebot (schließlich singen die Menschen in Russland doch so viel):

Alle Jahre wieder...- Deutsche Weihnachtslieder

„Weihnachtslieder gehören ebenso zur Weihnachtszeit wie Lebkuchen und Glühwein.
Hier finden Sie eine Kostprobe der bekanntesten deutschen Weihnachtslieder.
Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen."
(„Alle Jahre wieder..." / „Oh Du fröhliche" / „Stille Nacht, Heilige Nacht".)

Wem das noch nicht reicht, der kann ein Flash 7 Movie abspielen:

Eine weihnachtliche Reise durch Deutschland.

„Folgen Sie uns auf eine weihnachtliche Reise von der Küste Deutschlands bis in die Alpen und lernen Sie die schönsten deutschen Weihnachtsbräuche kennen. Wir wünschen Ihnen eine besinnliche Adventszeit und ein fröhliches Weihnachtsfest! Systemvoraussetzungen: Flash 7"
In Hamburg gibt es den - Na, das haben wir doch bereits bei der deutschen Botschaft in Teheran erfahren! - ja den Adventskranz, an Schwerin geht's nur so vorbei, in Berlin leuchten die Bäume „Unter den Linden", und in Köln ist Weihnachtsmarkt, Pfeifenmännchengebäck und ein Tannbaum wird geschmückt,....
Aber es gibt keinen Link auf den „besten musikalischen Adventskalender im Internet" - da hätte man doch statt der englischen ein paar russische Weihnachtslieder einbauen können?

Bei der Deutschen <Botschaft in Washington> versucht man anscheinend erst gar nicht, den Amerikanern in ihrer Weihnachtsverwirrung Konkurrenz zu machen, auch keinen „besten musikalischen Adventskalender im Internet", sondern, da sind wir endlich wieder deutsch: „German Info Holiday Calendar" - wenn man auf die Zahlen auf dem Backwerk drückt, darf man Fragen beantworten. Hat man falsch geraten muss man es noch einmal versuchen.
Aber beinahe könnte man es glatt übersehen, eine kleine Zeile: <Christmas in Germany 2006>.
Und da sind sie denn endlich auch: <Die deutschen Weihnachtsmärkte>.

Also, Mama, wir kaufen uns diesen Jahr auch einen Tannenbaum. 22 Millionen Haushalte können sich doch nicht irren? Oder sollen wir noch weiter nach den Mitteilungen Deutscher Botschaften in anderen Ländern schauen? <Australien?> oder in <Japan>? Aber die schummeln, denn die zeigen auf ihrer japanischen Seite andere Bilder als auf der deutschen Seite. Aber so ist das mit der Diplomatie. Es kommt eben darauf an, was man zu wem sagt. In diesem Sinne dann schon lieber in <Kathmandu>.

Fritz Kummer