Islamismus in Asien

(hpd) Beim Stichwort „islamistischer Terrorismus“ denkt man an Entwicklungen von Algerien bis Afghanistan, vom Irak bis Pakistan – und

selbstverständlich an die Anschläge in Europa. Weniger im Fokus des öffentlichen und sicherheitspolitischen Interesses standen bislang derartige gewaltgeneigte Gruppierungen im asiatischen Raum.

Darauf aufmerksam machen will der Terrorismus-Experte Berndt Georg Thamm, der bereits in den letzten Jahren eine Reihe von fachkundigen Veröffentlichungen vorgelegt hat. In seinem neuesten Buch „Der Dschihad in Asien. Die islamistische Gefahr in Russland und China“ geht er auf diese Entwicklung ein. Die darin enthaltenen drei Kapitel tragen die Titel „Das islamistische Triumvirat bedroht Zentralasien“, „Dschihad gegen russische Kreuzzügler – nicht nur im Kaukasus“ und „Dschihad gegen chinesische Gottlose – nicht nur in Xinjiang“. Der Autor skizziert in ihnen ausführlich und differenziert die gegenwärtige Bedrohungssituation für China und Russland, wobei sowohl der historisch-politische Hintergrund als auch die Entwicklung einschlägiger Organisationen Aufmerksamkeit finden.

Thamm erweist sich hier erneut als guter Kenner der Materie. Die „Neue Züricher Zeitung“ schrieb über ihn, er sei „ein sorgfältiger Chronist des internationalen Terrorismus“. Dem ist sicherlich zuzustimmen! Thamm kommt aber nur selten über die Chronistenrolle hinaus und lässt eine ausführlichere Analyse zum Thema vermissen. Seine Informationen stützen sich offenbar zu großen Teilen auf Kontakte zu chinesischen und russischen Sicherheitsbehörden. Dies dürfte hier und da auch in den Bewertungen mit eine Rolle gespielt haben. Zwar betont Thamm offen, er wolle seinen Lesern die „Perspektive des Ostens“ nahe bringen. Gleichzeitig fordert der Autor, man müsse den Kontakt mit China und Russland intensivieren. Dafür zu werben, sei auch eine zentrale Aufgabe seines Buches.

Angesichts der weltweiten Bedrohungslage durch den islamistischen Terrorismus ist dies sicherlich richtig und wichtig, gleichwohl handelt es sich bei den politischen Systemen beider Ländern aus demokratischer Sicht nicht um unproblematische Akteure. In dieser Hinsicht hätte man sich von Thamm ein wenig mehr kritische Reflexionen gewünscht, wirkt sein Buch doch stellenweise wie die offizielle Sicht von China und Russland. Gleichwohl muss man auch deren Perspektive kennen, zumal die Entwicklung des Islamismus in Asien in der westlichen Welt bislang noch nicht breiter zur Kenntnis genommen wurde. Dafür liefert Thamms Buch eine informative, kenntnisreiche und sachliche Basis.


Armin Pfahl-Traughber

Berndt Georg Thamm: Der Dschihad in Asien. Die islamistische Gefahr in Russland und China. München 2008 (Deutscher Taschenbuch-Verlag), 280 S., 15 €.