In eigener Sache: Textarchiv / Toxische Papiere

Herbert Gerl erläutert nun die Konzepte von Maslow, Rogers und Perls. Resümee: „Menschen sind, so Rogers, wenn ihr Selbst nicht bedroht wird, zu einer produktiven Auseinandersetzung mit der Welt, in der sie leben, fähig. Sind sie dazu auch willens? Er bejaht diese Frage eindeutig.“
Und: „All diesen Prozessen liegen, wie es Rogers formuliert, „die vorwärtsbewegenden Kräfte des Lebens selbst zugrunde“. Um diese Kräfte in dieser Weise zur Wirkung und Entfaltung kommen zu lassen, ist eines notwendig: die Offenheit und Freiheit eines bereinigten Anfangs. Auch für Gemeinschaften religiösen Glaubens gilt: Jede Art humaner Entwicklung, jeder weiterführende Schritt in Richtung Zivilisierung setzt voraus, sich der Fesseln eines schwarzen Anfangs (der Einschüchterung, der Dressur, der Dogmatik, des Misstrauens gegen die conditio humana) zu entledigen und auf anderer, unbelasteter Grundlage aufzubauen.“

Aufklärung und Neuanfang

Gerl beginnt seinen abschließenden Absatz mit einem Zitat von Peter Sloterdijk: „’Die Zivilisierung der Monotheismen ist abgeschlossen, sobald die Menschen sich für gewisse Äußerungen ihres Gottes, die unglücklicherweise schriftlich festgehalten wurden, schämen wie für die Auftritte eines im allgemeinen sehr netten, doch jähzornigen Großvaters, den man seit längerem nicht mehr ohne Begleitung in die Öffentlichkeit lässt’. Die Komik in diesem Resümee sollte nicht über seinen inhaltlichen Ernst täuschen: Solche Scham wäre das späte Erwachen aus einem Traum, der während der längsten Zeit seiner Dauer für allzu viele, auch im christlichen Abendland, ein veritabler Alptraum gewesen ist. Es wäre das unwiderrufliche Ende eines Megaexperiments in schwarzer Pädagogik; eines Experiments, das, gemessen an seinen eigenen Ansprüchen, zwar insgesamt missglückt ist, das aber gerade durch sein Scheitern hoffen lässt: hat es doch Menschen dazu gebracht, sich gegen inhumane Zumutungen zur Wehr zu setzen und so Gegenkräfte, Antikörper gegen eine Infektion produziert, die - in einem tiefen Sinn - lebensgefährlich war. Es wäre das gute und fröhliche Ende des monotheistischen Symptoms insgesamt: einer Selbstfesselung, die sich als Religion missversteht.“

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