Kulturkampf und Phrasen

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Klassenzimmer / Foto: Freidenker

EISENSTADT. (fdb/hpd) Volkes Zorn gegen Menschenrechtsurteile. Mit dieser Strategie versucht die burgenländische ÖVP, konservative Kernwähler- und wählerinnen zu mobilisieren. 6.200 Menschen haben seit November an der schwarzen Unterschriftsaktion gegen das EGMR-Urteil teilgenommen, das Kreuze in Schulklassen als menschenrechtswidrig bezeichnet hatte.

Offenkundig ist das Urteil der Menschenrechtsrichter ein Affront gegen das Weltbild der burgenländischen Schwarzen. "Wir wollen haben, dass die Kreuze in den Klassenzimmern in den öffentlichen Stellen auch bleiben", wird Steindl in einem Artikel im Standard zitiert. Die Teilnehmer der Unterschriftenaktion würden sich "so wie die Volkspartei für christliche Werte einsetzen", sagt der Parteivorsitzende und Landeshauptmannstellvertreter. "Das sind unsere christlichen Wurzeln", daraus habe die ÖVP auch ihr Grundsatzprogramm geschrieben. Es gehe auch "um Werte und Tradition".

Hintergrund Landeswahlkampf

Dass dieser Kulturkampf jetzt kommt, überrascht wenig. Im Landtagswahlkampf in Österreichs östlichstem Bundesland versucht die ÖVP, Kernwählerschichten und Teile der FPÖ-Wählerinnen- und Wähler zu mobilisieren. Nach der schief gelaufenen Debatte um ein geplantes Erstaufnahmezentrum für Asylwerber in Eberau ist ein emotional besetztes Thema für die Landesschwarzen lebensnotwendig. Zumal die SPÖ unter Landeshauptmann Franz Niessl die Reizthemen Asyl und Migration mit einem ins Xenophobe gehenden Wahlkampf schon besetzt hat, den kritische SPÖ-Mitglieder als Verrat an sozialdemokratischen Überzeugungen und als gefährliche Anbiederung an die FPÖ sehen.

Will man mit der rechten FPÖ konkurrieren, bleiben der ÖVP als Themen das Kreuz in Amtsräumen und Schulklassen und das "christliche Abendland". Die Argumente unterscheiden sich weder in Inhalt noch Form sonderlich von denen des rechten Randes. Außer Phrasendrescherei vermögen die Christlich-Sozialen und ihr Landesobmann Steindl wenig zu bieten. Für einige tausend Unterschriften reicht das.

ÖVP träumt von EU-weitem Kulturkampf

Das Ergebnis scheint den Burgenland-Schwarzen Auftrieb in ihren Kulturkampfphantasien zu geben. Steindl träumt davon, die Unterschriftenaktion bundesweit durchzuführen. Die Unterschriften werde man dem designierten EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP) übergeben. "Wir werden ihn bitten, dass er sich auf europäischer Ebene ebenfalls dafür einsetzt, dass hier eine Wertediskussion in Gang gesetzt wird", sagte der ÖVP-Chef. Außer Acht lassend, dass Länder wie Spanien seit Jahren einen anderen Weg gehen und die Gesellschaft säkularisieren wollen. Unter dem sozialistischen Ministerpräsident Zapatero sind Kreuze in spanischen Schulen abgehängt worden.

Die Rollenverteilung dieser "Wertediskussion" stehen fest: Kreuz gegen Menschenrechte.
Wer gegen den ÖVP-Kulturkampf und für eine laizistische Republik ein Zeichen setzen will, kann sich an der Online-Unterschriftenaktion laizismus.at beteiligen.

Christoph Baumgarten