„Zehn Gebote“ - Kintopp

Gut sein ohne göttliche Gebote

Im Übrigen hintertreibt der Film selbst die Behauptung der EKD, die Wertordnung unserer Gesellschaft basiere auf den Zehn Geboten: In der (unbiblischen) Szene, wo Mose den Sklaventreiber wegen seiner Brutalität konfrontiert, hält er ihm nämlich vor (Übersetzung aus dem englischen Filmtext): „Das ist ein Mann und kein Hund! Und ein zivilisierter Mann sollte nicht einmal einen Hund quälen. Das ist einfach nicht richtig!“
Und das, bevor er die „Zehn Gebote“ bekommen hat, also ohne die Zehn Gebote zu kennen.

Sollen Kinder lernen, Leuten zu folgen, die Stimmen hören?

Ist die Botschaft des Films wirklich das, was man Kindern vermitteln sollte? Denn letztlich stellt der Film es als vorbildlich dar, Leuten zu folgen, die Stimmen hören. Die „Skeptiker“ (allen voran Dathan), die durchaus einige berechtigte Fragen stellen a la „Wie kommt es eigentlich, dass Gott immer nur mit Mose spricht und nie mit uns?“, werden hingegen als böse dargestellt und vom Erdboden verschlungen.

Diese Absurdität des „Stimmenhörens“ wird in dem folgenden Dialog der „Helden“ Mose, Aaron und Miriam deutlich (wiederum aus dem Englischen übersetzt). Nachdem die Israeliten sich während ihrer Wanderung durch die Wüste bei Mose beschwert haben, dass sie immer nur Manna bekommen und kein Fleisch, hat Mose ihnen Unmengen von Fleisch versprochen. Das natürlich auf sich warten lässt.
Miriam: „Mose, du hast zu viel versprochen!“
Mose: „Keine Sorge! Alles wird gut werden!“
Aaron: „Ich weiß: Du denkst, dass Gott nur zu dir spricht. Aber er spricht auch zu uns. Ich habe ihn niemals irgendetwas von Fleisch sagen hören!“

Unterrichtsvorschläge

Apropos „Was lernen die Kinder?“ – Hier noch ein Beispiel für einen Unterrichtsvorschlag, der sich auf der „didaktischen DVD“ findet: Miriamlied [2. Mose/Exodus 15,21] Rhythmische Gestaltung
„Das wohl älteste Lied der Bibel drückt die große Freude aus, die das Volk nach der Rettung vor den ägyptischen Verfolgern bewegte. Diese Freude sollen die SuS [Schülerinnen und Schüler] im Spiel nachempfinden.
Auch wenn im Film das Lied des Mose Ex 15, 1-21 nicht vorkommt, kann man diese Variante der methodischen Bearbeitung dennoch nutzen. In einer modernen Übersetzung lautet der Text: „Groß und mächtig ist der Herr, Rosse und Krieger warf er ins Meer.“ Zuerst wird der Text langsam gesprochen und dazu im einfachen Rhythmus – geklatscht.
In der nächsten Phase hat nur noch die erste Zeile den einfachen Rhythmus; die zweite Zeile wird mit Ausnahme von „Krieger“ schnell geklatscht [... usw.]

Das in dem Unterrichtsvorschlag erwähnte Lied des Mose (2. Mose/Exodus 15,1-18) geht übrigens in der „etwas weniger modernen“ Übersetzung (Luther 1984) so: Ich will dem HERRN singen, denn er hat eine herrliche Tat getan; Ross und Mann hat er ins Meer gestürzt. [...] Der HERR ist der rechte Kriegsmann, HERR ist sein Name. Des Pharao Wagen und seine Macht warf er ins Meer, seine auserwählten Streiter versanken im Schilfmeer. Die Tiefe hat sie bedeckt, sie sanken auf den Grund wie die Steine. [...] HERR, deine rechte Hand hat die Feinde zerschlagen. Und mit deiner großen Herrlichkeit hast du deine Widersacher gestürzt; denn als du deinen Grimm ausließest, verzehrte er sie wie Stoppeln. [usw.]

In den USA wurde der Film verrissen

Wer sich die Benutzerkommentare zur US-Version des Films auf der International Movie Database (IMDB.com) anschaut – in den USA kam der Film bereits Ende 2007 in die Kinos – der stellt fest, dass der Film außergewöhnlich schlecht beurteilt wird. Zeitweise soll er sich bei IMDB sogar unter den schlechtesten 100 Filmen aller Zeiten befunden haben. Selbst eingefleischte Christen sparten nicht mit Kritik. Inzwischen hat er sich leicht verbessert, wird jedoch auch aktuell nur mit 2,6 von 10 möglichen Punkten bewertet. Grund dafür ist vor allem die 3D-Computergrafik, die mit der Qualität schlechter Videospiele verglichen wird. Einen Eindruck hiervon vermittelt der deutsche Trailer, aber auch der US-amerikanische Trailer und einzelne Szenen (z.B. Durchquerung des Roten Meeres)

In der Tat irritieren die übertriebene Muskulatur der Figuren und die hölzernen Bewegungen. Was man in den Vorschauen nicht sieht, was ich persönlich jedoch als sehr störend empfand, ist die Tatsache, dass es nur eine Handvoll „Komparsenfiguren“ gibt, die für Hintergrund- und Massenszenen immer wieder „recycled“ werden. Selbst bei normaler Betrachtung fällt auf, dass in ein und demselben Bild immer wieder die gleichen Figuren verwendet werden.

Davon abgesehen erhält man eine schnörkellose, „kindgerechte“ (wenn man so will) Darstellung der wichtigsten Geschichten aus Moses Leben, die sich stark am biblischen Original orientiert und Gott mehr Raum gibt als beispielsweise der ganz ähnliche Trickfilm „Der Prinz von Ägypten“ von 1998. „Der Prinz von Ägypten“ ist übrigens auch ab 6 Jahren freigegeben, ist allerdings optisch spektakulärer und von der Geschichte her deutlich komplexer. Im „Der Prinz von Ägypten“ sind z.B. Mose und sein Stiefbruder Ramses, der spätere Pharao, durch ihre Jugendfreundschaft hin- und her gerissen, während Ramses in „Die Zehn Gebote“ im Prinzip einfach nur negativ dargestellt wird.