hpd: Bei welchen Problemen könnt ihr weiterhelfen?
Kaya: Es sollen Anlaufstellen bei Alltagsproblemen entstehen. Ein aufgezwungenes Leben, von anderen vorherbestimmt, kann innerhalb einer sonst sehr freien Gesellschaft sehr belasten. Dieser psychische Druck lastet auf den Schultern dieser Menschen. Wer sich von den alten Traditionen verabschiedet, tut dies oft heimlich und sehr still. Aus Angst vor der Familie und den Verwandten werden Probleme nicht nach Aussen kommuniziert. Die Familienehre will nicht verletzt werden. Bei Zwangsehen, Ehrenmorden, Genitalverstümmelung der Frauen - in Europa keine Seltenheit! - und Steinigugen in islamischen Ländern wollen wir eingreifen und Unterstützung anbieten. Diese Themen stellen derzeit noch Tabus dar. Dies soll sich ändern.
Das Schamgefühl über diese Vorfälle treibt die Menschen an die Ränder der Gesellschaft. Es bilden sich Parallelgesellschaften. Von dieser Situation profitieren besonders islamische Verbände, die Parallelgesellschaften als neuen Markt für sich entdeckt haben. Dort halten sie das Monopol. Es entstehen Einkaufs- und Kulturzentren gepaart mit Moscheen, die zu Wirtschaftsplattformen umfunktioniert werden. Wenn nun der Wunsch laut wird, eine Moschee zu bauen. Und dazu staatliche Subventionen gefordert werden, sollte man sich genau ansehen was hier gefördert wird. Die freie Ausübung einer Religion. Oder die Finanzierung von Wirtschaftszentren.
hpd: Welche Folgen hatte dein eigener Austritt aus dem Islam?
Kaya: Wie schon genannt: Man wird anfangs als Verräter bezeichnet. Aber daran gewöhnt man sich schnell. Es kommt der Zeitpunkt, da wirkt dies wie ein Kompliment. Ich sehe, ich habe mich bewegt, mich entwickelt. Die gläubigen Muslime stehen heute noch dort, wo sie immer schon waren. Während sie neue Ausreden suchen, um ihre erzkonservativen Gedanken zu rechtfertigen, habe ich längst begonnen, ein freies Leben zu führen. Weg von unzeitgemässen Denkweisen, hin zu demokratischen und humanistischen Werten. Das Leben wird einfacher, da für Probleme nun mehr Optionen zur Verfügung stehen. Die mögliche Lösung muss nicht erst durch einen Katalog von Geboten und Verboten abgeblichen werden. Durch die vielen Verbote im Islam ist es nicht möglich alle Probleme zu lösen. Im Gegenteil, er verursacht zusätzlich Probleme.
hpd: Wann und wo wird der Zentralrat der Ex-Muslime in Österreich gegründet?
Kaya: Am 26.2. wird die Gründung des Zentralrats der Ex-Muslime im Republikanischen Club in Wien angekündigt werden. Nach einer Pressekonferenz um 16 Uhr laden wir zu einer Veranstaltung mit Mina Ahadi. Der Zentralrat der Ex-Muslime wird in den Zentralrat der Konfessionsfreien eingeliedert werden. Unterstützung erhalten wir hier von Univ. Prof. Heinz Oberhummer, der diese zukünftige Kooperation als Vorsitzender der Konfesionsfreien in Österreich ankündigen wird.
hpd: Habt ihr eine Website?
Kaya: Derzeit leider noch nicht. Hintergrundinformationen sind unter ex-muslime.de abrufbar. Die österreichische Version wird in Kürze veröffentlicht werden.
Vielen Dank für das interessante Gespräch!
Das Interview führte Fiona Lorenz
Zentralrat der Ex-Muslime in Deutschland (12.2.2007)