Heimkinder gehen auf die Straße

Auf dem Podium sprachen mehrere Vertreter der Heimkinder, unter ihnen Jonathan Overfeld, vom Verein ehemaliger Heimkinder (VeH) und Verantwortlicher für die Veranstaltung, die Vorsitzende des VeH, Monika Tschapek-Güntner sowie Klaus Dickneite, der die behinderten Heimkinder vertrat. Der Runde Tisch Heimerziehung, den die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Tätern, den Kirchen also, einrichtete, schließt einen Großteil der Betroffenen aus: behinderte Kinder, die Heime der ehemaligen DDR und damit Waisenhäuser sowie Säuglingsheime. Darüber hinaus wird vom Runden Tisch ignoriert, dass systematisch Menschenrechte verletzt wurden – schließlich sind etwa Hunderttausend betroffen - und dass die Kinder Zwangsarbeit leisten mussten.

 

 

 

Die Vortragenden protestierten gegen die Verjährung und, was manchem Zuhörer Tränen in die Augen trieb, sie erzählten, wie sie als Säuglinge, Kinder und Jugendliche in den meist kirchlichen Heimen von Diakonen und Nonnen gedemütigt, erniedrigt, misshandelt, geschlagen und grausam gefoltert wurden. Sie erhielten kaum Schulbildung und ihnen wurde medizinische Hilfe versagt. Kinder wurden nicht nur sexuell missbraucht, sondern mussten bspw. ihr Erbrochenes wieder aufessen, wurden willkürlich verprügelt, in dunkle Zimmer eingesperrt und kamen bis zu 14 Tage in Isolationshaft. Bis heute erhalten frühere Heimkinder keine Einsicht in ihre Akten.

Für etliche ehemalige Betroffene ruinierte der traumatische Heimaufenthalt ihr Leben: Der emeritierte Professor für Sozialpädagogik, Manfred Kappeler, betonte in seiner Ansprache, dass weitaus mehr Heimkinder zu der Demonstration erschienen wären, wenn sie nicht alt und krank oder alt und arm seien. Der Anteil der Suizide sei sehr hoch, häufig seien ehemalige Heimkinder bindungsunfähig und vereinsamten.

Von den Kirchen und den staatlichen Aufsichtsbehörden wurde denn auch konsequenterweise Wiedergutmachung, der Verzicht auf Verjährung, Akteneinsicht, unabhängige Forschung und Entschuldigung für die erlittenen Misshandlungen gefordert.

Fiona Lorenz

Dazu gibt es jetzt auch ein hpd-video