Skeptiker im Unperfekthaus

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Büchertisch / Fotos: Rouven Schäfer

ESSEN. (hpd) Mit einem „Publikumstag“ startete die diesjährige GWUP-Konferenz. Im Unperfekthaus in Essen waren Vorträge zu skeptischen Themen zu hören, dabei ging es auch um aktuelle Fälle, über die unlängst in den Medien berichtet worden ist.

So konnte das Publikum nach den Ausführungen des Rhein-Ruhr-Skeptikers Arnold Engel aufatmen: Der Weltuntergang am 21. Dezember 2012 findet doch nicht statt.

 

Kein Weltuntergang im Maya-Kalender

Nicht nur im Internet, auch in zahlreichen Büchern wird derzeit über einen Weltuntergang oder zumindest dramatische Veränderungen im Dezember 2012 spekuliert – denn dann „endet“ der Maya-Kalender. Die ganze Aufregung ist freilich überflüssig, die Weltuntergangsexperten haben einfach nur die Hälfte der Fakten zur Kenntnis genommen. Und dann hinzuerfunden, was für das Katastrophenszenario noch gebraucht wurde. Denn, so Arnold Engel in seinem Vortrag, von einem Weltuntergang ist in den bekannten Maya-Schriften nirgends die Rede. Und auch die Sache mit dem „Ende“ des Maya-Kalenders stimmt in dieser Form nicht. Tatsächlich ist der Maya-Kalender im Vergleich zum Sonnenjahr-Kalender reichlich kompliziert; eigentlich besteht er aus drei Teilen. Neben dem weltlichen und dem religiösen Kalender (deren „Jahre“ unterschiedlich lang sind) existiert noch eine sog. Lange Zählung. Diese umfasst über 5.000 Jahre und endet, wie Astronomen rekonstruieren konnten, im Dezember 2012. Wenn der Maya-Kalender heute noch verwendet würde, begänne danach eine neue Zählung, denn der Maya-Kalender ist – wie die in unserem Kulturkreis üblichen Kalender – in die Zukunft hin offen.

Auch auf andere Bedrohungsszenarien, die derzeit im Umlauf sind, ging Engel kurz ein. Sie erwiesen sich sämtlich als entweder unbegründet (Sonnenfleckenzyklus) oder schlicht frei erfunden (Planet Niburu). So wird auch 2012, so der Referent, für die meisten Katastrophen der Mensch selbst verantwortlich sein.

Fragwürdiger Hunger-Yogi

Vor kurzem ging auch durch deutsche Medien die Geschichte von einem Mann, der nach eigener Aussage seit über 70 Jahren nichts mehr gegessen und getrunken hat. Nun sei der Inder in einem Krankenhaus für eine Woche rund um die Uhr beobachtet worden, um das Phänomen zu ergründen, und die Mediziner stünden vor einem Rätsel. Auch wenn viele Zeitungen die Agenturmeldungen ohne kritische Anmerkungen abdruckten, ist hier Skepsis angesagt.

So führte Martin Hermann aus, dass die veröffentlichten Berichte einige Fragen offen lassen. So kann von einer lückenlosen Überwachung nicht die Rede sein, selbst die Videoüberwachung zeigt den Mann des Öfteren nur von hinten. Interessant ist in diesem Zusammenhang zudem, dass die indischen Rationalisten mehrfach angeboten haben, den Fall zu überprüfen. Der Hunger-Yogi wollte dieses Angebot bislang jedoch nicht in Anspruch nehmen.

Allerdings muss der Mann nicht zwangsläufig ein Betrüger sein. Es sei durchaus möglich, dass er nach seinem Verständnis keine gewöhnliche, sondern nur „heilige“ Nahrung zu sich nehme. Die medizinischen Befunde ließen zudem die Frage zu, ob er stets im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte sei. Nach allem, was über den Fall bisher bekannt geworden ist, scheint dies zumindest unwahrscheinlicher als die Annahme, dass wir es hier mit einem medizinischen Wunder zu tun haben.

Chi, Bielefeld und andere Wahrnehmungstäuschungen

Weitere Vorträge befassten sich mit grundlegenden Fragen wie Wahrnehmungstäuschungen (Rainer Wolf) oder paranormalen Erfahrungen (Wolfgang Hell). Jochen Bergmann referierte über Nahrungsergänzungsmittel –ein Bereich, in dem sich die Wünsche der Verbraucher mit den Interessen der Produzenten treffen. Holm Hümmler stellte die Frage, ob es Chi wirklich gebe, und Bernd Harder erörterte im Interview mit Achim Held, ob das mit Bielefeld nicht ähnlich sei.

Skeptiker im Colosseum

Die Konferenz wird an den kommenden beiden Tagen fortgesetzt. Am Freitag wird es um das diesjährige Schwerpunktthema „Warum Menschen Unfug glauben“ gehen. Am Samstag werden die „freien Themen“ abgehandelt. Dabei wird es unter anderem um das Turiner Grabtuch gehen, das dieses Jahr – deutlich früher als ursprünglich vorgesehen – öffentlich ausgestellt wird. Amardeo Sarma wird das Publikum mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen vertraut machen, aber auch die rhetorischen Strategien aufzeigen, mit denen die Befürworter einer Echtheit des Gewands sich in den Medien präsentieren.
Die Vorträge finden im Studiotheater im Colosseum, Altendorfer Str. 1, in Essen statt.

Gunnar Schedel