Zollitsch beauftragte Mönche – trotz Untätigkeit

Das Bistum glaubte die Lüge des Täters

Das Bistum schenkte also der Lüge des Täters Glauben, es habe sich nur um einen Einzelfall gehandelt. Eine Rückfrage bei den Bistümern, bei denen Pater Gregor in der Zwischenzeit (nach 1968) beschäftigt war, hätte ergeben, dass man beim Bistum Basel bereits 1971 von mehreren Opfern wusste – dass der Pater also gelogen hat.

Den Bock zum Gärtner gemacht

Ansonsten hat das Bistum nichts anderes gemacht, als den Zisterzienserabt über den Vorwurf zu informieren. Wie der Äbteliste der Zisterzienser in Mehrerau zu entnehmen ist, handelte es sich dabei um denselben Abt, der 1968 von der Strafversetzung des Paters gewusst oder diese sogar verfügt haben muss. Mit demselben Abt stand sicher auch das Bistum Basel in Kontakt, als es 1971 entschied, Pater Gregor trotz seiner pädokriminellen Übergriffe einzustellen. Damit hat Zollitschs Erzdiözese den Bock zum Gärtner gemacht, denn wenn jemand von den Vorwürfen gewusst und den Pater trotzdem nicht aus dem Verkehr gezogen hätte, dann wäre es dieser Abt gewesen. Außerdem hat das Bistum es offenbar versäumt, diesen Abt zu fragen, ob weitere Vorwürfe gegen Pater Gregor bekannt waren. Obwohl sie mit ihm in dieser Angelegenheit Kontakt hatten.

2007: Erzbischof Zollitsch beauftragt die Zisterzienser erneut mit der Seelsorge im Erzbistum

Im Dezember 2007 – genau ein Jahr, nachdem sich das Opfer gemeldet und der Abt aus Meherau zugesichert hatte, „die erforderlichen Schritte einzuleiten“ und „sofort auch das Bistum Chur [zu] verständigen“, beauftragte Erzbischof Dr. Robert Zollitsch die Zisterzienser erneut mit der Seelsorge in der neu errichteten Seelsorgeeinheit Birnau im Dekanat Linzgau:

„Der Herr Erzbischof [Dr. Robert Zollitsch] hat mit Urkunde vom 17. Dezember 2007 die Seelsorgeeinheit Birnau, bestehend aus der Pfarrei Mariä Himmelfahrt Birnau, Dekanat Linzgau, mit Erlasse des Ordinariates Wirkung vom 1. Januar 2008 errichtet und P. Bruno Metzler OCist zum Leiter dieser Seelsorgeeinheit bestellt." [Amtsblatt der Erzdiözese Freiburg, 1. Februar 2008, S. 213-214]

Wenn der Erzbischof von Freiburg die Zisterzienser mit der Seelsorge in den umliegenden Orten Nußdorf und Deisendorf betraut – wie es, wie gesagt, schon seit 1946 praktiziert wird – dann wird sich das Erzbistum nicht darauf berufen können, dass es nicht für Kindesmissbrauch durch deren Pater verantwortlich ist – auch, wenn die Mönche selbst entscheiden, wer wo eingesetzt wird.

Darüber hinaus fällt auf, dass Erzbischof Zollitsch die Zisterzienser 2007 erneut mit der Seelsorge beauftragte, ohne sich zu erkundigen, wie mit dem Pater verfahren wurde, der eben dort in den sechziger Jahren ein Kind missbraucht hatte. Es war erst ein Jahr her, dass sich das Opfer beim Erzbistum gemeldet hatte. Der zuständige Abt hatte zugesagt, „die erforderlichen Schritte einzuleiten“ und „sofort auch das Bistum Chur [zu] verständigen“. Ein Jahr später war nichts davon geschehen – und Erzbischof Zollitsch übertrug den Zisterziensern erneut die Seelsorge in den umliegenden Orten.

Aufklärer oder Vertuscher?

Dr. Robert Zollitsch wurde in den Medien ja bereits als „Aufklärer“ bezeichnet. (z. B. DIE WELT: „Ein Aufklärer unter Verdacht“). Anhand der hier dargelegten Punkte kann wohl jeder selbst einschätzen, ob Zollitschs Verhalten und das seiner Bistumsverwaltung als Aufklärung zu bezeichnen ist, als unverantwortliche Naivität – oder als Vertuschung.

Gefährliche Seelsorger

Einen Vorwurf wird man Zollitsch aber auf jeden Fall machen müssen: Das Erzbistum hat seiner eigenen Darstellung zufolge erst diesen März (2010) und zu seiner eigenen Überraschung erfahren, dass Pater Gregor weiterhin in Schübelbach tätig war, obwohl das Erzbistum 2006 „nach Bekanntwerden eines Vorwurfs gegen den beschuldigten Zisterzienserpater rasch gehandelt, den Orden eingeschaltet und den Zisterzienserorden auf die zu ziehenden Konsequenzen hingewiesen hat.“ („Medien-Information“ der Erzdiözese Freiburg, 02.06.2010).

Generalvikar Dr. Keck am 22.03.2010: „Wir haben 2006 sofort den zuständigen Abt im Kloster Mehrerau verständigt - mit der Aufforderung, die erforderlichen Schritte einzuleiten. Der Abt hat uns zugesichert, dies zu tun und sofort auch das Bistum Chur verständigen. Dieser Zusicherung haben wir vertraut.“

Die Erzdiözese Freiburg erhielt im März diesen Jahres davon Kenntnis, dass trotz der Zusicherung des Zisterzienserabts drei Jahre lang nichts unternommen wurde, um den pädokriminellen Pater aus dem Verkehr zu ziehen, und dass der Abt dem Bistum bei der Kontaktaufnahme wegen dieses Falles 2006 auch keinen Hinweis auf die weiteren Taten des Paters gab. (Obwohl er davon, wie gesagt, mit höchster Wahrscheinlichkeit Kenntnis hatte, und seine Information die Lüge des Täters vom Einzelfall als solche entlarvt hätte.)

Damit hätte Erzbischof Zollitsch den Zisterziensern in Birnau sofort die Zuständigkeit für die Seelsorge in den Pfarreien seines Erzbistums entziehen müssen, bis dieser Fall restlos aufgeklärt ist. Pater Gregor ist nach seiner „Enttarnung“ untergetaucht – die nahe liegendste Vermutung wäre, dass ihm eine Zisterziensereinrichtung Unterschlupf gewährt. Eine Organisation, die jahrzehntelang vertuscht (keine Meldung an Freiburg Ende der 60er – wenn man dem Bistum glauben möchte –, keine Information des Bistums Chur bei der Einstellung des Paters 1992, keine Information der Erzdiözese über die Vergangenheit des Paters 2006, Untätigkeit nach 2006) darf nicht mit der Seelsorge für Mitglieder der Erzdiözese beauftragt sein.

___________________________________________

Überarbeitete und aktualisierte Fassung eines Beitrages des Blogs skydaddy