Nach Äußerungen im BR

Säkulare Verbände geben Bedford-Strohm Nachhilfe in Sachen Staatsleistungen

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Heinrich Bedford-Strohm (2017)
Heinrich Bedford-Strohm

Der evangelische Landesbischof von Bayern, Heinrich Bedford-Strohm, wollte in einem Beitrag des Bayerischen Rundfunks erklären, was Staatsleistungen genau seien. Dabei äußerte er sich irreführend und behauptete, auch säkular-humanistische Organisationen würden diese speziellen altrechtlichen Zahlungen erhalten. Diese melden sich nun im hpd zu Wort.

Seit Monaten wird im Verborgenen an einem neuen Gesetzentwurf zur Ablösung der Staatsleistungen gefeilt, die sich die Ampelkoalition für diese Legislaturperiode vorgenommen hat. Mit dabei sind Vertreterinnen und Vertreter aus Bund, Ländern und den beiden Kirchen, die noch immer laufend für die Enteignungen vor über 200 Jahren entschädigt werden. Im aktuellen Jahr sind die zweckungebundenen staatlichen Zahlungen auf stolze 602 Millionen Euro angestiegen. Seit 1919 besteht ein verfassungsrechtlicher Ablösungsauftrag, der zunächst ein Grundsätzegesetz des Bundes erfordert, welches die 14 zahlenden Bundesländer dann umsetzen können.

Eines dieser Bundesländer ist Bayern. Hier sei laut einem Bericht von BR24 nun geplant, die Überweisungen zu kürzen. Im letzten Jahr beliefen sie sich im Freistaat auf rund 103 Millionen Euro, im laufenden Jahr sind es noch einmal knapp 500.000 Euro mehr. Der stetige Anstieg kommt dadurch zustande, dass die Staatsleistungen an die Beamtenbesoldung gekoppelt sind. Die Kürzungen, die der Bayerische Rundfunk in der Überschrift ankündigt, entpuppen sich im Textverlauf jedoch lediglich als Vorschlag des bayerischen Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm und belaufen sich auf gerade einmal drei Millionen Euro; dies sei der Teil, der vor allem für die Gehälter des Landeskirchenrats bestimmt sei. Außerdem schreibt das öffentlich-rechtliche Protal BR24 Folgendes:

"Bedford-Strohm will dafür werben, was die Staatsleistungen genau sind: 'Der übergroße Anteil sind Leistungen, die etwa der humanistische Verband oder der Bund für Geistesfreiheit, also Organisationen, die bekannt sind als besonders kirchenkritisch, mit dem genauen Prokopf-Betrag auch bekommen.' Mit dem Unterschied, dass die Kirchen mehr Mitglieder haben."

Dies wollen beide angesprochenen Organisationen so nicht stehen lassen.

"Gerne helfen wir Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, dafür zu 'werben, was die Staatsleistungen genau sind'", kontert Lydia Patzak, Vorsitzende des Humanistischen Verbands Deutschlands (HVD) Bayern. "Die im Artikel des Bayerischen Rundfunks beschriebenen altrechtlichen Staatsleistungen gehen auf das Jahr 1803 zurück. Sie hätten nach der Weimarer Reichsverfassung und später nach unserem Grundgesetz längst abgelöst werden müssen. Sie wurden seitdem trotzdem einfach weiterbezahlt – bis heute." Die Ablösung finde also de facto bereits seit über 100 Jahren statt – jedes Jahr aufs Neue. "Sie sollte schnellstens beendet werden, und zwar ohne Kungeleien zwischen Staat und Kirche. Erneute Ablösezahlungen, die noch dazu in Hinterzimmern und nicht im öffentlichen, demokratischen Diskurs verhandelt werden, sind kaum mehr zu vermitteln."

Davon zu unterscheiden seien andere finanzielle Leistungen des Staates an Weltanschauungsgemeinschaften – zum Beispiel nach dem Subsidiaritätsprinzip an Träger sozialer Einrichtungen, stellt Patzak klar. "Wegen der bestehenden, unter anderem mit altrechtlichen Staatsleistungen fürstlich ausgestatteten Infrastrukturen, profitieren die Kirchen davon enorm."

Darüber hinaus gebe es auch noch Staatsleistungen an Weltanschauungsgemeinschaften, die sich an deren Mitgliederanzahlen orientierten. "Kurioserweise bezieht sich Bedford-Strohm (wissentlich?) mit seiner Nutzung des Begriffs 'Staatsleistungen' offensichtlich nur auf diese letztgenannte Form der finanziellen Bezuschussung. Davon profitieren nur diejenigen HVD-Landesverbände, die den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR) besitzen, sowie in Bayern auch der Bund für Geistesfreiheit als KdöR. Dass die Kirchen mehr Mitglieder haben als bfg und HVD, stimmt nach ihrer eigenen Zählung, beruht dabei jedoch auf einem magischen Ritual: der Kindstaufe. Die mag ja kirchenintern Bedeutung haben. Ein weltanschaulich neutraler Staat hingegen darf sich diese einseitig religiöse Sichtweise nicht zu eigen machen. Als Mitglied kann zählen, wer sich im geschäftsfähigen Alter aktiv zu einer Mitgliedschaft entschieden, einen Mitgliedsantrag ausgefüllt und bei der Weltanschauungsgemeinschaft seiner Wahl abgegeben hat. Dafür werben wir als HVD Bayern."

Auch der Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit (bfg) Bayern Michael Wladarsch äußert sich zu den unklaren Aussagen des Kirchenfunktionärs: "Dass Herr Bedford-Strohm die bayrischen Verbände in einen Topf wirft, ist nachvollziehbar. Auch Kenner der säkularen Organisationen haben Schwierigkeiten, den zum Teil substanziellen Unterschied auf den Punkt zu bringen." Wladarsch stellt mit deutlichen Worten fest: "Dass der bayerische Landesbischof sich mit diesen Vereinigungen in Beziehung setzt, die er vor ein paar Jahren wahrscheinlich noch nicht einmal hätte benennen können, muss wohl als Zeichen für die tiefgreifende Identitätskrise der Kirchen in Deutschland gewertet werden. Der Ansatz allerdings, mit dem Herr Bedford-Strohm dafür werben will, was die Staatsleistungen genau sind, ist schlecht informiert oder dreist: Schlecht informiert, wenn ihm der eigentliche Punkt an der Diskussion – die seit 100 Jahren überfällige Ablösung der altrechtlichen Staatsleistungen in dreistelliger Millionenhöhe – entgangen ist. Dreist, wenn er bewusst versucht, diesen Fakt zu verschleiern und auf einen Nebenschauplatz zu verlagern. Diese Art der Argumentation hilft eher dem bfg und seinen Mitstreitern im Bündnis BASTA (Bündnis altrechtliche Staatsleistungen abschaffen, Anm. d. Red.), die eine ersatzlose Streichung der altrechtlichen Staatsleistungen seit langem fordern."

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