Zoos manipulieren Besucherzahlen

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TRAIN. (hpd) Kaum ein Zoo des deutschsprachigen Raumes wirtschaftet kostendeckend. Dass die einzelnen Einrichtungen für ihren Fortbestand auf Sponsorengelder wie auch auf Dauersubvention aus Steuermitteln angewiesen sind, ist insofern bekannt. Es nimmt deshalb nicht wunder, dass sie, um ihre gesellschaftliche Bedeutung zu dokumentieren, mit geschönten, um nicht zu sagen: vorsätzlich gefälschten Besucherzahlen operieren.

Der in der Szene wortführende Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) e.V. - bis Juni 2014 bekannt als Verband Deutscher Zoodirektoren (VDZ) - behauptet fortgesetzt, allein die deutschen Zoos zögen Jahr für Jahr rund 65 Millionen Besucher an; besonders eifrige Zoobefürworter sprechen gar von “bis zu 80 Millionen”, was bedeute, dass “fast jeder Deutsche jedes Jahr einmal in den Zoo geht”. Medien jeder Coleur, das renommierte Handelsblatt etwa, übernehmen und verbreiten diese Zahlen ohne seriöse Gegenrecherche.

Die VdZ-Berechnungen haben einen geflissentlich übersehenen Haken: viele Menschen besuchen ein und denselben Zoo per Dauerkarte mehrfach pro Jahr, manche kommen regelmäßig jede Woche (oder gar täglich!) und/oder suchen reihum verschiedene Zoos auf, so dass die Zahl zoobesuchender Menschen tatsächlich nur einen Bruchteil der Zahl registrierter Zoobesuche ausmacht: Statten von den behaupteten 65 Millionen Besuchern pro Jahr nur fünf Prozent monatlich einen Zoobesuch ab - eine konservative Schätzung -, verringert sich die Zahl der Menschen, die jährlich Zoos besuchen, schlagartig um mehr als die Hälfte. (Tatsächlich erwerben durchschnittlich acht Prozent der Besucher Jahreskarten für mehrfachen Besuch ein und desselben Zoos.)

Dass an den Besucherzahlen der einzelnen Zoos gnadenlos herummanipuliert wird, stellte der VdZ-Mitgliedszoo Zürich Anfang des Jahres - unfreiwillig - unter Beweis. (Dem VdZ gehören Zoos des gesamten deutschsprachigen Raumes an, insofern auch der Zoo Zürich.)

Im Jahresbericht des Zoos für 2013 wurde der neugestaltete Eingangsbereich samt elektronischem Zugangssystem hervorgehoben, das die Zahl der Zoobesucher exakt zu erfassen erlaubt. Bis dahin waren die Zahlen aus den verkauften Tages- und Jahrestickets über einen vom VdZ vorgegebenen Multiplikationsfaktor hochgerechnet worden. Nach dieser dubiosen, seit Jahren aber in VdZ-Zoos üblichen Berechnung hätte der Zoo Zürich im Geschäftsjahr 2013 genau 2.003.043 Besucher ausgewiesen, was in ebendieser Höhe und weiter nicht hinterfragt in die VdZ-Statistik eingeflossen wäre. Tatsächlich aber zählte das elektronische Zugangssystem nur 1.079.919 Besucher, knapp 55 Prozent der hochgerechneten Zahl.

Der VdZ, der bis heute an dem untauglichen Hochrechnungssystem festhält, hat allein für den Zoo Zürich für das Jahr 2013 fast eine Million (Jahreskarten-)Besucher dazu-halluziniert. (Ähnliches war schon zuvor aufgeflogen, ohne dass es zu einer Korrektur der VdZ-Berechnungen geführt hätte: Der Erlebniszoo Hannover etwa wies im Jahr 2010 laut hauseigenem Jahresbericht exakt 1.602.257 Besucher auf; nach VdZ-Schlüssel hingegen wurde der Zoo 2010 von mehr als doppelt so vielen Menschen besucht, nämlich von 3.486.612: mehr als 1,8 Millionen Besucher wurden für die VdZ-Statistik einfach dazu erfunden).

Unabhängig davon, dass der VdZ die Zahlen für die nicht dem Verband zugehörigen Zoos den eigenen einfach als Schätzung zuschlägt, bleiben von den behaupteten 65 Millionen Besuchern bei abgezogenen 45 Prozent Fehlberechnung nur gut 36 Millionen über. Statten wie oben angeführt nur fünf Prozent der Besucher monatlich einen Zoobesuch ab, reduziert sich die Zahl der Zoobesucherinnen und Zoobesucher auf unter 15 Millionen pro Jahr.

In anderen Worten: nicht “fast jeder Deutsche” geht in den Zoo, vielmehr liegt die Zahl der Zoobesucherinnen und Zoobesucher bei weit unter einem Viertel dessen, was der VdZ angibt. Im Übrigen sind, entgegen der Behauptung des VdZ, die Besucher- bzw. Besuchszahlen in den einzelnen Zoos seit Jahren massiv rückläufig.

Die immer wieder vorgetragene Behauptung, Zoos seien wichtige Attraktionsfaktoren für eine Stadt oder Region, die über Umwegrentabilität – Stärkung von Einzelhandel, Hotel- und Gaststättengewerbe - die ihnen zuteil werdende Subventionierung rechtfertigten, ist nachweislich falsch: Aus tourismuspolitischer Sicht machen Zoos, selbst wenn die halluzinierten Besucherzahlen des VdZ zugrunde gelegt werden, keinen Sinn. Gleichwohl werden sie von Kommunal- und Landespolitikern über das Argument der Umwegrentabilität mit Millionenbeträgen aus Steuergeldern gefördert.