Humanistischer Freidenker-Verband Ostwürttemberg

Freidenker haben Körperschaftsrechte erhalten

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Die Übergabe der Urkunde zur Verleihung der Körperschaftsrechte, v.l.n.r: Vorsitzende Dr. Gabriele Will, Geschäftsführer Andreas Henschel, Vorstand Ostwürttemberg Heiner Jestrabek
Die Übergabe der Urkunde zur Verleihung der Körperschaftsrechte, v.l.n.r:  Vorsitzende Dr. Gabriele Will, Geschäftsführer Andreas Henschel, Vorstand Ostwürttemberg Heiner Jestrabek

STUTTGART. (hpd/hfv) Dem Humanistischen Freidenker-Verband Ostwürttemberg wurden jüngst die Rechte einer “Körperschaft des öffentlichen Rechts” verliehen.

Die Kirchen beklagen stetig hohe Austrittzahlen, wodurch der Anteil der Konfessionsfreien in ganz Deutschland bereits bei rund 39 Prozent und sogar in Baden-Württemberg schon bei über 25 Prozent angelangt ist. Raus aus der Kirche – und was dann? Wer sorgt sich um die kulturellen Bedürfnisse und Dienstleistungen dieser Dissidenten? Wer aus einer Religionsgesellschaft austrat, war bisher weitgehend in weltanschaulich-religiöser Hinsicht auf sich selbst gestellt und die lokale Politik fand kaum Ansprech- und Dialogpartner.

Humanistische Parallelkultur etabliert sich

Dabei hat sich bereits auch in Schwaben eine nicht zu übersehende Parallelkultur etabliert. Bei Bestattungen werden immer häufiger freie Redner herangezogen. Diese decken heute schon ein Drittel des Angebots ab.

Die älteste und größte Interessengemeinschaft für Konfessionsfreie in Baden-Württemberg sind “Die Humanisten Baden-Württemberg K.d.ö.R.”. Diese arbeiten gemeinnützig, sind eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit öffentlicher Ansprechpartner. Für die konfessionsfreie Bevölkerung stellen sie nicht nur Feierredner zu Bestattungen, sondern auch zu Hochzeiten/ Partnerschaftsfeiern, Jugendfeiern und Namensfeiern.

Der Verband, dessen Wurzeln im weltlichen Humanismus und in der Philosophie der Aufklärung zu finden sind, nannte sich seit 1845 “Freireligiöse Gemeinde” und ab 1882 “Freidenkerbund”. Unter der Nazidiktatur waren diese Organisationen dann verboten. Seit 2005 führen sie den Namen “Die Humanisten” und tragen damit dem Bekenntnis zu ihrer weltanschaulichen Vielfalt Rechnung. Als Landesverband des Humanistischen Verband Deutschlands (HVD), vereinigen sie alle freigeistigen und freidenkerischen Strömungen in Deutschland.

Ihr Humanistisches Zentrum, die in der Stuttgarter Innenstadt zentral gelegene ehemalige Villa Kaulla, dient unter anderem öffentlichen Veranstaltungen und Vernissagen, Konzerten und Feiern, einer Humanistische Kindertagesstätte HuKi und Kursen einer Humanistischen Hospizgruppe.

Körperschaft öffentlichen Rechts

Seit 1987 arbeitet in Ostwürttemberg ein Freidenker-Verband, der sich dieses Jahr einstimmig den Humanisten angeschlossen hat. Als neuem Regionalverband wurde den Ostwürttembergern nunmehr die Rechte einer “Körperschaft des öffentlichen Rechts” verliehen, verbunden mit ausdrücklicher staatlicher Anerkennung und bestätigt durch ein Schreiben des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport in Stuttgart.

Die Ostwürttemberger humanistischen Freidenker erstrecken ihre Tätigkeit zwischen Hohenlohe und Alb-Donau und teilweise bis ins benachbarte Bayern und unterhalten eine Geschäftsstelle in Heidenheim.

Vorstandsprecher Heiner Jestrabek betonte: “Da sei noch viel zu tun, denn die meisten Konfessionslosen wissen vielleicht noch gar nicht, dass es uns gibt. Konfessionell nicht Gebundene, die eine weltliche Feierkultur suchen, Lokalpolitiker, die Ansprechpartner suchen, empfehlen wir unseren Verband. Auch stehen wir als Dialogpartner im Land zur Verfügung, als bekennende Förderer einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft mit gegenseitiger Toleranz.”

Politische Aufmerksamkeit erregte Jestrabek bereits als geladener Referent bei der Anhörung zur Novellierung des Bestattungsgesetzes vor dem Landtag Baden-Württemberg, bei der er die Belange der Konfessionsfreien zur Sprache brachte. Jestrabek: “Interessant wird unser Verband auch sehr bald für Eheleute, die demnächst mit einem zusätzlichen ‘Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe’ rechnen müssen. Allein- oder besserverdienende konfessionslose Ehepartner werden da von der Religionsgemeinschaft des Partners zur Kasse gebeten. Davor gefeit ist man nur durch eine Mitgliedschaften bei uns, den Humanisten, mit nur sehr geringen Mitgliedsbeiträgen.”

 


Pressemitteilung vom 13. Oktober 2014