Erfurts katholischer Bischof besucht sogar Arbeiter

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Erfurter Dom und Severikirche am Domplatz, Wahrzeichen von Erfurt
Erfurter Dom und Severikirche am Domplatz, Wahrzeichen von Erfurt

ERFURT. (hpd) Seit November ist Ulrich Neymeyr (1957 in Worms geboren) katholischer Bischof in Erfurt und besucht nun “die Menschen seines Bistums”. In Saalfeld und Rudolstadt begegnete er dieser Tage neben Kleinkindern und über 90jährigen Seniorinnen sogar Metallarbeitern, wissen die “unabhängigen” Thüringer Medien in überschäumendem Tonfall zu berichten.

So verkündigte die Lokalzeitung für Saalfeld und Rudolstadt, die zur Essener Funke-Gruppe gehörende “Ostthüringer Zeitung” (OTZ), zum Beispiel ihren Lesern einen solch eminent wichtigen Fakt über die Besuchsstation Seniorenpflegezentrum in Rudolstadt wie: “Eine andere Dame wusste genau, wie man den Bischof korrekt anspricht: ‘Exzellenz’, so begrüßte sie den Gast.”

In Saalfeld ging es dann in ein Unternehmen für Blech- und Metallverarbeitung mit etwas über 70 Mitarbeitern. Der Chef ist evangelischen Glaubens, seine Gemahlin Katholikin, sie führen also eine “ökumenische Ehe” freute sich der Unternehmer. Allerdings habe sich, so die OTZ, der Bischof mehr dafür interessiert, wie die Menschen im Bistum ihr Geld verdienen würden. Denn es sei seit der Industrialisierung die katholische Kirche gewesen, die sich um das Schicksal der Arbeiter gekümmert habe.

Als wenn die Arbeiter sich nicht selbst um sich gekümmert hätten durch die Gründung von Gewerkschaften und anderen sozialen Vereinen… Aber herrschende Doktrin in diesem unseren Lande ist nun mal die Lehre, dass alles Gute für die Menschen allein von den Kirchen käme, das nur nebenbei bemerkt.

Die Zeitung lässt den Unternehmer auch so zu Worte kommen: “Am Anfang habe Kröckel gezweifelt, ob wirtschaftliche Härte mit christlichem Glaube in Einklang zu bringen sei, gesteht er. ‘Aber karitative Spenden und das Menschliche bleiben bei uns nicht auf der Strecke’, ­erklärte er dem Gast.”

Schön, aber wie sieht es mit Tarifverträgen und Tariflöhnen oder mit Leiharbeit bzw. Werkverträgen oder gar betrieblicher Mitbestimmung in diesem Unternehmen aus? Zumindest fragte lt. OTZ die Exzellenz diesbezüglich nicht nach. Obwohl genau eben das wichtig für das Thema “wie die Menschen ihr Geld verdienen” gewesen wäre und nicht der “Glaube”. Aber immerhin, ein guter Christ kann sich ja seit ewigen Zeiten mit Brosamen (karitative Spenden genannt) und/oder der Beichte von allen Säumnissen und/oder Verfehlungen freikaufen.

Der Weg führte den Herrn Bischof dann noch in eine Kindertagesstätte in katholischer Trägerschaft. 76 Kinder werden dort erzogen, selbstverständlich gemäß der vielbeschworenen “christlichen Werte”. Leider kein Wort darüber, ob diese Einrichtung von der katholischen Kirche selbst geschaffen wurde oder ob die Politik nach 1990 einen einst kommunalen Kindergarten in klerikale Hände gab und erst kein Wort darüber, wer diese vorgeblich uneigennützige christliche Wohltat hauptsächlich finanziert…

Und auch kein Wort darüber, wie viele der erwähnten Arbeiter bzw. Vorschulkinder überhaupt Kirchenmitglieder sind, noch dazu Katholiken. Der Landkreis Saalfeld-Rudolstadt mit seinen knapp 110.000 Einwohnern liegt, was Religionszugehörigkeiten angeht, im Thüringer Durchschnitt, also etwa 20 Prozent Protestanten und etwa fünf Prozent Katholiken. Aber vielleicht darf man mal ganz ketzerisch sagen, dass der Bischof bei seinem Besuch möglicherweise alle Katholiken der beiden Städte persönlich kennengelernt hat.

Obwohl er mit seiner Besuchsplanung lt. OTZ gleich alle Menschen für sein Bistum vereinnahmt. Aber das ist nun schon wieder ein Thema für sich.

Peter Cott, der Autor dieses Artikels hat diesen dann noch kommentiert, und dort “zum heutigen Nutzen christlicher Werte” zwei wirklich gute Sätze geschrieben: “Ohne Berührungsangst wollte der Bischof andere Menschen kennenlernen. Aber man muss kein Christ sein, um dieses Miteinander, diese bunte Vielfalt, zu leben.” Ja, so ist es und nicht anders!

Eigentlich wäre diese OTZ-Berichterstattung über einen bischöflichen Besuch kein besonderer Anlass für eine Kommentierung beim Humanistischen Pressedienst. Aber die Thüringer Konzernmedien bestätigen nicht nur mit diesem aktuellen Beispiel die Richtigkeit von Horst Groschopps Analyse der medialen Missionierungs-Situation in der Region Chemnitz auch für andere ostdeutsche Bundesländer.