Der 1. Mai in Berlin: "Wie komme ich zum Spreewaldplatz?"
BERLIN. (hpd) Der 1. Mai war kein normaler Freitag. Neben politisch organisierten Demonstrationen hatte Berlin über seinen Veranstaltungskalender zu weiteren "Feierlichkeiten rund um den Tag der Arbeit" eingeladen und 7.000 Polizei-Beamte standen bereit.
1,5 Millionen Touristen hatten sich avisiert, von den 3,5 Millionen "Berlinern"(2012 gezählt) blieben einige zu Hause. Dennoch in dem überwiegend säkularen Berlin waren die Strassen voller Menschen, es wurde gefeiert und klug demonstriert.
Der Demonstrationszug des DGB lief an diesem 1. Mai mit dem Slogan "Die Arbeit der Zukunft gestalten wir" vom Hackeschen Markt zum Brandenburg Tor. Mit Absperrungen und Ordnern bedacht öffnete sich dort die Bühne für Ansprachen und buntes Programm hin zur Strasse des 17. Juni. Für das Kinder- und Familienfest wurden "BSR-Spiele, Musik, Essen, Trinken, Hüpfburgen" angeboten. Tische, Bänke, Informationsstände, Broschüren, Flyer, Handzettel war bereit. Auch prominente Gewerkschaftler, z. B. der DGB-Vorsitzende Rainer Hoffmann, griffen direkt am Stand zum Mikrofon. Die Demonstranten sonnten sich; Kaffee, italienische Spezialitäten, Holzkohlen-Grill, Curry-Wurst, Bier, nichts fehlte. Beliebtes Ziel war das Sowjetische Ehrenmal, die beiden T-Panzer wurden nicht nur für Kinder zum Opfer der Begierde und mit einer Fotografie dann zum Beleg für scheinbaren Mut. Also Hochklettern, "Foto machen" und Absprung. Für die kleineren Kinder boten sich die beiden Kanonen an, auf dem neuen Lack rutschte sich vorzüglich. Alles war friedlich und im weiteren Verlauf war die Strasse des 17. Juni wie an jedem normalen Feiertag.
Das Myfest, gegründet 2003, ist das Highlight des Feierns in Berlin-Kreuzberg geworden. Am 1. Maitag 2015 war auf dem Weg dorthin meine erste Blaulicht-Begegnung, Polizeiwagen standen quer und sperrten am Engeldamm die Verbindung zum Mariannenplatz. Berliner nutzen im allgemeinen öffentliche Verkehrsmittel, so war der Fußweg vom Ostbahnhof stärker "belebt" als an jedem anderen Freitag oder Feiertag des Jahres. In Feierlaune waren sie erst einmal mit einer stillen Demonstration konfrontiert. Aufgebaut war sie über der ehemaligen Mauer: "In Gedenken an die Opfer der Agenda 2010" war russisch, spanisch, türkisch übersetzt zu lesen. In Deutschland haben 60 Menschen durch Suizid ihr Leben beendet. Die Ursachen dazu waren schleichende Armut, Drohung des sozialen Abstiegs, Kündigung des Mietverhältnisses und ähnliches.
Trotz Musik- und Tanzverbots in Bayern feiert der Bund für Geistesfreiheit München (bfg München) am kommenden Totensonnstag fünf Partys gegen Tanzverbote und Stille Tage. Auch die Partei der Humanisten (PdH) und der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Nürnberg in Bamberg rufen zu einer Demonstration gegen religiöse Bevormundung in Form von gesetzlichen Tanz- und Feierverboten an bestimmten christlichen Feiertagen auf.
An Karfreitag veranstaltete das säkulare Spektrum Vorträge, Tanz und Konzerte, um gegen die staatlich verordnete Stille zu protestieren. Auch in Stuttgart wurde geifeiert, im "LKA Longhorn". Der SWR berichtete darüber. In dem Beitrag kam auch der katholische Stadtdekan von Stuttgart Christian Hermes zu Wort. Seine Aussagen will die Stuttgarter Regionalgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung so nicht stehen lassen und antwortet ihm in einem Offenen Brief, den der hpd hier im Wortlaut veröffentlicht.
Gerade liegt Ostern hinter uns. Der gestrige Ostermontag war ein gesetzlicher Feiertag in Österreich. Doch hat dieser Tag auch für die Personen eine Bedeutung, die nicht der christlichen Religion angehören? Niko Alm fordert eine zeitgemäße Neuorganisation von Feiertagen, die die unterschiedliche (nicht-)religiöse Prägung der Menschen berücksichtigt.
Nach dem Ende der Pandemie-Auflagen laden in diesem Jahr wieder zahlreiche säkulare Veranstalter alle, die nicht den Foltertod einer mythologischen Figur betrauern wollen, zu bundesverfassungsgerichtlich erlaubten Vergnügungsveranstaltungen ein. Von Bochum bis München ist allerhand geboten, von der Filmvorführung bis zur Tanzdemo. Eine Zusammenstellung ohne Garantie auf Vollständigkeit.
Für die christlichen Kirchen steht ihr wichtigstes Fest des Jahres vor der Tür: Sie feiern die Auferstehung ihres Religionsoberhaupts vor fast 2.000 Jahren. Doch was feiern Menschen, die nicht an Auferstehung glauben? Gibt es ein säkular-humanistisches Narrativ, mit dem es sich lohnt, das bevorstehende verlängerte Wochenende feierlich zu begehen? Selbstverständlich!