Rezension

Kubitzas Antwort auf die Frage, warum Theologie keine Wissenschaft sein kann

BONN. (hpd) Der promovierte Theologe Heinz-Werner Kubitza nimmt in "Der Dogmenwahn. Scheinprobleme der Theologie. Holzwege einer angemaßten Wissenschaft" eine inhaltliche Kritik an dem wissenschaftlichen Anspruch der Theologie vor. Deutlich zeigt er dabei, dass Theologie streng genommen keine Wissenschaft sein kann, verliert sich hierbei aber thematisch etwas im Laufe der Kapitel zu unterschiedlichen Themen.

An den Universitäten in Deutschland bestehen Fachbereiche für evangelische und katholische Theologie. Nur selten findet man demgegenüber das Studienfach Religionswissenschaft. Man stelle sich vor, es würde die Fachbereiche christdemokratische und sozialdemokratische Politik geben. Stattdessen existiert das Studienfach Politikwissenschaft. Dieser Vergleich problematisiert einen kaum hinterfragten und als selbstverständlich geltenden Sonderstatus, den eben die Theologie auch institutionell als Wissenschaft einnimmt.

Denn um Forschungsfreiheit, Lehre und Studium steht es in mehrfacher Hinsicht in den Fachbereichen der evangelischen und katholischen Theologie anders als in anderen Fachbereichen. Darauf macht der promovierte Theologe Heinz-Werner Kubitza, Inhaber des Tectum Wissenschaftsverlags in Marburg, in seinem Buch "Der Dogmenwahn. Scheinprobleme der Theologie. Holzwege einer angemaßten Wissenschaft" aufmerksam. Dass es sich hier nicht um eine apologetische, sondern kritische Schrift handelt, macht schon der Titel deutlich.

Auch lautet gleich der erste Satz: "Die Theologie ist eigentlich ein Kuriosum an modernen Universitäten. Während andere Fachbereiche einen klar abgegrenzten Forschungs- und Lehrbereich haben, ist bei den Theologen nicht einmal klar, ob es den zentralen Gegenstand der ihrer Wissenschaft Theologie den Namen leiht, ob es diesen Theos überhaupt gibt" (S. 13). Gemeint ist das Problem, dass ein Beweis für die Existenz eines Gottes immer noch nicht erbracht wurde, wobei dieser doch der konstitutive Ausgangspunkt der Theologie sein soll. Wie es darüber hinaus um die Inhalte und Wissenschaftlichkeit von Dogmatiken und Kompendien aus der Feder von Theologen jüngeren Datums - von Hans-Martin Barth und Christofer Frey über Wilfried Härle und Wilfried Joest, Rochus Leonhardt und Heinrich Ott bis zu Horst Georg Pöhlmann und Wolfgang Trillhaas - steht, will der Autor dann anhand von unterschiedlichen Themen wie der Bibelvergötzung, der Christologie, der Gotteslehre, dem Menschenbild, dem Offenbarungsglauben und der Schöpfungslehre erörtern.

Besonders wichtig ist ihm dabei die Feststellung, dass Theologie keine Wissenschaft sein kann. Denn: "Sie ist es deshalb nicht, weil es ihr nicht gelingt und auch nach eigenem Anspruch nicht gelingen kann, ihren Gegenstand 'Gott' überhaupt nachzuweisen. Sie ist es deshalb nicht, weil die Kirchen wissenschaftsfremde Einflüsse auf die Besetzung von Professuren nehmen und ein der Kirche genehmes, opportunistisches Verhalten eines Bewerbers vor der Berufung provozieren. Sie kann auch deshalb nicht wissenschaftlich sein, weil sie konfessionell ist, und es keine evangelische oder katholische Wissenschaft geben kann. Die ist es deshalb nicht, weil in den Dogmatikern der Theologen selbst freimütig eingeräumt wird, dass wissenschaftsfremde Bedingungen (eigene Gläubigkeit, Bibel, Bekenntnisse) die Grundlagen bestimmen, und dass man ohne diese nicht Theologie treiben kann. Sie will nach eigenen Aussagen keine neutrale und unvoreingenommene Wissenschaft, sondern eben 'betendes Denken' sein" (S. 41).

Das Buch beeindruckt im Lichte des inneren Wissens um die Theologie an der Universität. Denn Kubitza hat ein entsprechendes Studium bis zur Promotion erfolgreich abgeschlossen und danach wohl mit den Grundlagen des Glaubens und dem Wissenschaftsverständnis der Theologie gebrochen.

Gerade diese interne und kritische Perspektive zugleich macht aus dem Buch ein beachtenswertes Werk. Man findet darin zu unterschiedlichen Aspekten reflexionswürdige Inhalte. Als Beispiel dafür mag die systematische Gegenüberstellung von christlichem und säkularem Menschenbild dienen (vgl. S. 299–306). Viel zu kurz sind leider interessante Aspekte wie die zu Positivem und Negativem im Wirken Jesu (vgl. S. 334–338) geraten. Indessen hat man aber auch den Eindruck, dass dem Autor im Laufe der Niederschrift ein wenig die Systematik und Zielstrebigkeit abhanden gekommen ist. Der genaue Kontext zur eigentlichen Fragestellung wird nicht immer klar, was aber nicht gegen die Bedeutung und Richtigkeit der formulierten Deutungen sprechen muss.
 


Heinz-Werner Kubitza, Der Dogmenwahn. Scheinprobleme der Theologie. Holzwege einer angemaßten Wissenschaft, Marburg 2015 (Tectum-Verlag), 393 S.

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