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Kevelaerer Bürger gegen Asylbewerber

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Kevelaer United
Kevelaer United

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KEVEALER. (hpd) Eine derartige Schlagzeile würde zu vielen anderen passen, die derzeit durch die Medien gehen. "Asylanten und auch alle anderen Fremden raus aus Deutschland!" Reißerisches Gegröle in vielen Teilen der Republik. Im niederrheinischen Kevealer hat der Kampf gegen die Fremden eine völlig andere Bedeutung.

In der Stadt, die vorwiegend durch die Marienwallfahrt und der Tatsache, dass man gerade wegen und trotz der Religion dort auch an Sonntagen in vielen Geschäften einkaufen kann, bekannt ist, zeigt ein ganz anderes Gesicht.

"Wir mit Euch", unter diesem Motto fand am 14. Juni 2015 ein Benefiz – Fußballspiel zugunsten des runden Tisches – Asyl statt.

Das Besondere daran ist, dass die Betroffenen Teil des Planes, also des Spieles waren. So kämpften Prominente aus der Stadt gegen eine Mannschaft, die zu 100 Prozent aus Asylbewerbern besteht, die zurzeit in Kevelaer leben.

Anstoß vor einer gut besetzen Tribüne war 15:00 Uhr, beide Mannschaften gaben alles. In der Auswahl der Kevelaerer, die vom ehemaligen MSV Duisburg Spieler, Horst "Pille" Gecks, trainiert wurde, spielte unter vielen anderen Bürgermeister Axel Stibi und ein Kaplan der katholischen Kirche. Letzterem gelang der entscheidende Treffer im Elfmeterschießen nach einem spannenden Fußballspiel.

Grund für den Siegtreffer des Geistlichen war augenscheinlich ein krasser Torwartfehler, trotzdem scherzte man natürlich im Publikum über diesen Zufall.

Trainer der Mannschaft der Asylbewerber, die unter dem Namen "Kevelaer United" antrat und die alle in einheitlichen Trikots auflief, ist Daniel Heinrichs, der bereit war, einige Fragen zu beantworten.
 


hpd: Herr Heinrichs, das Spiel ist vorüber. Deshalb die Frage an den Trainer von Kevelaer United – sind Talente unter den Jungs, die heute gespielt haben?

Daniel Heinrichs: Ja, es sind sicher 5–6 Spieler dabei, mit denen man etwas anfangen kann. Unser Ziel ist es diese Leute langfristig in den Spielbetrieb zu integrieren.
 

Aus welchen Ländern kommen die Spieler und wie konnten Sie die jungen Männer für dieses und weitere Spiele gewinnen?

Sie kommen aus sechs verschiedenen Ländern, darunter Syrien und Eritrea. Wir haben unser Projekt im Rahmen des runden Tisches vorgestellt, bei den Zusammenkünften waren auch Asylbewerber anwesend. Seitdem kommen die Spieler immer am Dienstag zum Training. Wir haben mit 12 Spielern angefangen und sind jetzt bei einer Stärke von 25.
 

Hat Ihnen bei der Kontaktaufnahme die Tatsache geholfen, dass schon länger Asylbewerber im Verein spielen?

Ja, dem ist so. Wir haben Keita und Annan, die schon länger im Jugendbereich spielen. Die beiden haben bei der Kontaktaufnahme geholfen, weil doch sehr viele der neuen Asylbewerber kaum oder wenig Deutsch sprechen.
 

Ging die Initiative für das heutige Spiel vom Kevelaerer Sportverein aus?

Sowohl vom KSV als auch vom Runden Tisch. Es waren sehr viele Menschen aus der Stadt an der Vorbereitung des Rahmenprogrammes beteiligt, wir haben das mit der Mannschaft gemacht. Es war echt ein großer Erfolg, wir hätten nicht gedacht, dass so viele Leute kommen. Wir hatten mit 150 Besuchern gerechnet, nun wird die Zuschauerzahl auf 700 – 800 geschätzt.
 

War es schwierig Unterstützung wie zum Beispiel finanzielle Zuwendungen von Sponsoren zu erhalten?

Nein, gar nicht. Viele der Ortsansässigen Unternehmen haben sofort ihre Bereitschaft erklärt, diesbezüglich gab es also keine Probleme.
 

Sind die Initiativen, die viele Einwohner unterstützen, nicht ein Zeichen dafür, dass die Bürger dem Staat in Hinblick auf die Asylpolitik schon ein Stück voraus sind, wenn man bedenkt, dass die staatlichen Mittel lediglich für die Unterbringung von Flüchtlingen reichen?

Die Kevelaerer sind in dieser Hinsicht echt gut. Sie spenden Kleidung, Möbel und vieles mehr für die Flüchtlinge. Die Stadt ist in finanzieller Hinsicht weitgehend gebunden, aber die Einwohner füllen viele Löcher durch ihre Spendenbereitschaft aus.
 

Wird es die Mannschaft auch weiterhin geben?

Ja, wir werden jeden Dienstag um 19:00 Uhr trainieren. Ende Juni werden wir auch an einem Hobbyturnier teilnehmen.
 

Vielen Dank.
 


Unter den Spielern war auch Keita, über den im Humanistischen Pressedienst im Februar berichtet wurde. Der junge Mann schließt bald die einjährige Sprachschule mit Erfolg ab und lernt seit einigen Wochen zusätzlich abends an der Volkshochschule, um den Hauptschulabschluss zu machen. In zwei Praktika hat Keita bewiesen, dass er gute Arbeit leisten kann. Eine offene Jugendeinrichtung, in der er tätig war, möchte gern, dass er dort noch einmal mitarbeitet.

Bei allem Engagement des Asylbewerbers aus Guinea – ohne die Hilfe derer, die sich dafür einsetzen, dass Menschen nicht nur aufbewahrt und verwaltet werden, hätte es auch Keita nicht so weit bringen können. Im Spiel gelang Keita, der als A – Jugend Spieler für die Auswahl der Promis antrat übrigens ein Tor.

Der 14. Juni 2015 im Hülsparkstadion war ein interkulturelles Volksfest, das sich kaum von anderen Festivitäten in den Sommermonaten unterschieden hat. Auch das Rahmenprogramm mit diversen Attraktionen, wie Hüpfburg für die Jüngsten, Cheerleadern, gespendeten Speisen und sicher der einen oder anderen Spende, verstärkte den Eindruck, dass im Hülsparkstadion ein ganz normales Sportfest gefeiert wird.

Der Tag aber hatte eine viel größere Bedeutung für einige Menschen, die vor Armut, Chancenlosigkeit und Krieg geflohen sind. Vielleicht haben sie am Ende des Tages das Gefühl ein bisschen angekommen zu sein.

Nicht überall normal in Deutschland 2015, aber vielleicht ein Tag mit Vorbildwirkung für eine demokratisch – weltoffene Republik.