"Monkiss" - Harry Rowohlts und Rudi Hurzlmeiers letzte gemeinsame Satire

Auf den Mensch gekommen

BERLIN. (hpd) Nun ist Rudi Hurzlmeiers und Harry Rowohlts humoristische Co-Produktion ungewollt zu einem Vermächtnis geworden. Als der Literat todkrank wurde, musste der Cartoonist den letzten humoristischen Bildband der beiden teilweise auch lyrisch mitbestücken. "Monkiss" konfrontiert den Leser und Betrachter nicht nur mit unseren äffischen Gewohnheiten.

"Der Affe ist der Mensch unter den Tieren!", konnte man in der humoristischen Wochenzeitung "Fliegende Blätter" vor rund 100 Jahren lesen. Anders herum sah es Georg Christoph Lichtenberg: "Der Mensch kommt unter allen Tieren den Affen am nächsten." Arthur Schopenhauer vermutete, dass wir die Affen lächerlich finden, weil sie uns so ähnlich sind, und er ahnte schon: "Wir müssen uns den ersten Menschen denken als von Affen geboren." Passen die Affen in Rudi Hurzlmeiers satirischen Bildern so gut in ihre Rollen, weil die Menschen sich oft so äffisch benehmen oder weil es ihnen wirklich nur an einem winzig kleinem Schritt zum Menschsein fehlt?

Sie schürzen sinnlich die Lippen. Sie sehen grüblerisch in die Ferne, was immer dann besonders gedankenschwer wirkt, wenn sie nach oben in Richtung Himmel schauen. Kein Vincent van Gogh kann so hoffnungslos verzweifelt dreinblicken wie ein japanischer Makake mit rotgefrorenen Backen. So einfach nur nett und adrett wie ein Totenkopfäffchen kann nur ein Ballettmädchen von Auguste Renoir sein, so melancholisch wie ein Cello-Spieler von Gustave Courbet nur nur ein Schimpanse.

Hurzelmeier greift auf die Ikonen der Hochkunst zurück und scheut auch die Kitschkultur des Trivialen nicht in seiner Auswahl der Bildvorlagen, in die er Affengesichter hineincollagiert. Seine Elaborate aus Photoshop plus Pinselmalerei alter Schule werden meist begleitet oder wurden angeregt – wer weiß es – von Versen des unlängst verstorbenen Harry Rowohlt, die den Kalauer nicht scheuen und immer munter tiefstapeln.

Die tödliche Krankheit des Literatenfreundes im finalen Stadium zwang den Maler-Cartoonisten, der für die Titanic wie für die Süddeutsche Zeitung arbeitete, auch selbst zur Feder zu greifen. Und nicht jedes Bild hat eine berühmte Vorlage. Hurzelmeier begann schließlich seine Laufbahn als Kunstmaler.

Je länger man Hurzelmeiers Cartoons anschaut, umso unheimlicher werden sie. Er schafft eigentlich Mischwesen irgendwo auf der Strecke zwischen Mensch und Tier: perfekte Affengesichter, die doch irgendwie allzu menschlich wirken – die mandelförmigen Augenlider sind den unseren einerseits verdächtig ähnlich, doch die Hände bisweilen ein bisschen zu lang für einen Herrn im Frack, die Unterarme zu haarig für eine Dame im Abendkleid.

Wären da nicht Rowohlts munter klimpernde Bänkelverse, es würde einem manchmal leise gruseln. So aber lehnen wir uns schmunzelnd zurück und nehmen es komplett ästhetisch-theoretisch. Ist der Mensch ein Affe oder der Affe ein Mensch, ist die Frage.


Rudi Hurzlmeier & Harry Rowohlt: "Monkiss", Haffmanns Verlag bei Zweitausendeins, Leipzig, 64 S. 9,95 Euro