Menschenrechte als Leitlinie unseres Handelns

Eine gemeinsame Vision für die Welt (Teil 3)

Menschenrechtsorganisationen und einige Parteien lehnen aus humanistischen Gründen und politischer Überzeugung Massenabschiebungen ab und fordern Einzelfallprüfungen. Trotzdem argumentieren nur wenige, dass wirtschaftliches Elend als Asylgrund etabliert werden soll. Eine Erweiterung der Kriterien, wer als Flüchtling gemäß der Genfer Konvention angesehen wird, brächte die Gefahr mit sich, die hohe Akzeptanz der Flüchtlingskonvention in den vielen Unterzeichnerstaaten zu gefährden – dies wird zumindest befürchtet.

Es gibt aber auch andere Stimmen, die argumentieren, dass Wirtschaftsflüchtlinge ebenfalls schutzbedürftig seien, da sie nur die Alternativen "Flucht oder Verelendung" sähen. Es ist legitim in diesem Zusammenhang auf ein unfaires globales Wirtschaftssystem zu verweisen, das Flüchtlingsströme aufgrund aussichtsloser wirtschaftlicher Situationen in deren Heimatländern weiter anschwellen lässt. Man muss sich auch fragen, ob es wirklich schlimm ist, wenn hochmotivierte ArbeitsmigrantInnen in ein Land mit extrem niedriger Geburtenrate – wie Deutschland – kommen. MigrantInnen sind bei entsprechenden Integrations- und Bildungsangeboten die Fachkräfte und SteuerzahlerInnen von morgen.

"Wirtschaftsflüchtlinge" kommen oft nicht aus dem schlimmsten Elend dieser Welt. Sie kommen aus Ländern, in denen die wirtschaftlichen Aussichten trist und perspektivlos sind. Beurteilt man sie nach den Kriterien der Genfer Flüchtlingskonvention, kommt man zu dem Schluss, dass sie kein Recht haben hierzubleiben. Es gibt also gute Argumente dafür, ihnen in einem Migrations- und keinem Asylsystem eine Chance zu geben, in dem von ihnen gewünschten Land leben zu dürfen.

Armut und Elend als Ursache von Migrationsströmen

Mit seinem Film "Landraub" macht der Regisseur Kurt Langbein auf die massiven Aufkäufe von Ackerland in Entwicklungsländern durch Großkonzerne aufmerksam und kommt zu dem Ergebnis: "Das heißt, die Sozialstruktur wird zerstört, die ökologische Struktur wird zerstört. Und wenn das so weiter geht, dann drohen uns Völkerwanderungen in einem Ausmaß, wie die jetzigen Flüchtlingswellen nur ahnen lassen." Mit diesem "Landgrabbing" produzieren wir Armut in Entwicklungsländern und erzeugen so Migrationsströme nach Europa.

Mit Exportsubventionen macht die Europäische Union den Bauern in ärmeren Ländern mit Dumpingpreisen Konkurrenz und verstärkt damit die Armut in diesen Staaten. Und um die Nachfrage der Bevölkerung zu befriedigen, entziehen die Fischereiflotten der Industrieländer durch internationale Piratenfischerei und unrealistische Fangquoten Millionen Küstenbewohnern Afrikas die Existenzgrundlage.

Natürliche Ressourcen wie Wasser, Luft und Rohstoffe (Metalle, Erdöl, etc.) bilden die Lebensgrundlage auf unserem Planeten und sind nur begrenzt verfügbar. Durch den Lebensstil in der westlichen Welt nimmt die Menschheit der Erde mehr, als sie langfristig geben kann und stellt so eine Gefahr für das Leben auf unserem Planeten dar. Auch die Probleme der Verwertung des Abfalls sowie die Anreicherung der Atmosphäre mit Treibhausgasen mit den Folgen eines dramatischen Klimawandels, sind nicht gelöst. Der Kampf um Ressourcen hat schon lange begonnen. Der Klimawandel wird Millionen von Menschen in eine ausweglose Lage bringen und Ursache von Flucht und Krieg sein.

Wenn wir die Ursachen von Flucht und Vertreibung bekämpfen wollen, dürfen wir die Prinzipien des freien Welthandels nicht auf "Freihandel versus Protektionismus" reduzieren. Was wir brauchen ist eine differenzierte Analyse, wie viel Schutz die eine oder andere Nation für ihre Wirtschaft benötigt. Möglicherweise könnte die Welthandelsorganisation WTO in eine neue Rolle schlüpfen, vom Mantra des schrankenlosen Freihandels abrücken und für einen fairen Interessenausgleich zwischen den starken und weniger starken Ökonomien sorgen. Ärmere Staaten muss die Möglichkeit geboten werden, vorübergehend Handelsschranken zu errichten, um ihre Industrie so weit zu entwickeln, bis sie sich im rauen internationalen Wettbewerb behaupten können. Gerechte internationale Wirtschaftsbeziehungen haben im Kern eine friedensethische Funktion – und vice versa.

Resümee

Menschenrechtsabkommen der UN:

  • Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
  • UN-Antifolter-konvention
  • UN-Behindertenrechts-konvention
  • UN-Frauenrechtskonvention
  • UN-Kinderrechtskonvention
  • UN-Konvention gegen Verschwindenlassen
  • UN-Rassendiskriminierungs-konvention
  • UN-Sozialpakt
  • UN-Völkermordkonvention
  • UN-Wanderarbeiter-konvention
  • UN-Zivilpakt

Menschenrechte in Europa:

  • Europäische Grundrechte-Charta
  • Europäische Menschenrechts-konvention
  • Europäische Sozialcharta
  • Rahmenüberein-kommen zum Schutz nationaler Minderheiten

"Rechtspopulismus ist Rassismus und Menschenfeindlichkeit in bürgerlichem Gewand!" steht in einer gemeinsamen Erklärung von Menschenrechtsorganisationen zum Internationalen Tag gegen Rassismus am 21. März 2015. Mit rassistischen Ressentiments versucht die "Alternative für Deutschland" (AfD) in die Lücke zwischen rechtsextremen Demokratiefeinden und demokratischen Volksparteien vorstoßen. Die AfD setzt auf Ausgrenzung bestimmter Minderheiten indem sie immer wieder Ressentiments gegenüber Flüchtlingen, Muslimen oder Homosexuelle aufgreift. Auf diese Weise versuchen sie, Wählerinnen und Wähler aus dem rechtsradikalen Wählerspektrum an sich zu binden. Aber auch die CSU bedient argumentativ das Pegida-Publikum bei ihren Ideen zum Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland.

MigrantInnen dürfen wir nicht zu einer an den Rand gedrängte Minderheit machen, sondern müssen ihnen Integrationsangebote offerieren; sonst ist die Entstehung von Parallelgesellschaften unvermeidbar. "Dialog, Aufklärung und daraus resultierendes gegenseitiges Verständnis, so banal es klingt, bleiben die wirksamsten Mittel gegen Fremdenfeindlichkeit." (Spiegel Online, 12.11.2015, Andreas Borcholte)

In Deutschland gibt es namhafte Vertreter demokratischer Parteien, die jedoch glauben, Flüchtlingskatastrophen mit Abschottung begegnen zu können. Das Grundrecht auf Asyl lässt man dann zu einer Schönwetterveranstaltung verkommen, die davon abhängig ist, wie die wirtschaftliche Lage des eigenen Landes gerade aussieht.

Der eigenen Verantwortung für die globalen Krisen möchte man sich nicht stellen. Dies würde nämlich bedeuten, eine Politik betreiben zu müssen, die als langfristiges Ziel die globale Angleichung sozialer und politischer Standards im Auge hat. Beihilfe zu Menschenrechtsverletzungen durch die Unterstützung von diktatorischen Regimen mit politischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Mitteln, oder mit Waffenexporten müssten dann der Vergangenheit angehören. Die Entwicklungshilfe müsste drastisch erhöht, die Umweltverschmutzung deutlich reduziert und der Ressourcenverbrauch auf ein global verantwortbares und generationenübergreifendes Minimum reduziert werden.

Faire Wirtschaftsbeziehungen sind eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit sich die Menschen in der Dritten Welt selbst helfen können. Nur so werden die Ursachen von Flucht, Vertreibung, Krieg aber auch Armut und ausbeuterische Arbeitsverhältnisse bekämpft. Und im Innern müssen die Wurzeln von Diskriminierung und Rassismus sowohl erforscht als auch konsequent beseitigt werden.

Schritt für Schritt können die Menschenrechte in Deutschland und Europa umgesetzt werden, auch die sozialen. Dazu ist es erforderlich bei Wahlen die Spreu zu erkennen und vom Weizen zu trennen. Moralisierung muss durch ethische Reflexion ersetzt und zum Maßstab fortschrittlichen politischen Handelns entwickelt werden. Beides kann erkannt und darf nicht gleichgesetzt werden, da sie durch einen Abgrund der Heuchelei und Verlogenheit getrennt sind.