Menschenrechte als Leitlinie unseres Handelns

Eine gemeinsame Vision für die Welt (Teil 2)

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Der Jubiläumsbrunnen Friedensplatz Linz mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
Jubiläumsbrunnen Friedensplatz Linz

BERLIN. (hpd) Wir benutzen das Wort "Menschenrechte" relativ häufig und versuchen damit, unsere Sicht auf die Welt zu begründen. Doch was genau ist unter dem Begriff zu verstehen und wie hat er sich entwickelt? Herbert Nebel versucht in der dreiteiligen Serie die Fragen zu beantworten. Im zweiten Teil analysiert er den normativen Gehalt der globalen Menschenrechte.

Alle Menschenrechte enthalten drei Pflichten für den Staat:

  • Jeder Staat muss jegliche Verletzung der Menschenrechte unterlassen;
  • Jeder Staat muss alle seinem Schutz unterstellten Menschen vor Übergriffen — auch vor Übergriffen dritter Personen — schützen;
  • Jeder Staat muss in seinem Einflussbereich für die volle Verwirklichung der Menschenrechte Sorge tragen.

Bürgerliche und politische Menschenrechte

Die Freiheitsrechte und Abwehrrechte sind die "klassischen" liberalen Menschenrechte, die lange Zeit die Diskussion der Menschenrechte im christlich-westlichen Kulturkreis mit ihrer liberal-rechtsstaatlichen Grundrechtstheorie bestimmten. Demgemäß finden sich auch in vielen Verfassungen westlicher Staaten Garantien dieser Freiheits– und Abwehrrechte ihrer Bürger.

Zu diesen Menschenrechten gehört das Recht auf Leben, welches die unabdingbare Voraussetzung für alle anderen Rechte benennt. Dazu gehört das Diskriminierungsverbot, die Rechtssicherheit, die Gewissens- und Religionsfreiheit, das Asylrecht sowie die Meinungs- und Informationsfreiheit. Das Folterverbot legt die humanistisch-ethische Grundlage mit dem Hinweis, dass alle Menschen gleich an Würde und Rechten geboren sind.

Bei den bürgerlichen Rechten geht es in erster Linie um Schutzrechte (negative Freiheitsrechte) des Individuums gegenüber der Staatsmacht, bei den politischen um positive Teilnahmerechte an politischen Entscheidungen.

Soziale Menschenrechte

Die Überzeugung, dass auch soziale Rechte Teil der universalen, unveräußerlichen Menschenrechte sind, entwickelte sich erst langsam, ausgehend von dem Grundsatz der Egalität der Menschenrechte.

Zu den sozialen Menschenrechten zählen die Gleichberechtigung von Mann und Frau, das Recht auf Arbeit und angemessene Entlohnung, auf Wohnung, auf Gründung von Gewerkschaften, auf soziale Sicherheit, auf Bildung, auf Teilhabe am kulturellen Leben, usw. Die wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Rechte sind primär Forderungen an den Staat; sie sind Teilhaberechte zur Gewährung angemessener Lebensbedingungen.

Zwillingspakte

Die zunächst unverbindliche Allgemeine Erklärung der Menschenrechte erhielt eine größere völkerrechtliche Verbindlichkeit durch die zwei Menschenrechtspakte des Jahres 1966 ("Pakt über bürgerliche und politische Rechte" sowie "Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte"), die inhaltlich weitgehend mit der Allgemeine Erklärung der Menschenrechte übereinstimmen und bisher von über 150 Staaten ratifiziert wurden. In den beiden Pakten wird zusätzlich explizit ein Selbstbestimmungsrecht aller Völker aufgeführt und deren freie Verfügung über ihre natürlichen Reichtümer und Mittel.

Menschenrechtsabkommen der UN:

  • Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
  • UN-Antifolter-konvention
  • UN-Behindertenrechts-konvention
  • UN-Frauenrechtskonvention
  • UN-Kinderrechtskonvention
  • UN-Konvention gegen Verschwindenlassen
  • UN-Rassendiskriminierungs-konvention
  • UN-Sozialpakt
  • UN-Völkermordkonvention
  • UN-Wanderarbeiter-konvention
  • UN-Zivilpakt

Menschenrechte in Europa:

  • Europäische Grundrechte-Charta
  • Europäische Menschenrechts-konvention
  • Europäische Sozialcharta
  • Rahmenüberein-kommen zum Schutz nationaler Minderheiten

Weitere Abkommen

Viele weitere Abkommen – u.a. zu Folter, Sklaverei, Rassendiskriminierung, Apartheid, Frauenrechten, Menschenhandel, Minderheiten – sind im Wesentlichen Präzisierungen dieser Menschenrechts-Charta zu Einzelthemen. Es gibt aber auch über diese Vereinbarungen hinausgehende bedeutsame Erweiterungen. Dazu zählt die inzwischen von nahezu allen Ländern ratifizierte "Konvention über die Rechte des Kindes" (1989), die Rechte für die besonders schutzbedürftige Gruppe der Kinder und Jugendlichen präzisiert.

Kollektive Menschenrechte der Völker

Die kollektiven Rechte der Völker postulieren insbesondere auch Rechte gegenüber den Staaten der westlichen Welt: Sie sollen nicht nur die Einhaltung der liberalen Menschenrechte überwachen, sondern vielmehr kollektive Solidaritätsrechte gegenüber allen Staaten und allen Völkern einfordern, damit auf diese Weise die Gewährleistung aller Menschenrechte überall auf der Welt effektiv sichergestellt werden kann.

Zu diesen zu schützenden elementarsten kollektiven Völkerrechten zählen das Selbstbestimmungsrecht der Völker, das Recht auf einen gerechten Anteil an den Schätzen der Natur, und viele mehr. Hier werden also nicht nur die einzelnen Staaten in die Pflicht genommen, sondern auch die internationale Gemeinschaft, die damit insbesondere dort Verantwortung übernehmen muss, wo der einzelne Staat hierzu nicht in der Lage ist. Humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe ist damit keine Wohltat der westlichen Welt, sondern die Einlösung einer bestehenden (moralischen) Pflicht der wohlhabenden Völker gegenüber allen notleidenden Menschen.

Zu diesen Rechten hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen 1986 eine Resolution mit folgenden zentralen Aussagen angenommen: "Das Recht auf Entwicklung ist ein unveräußerliches Menschenrecht, kraft dessen alle Menschen und Völker Anspruch darauf haben, an einer wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Entwicklung (teilzuhaben), in der alle Menschenrechte und Grundfreiheiten voll verwirklicht werden können." Diese Menschenrechte sind zwar inzwischen anerkannt, allerdings noch nicht rechtlich verbindlich festgelegt.

Der Staat als Garant nachhaltiger Menschenrechte

Der Staat hat dafür zu sorgen, dass die Menschenrechte weltweit und nachhaltig verwirklicht werden. Nach wie vor gilt: Er muss auch Menschenrechtsverletzungen durch nichtstaatliche Akteure verhindern bzw. ahnden. Letztere nahmen im Zuge der Globalisierung deutlich zu. Unternehmerisches Handeln beeinflusst direkt oder indirekt die Menschenrechte von Milliarden von Menschen – gegenwärtiger wie auch künftiger Generationen.

Eine ökologisch, sozial und wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung kann nicht ohne die Umsetzung der sozialen, bürgerlichen und politischen sowie der kollektiven Menschenrechte der Völker erreicht werden. Diese Meinung zeigt die Richtung an, in die eine Antwort auf die Frage gehen muss, wie wir das Ziel der Nachhaltigkeit erreichen können: Wie können wir sicherstellen, dass die Bedürfnisse der heutigen Generationen befriedigt werden, ohne die Möglichkeit künftiger Generationen zu gefährden?