Rom verhüllt antike Statuen wegen Besuch des iranischen Präsidenten

Die Nackten und die Toten

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Reiterstandbild Marc Aurels auf dem Kapitol, Rom
Reiterstandbild Marc Aurels auf dem Kapitol, Rom

BERLIN. (hpd) Der iranische Präsident Hassan Rohani ist in Rom. Damit er nicht an der Nacktheit der antiken Statuen Anstoß nehmen kann, ließen die Behörden mehrere von ihnen auf dem Kapitol verhüllen. Im eigenen Land nimmt er es mit dem Anstand nicht so genau: In den vergangenen 10 Jahren wurden mindestens 73 junge Menschen hingerichtet, die noch nicht einmal das 18. Lebensjahr erreicht hatten.

Es entzieht sich jeglicher Kenntnis, was die Römer dazu trieb, Zeugen der Kultur zu verhüllen, die ein Hohelied auf den nackten Körper zeigen. Haben sie tatsächlich Angst davor, dass der iranische Präsident Rohani darüber erschrecken könnte? Oder gar seinen Besuch abbrechen würde? Schließlich und endlich ist es der Iran, dem es nach Aufhebung des Embargos danach verlangt, wieder Geschäfte mit dem Rest der Welt zu machen. (Zugegeben: auch der Rest der Welt ist daran interessiert.)

“Rohani hatte am Montagabend den italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi auf dem Kapitolshügel getroffen und war später in den Museen vor die Presse getreten. Aus Rücksicht auf den muslimischen Glauben des iranischen Präsidenten sei beim Abendessen auch kein Wein serviert worden” heißt es bei Spiegel-Online. Während der Verzicht auf Wein noch verständlich sein dürfte; die Verhüllung der antiken Statuten ist es keinesfalls.

Hier geht es nämlich überhaupt nicht um die “Rücksicht auf die religiösen Gefühle” des Präsidenten; es geht allein um das Geschäft. Man kann davon ausgehen, dass diese Geschäfte nicht durch ein paar nackte Penisse getrübt worden wären. “18,4 Milliarden Dollar sollen die Geschäfte wert sein, die Rohani in Rom abschließen will. Es geht um Öl, Stahl, Autos, Schiffsbau und für Italien überhaupt darum, die Stellung wiederzugewinnen, die es vor der Verhängung von Sanktionen durch die Vereinten Nationen innehatte: wichtigster Handelspartner des Iran in Europa, noch vor Deutschland.” [1]

Und während sich Rohani auf Europatournee befindet, werden im Iran weiterhin Menschen hingerichtet. Allein im ersten Halbjahr 2015 wurden laut einem Bericht von Amnesty International (AI) fast 700 Menschen hingerichtet - beinahe so viel wie im gesamten Vorjahr.

Derzeit warten im Iran Dutzende Menschen auf ihre Hinrichtung, die bei ihrer Verurteilung noch keine 18 Jahre alt waren. Es handle sich dabei nach Angaben von AI um mindestens 49 Personen. Nach einem aktuellen Bericht der Menschenrechtsorganisation wurden zwischen 2005 und 2015 73 junge Menschen hingerichtet, die zum Zeitpunkt ihrer Straftat keine 18 Jahre alt gewesen seien.


  1. Katzbuckeln vor dem großen Geld, von Alan Posener,26.01.2016  ↩