Die Journalistin Liane Bednarz legt mit "Die Angst-Prediger. Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern" eine Darstellung zum Thema vor. Einerseits liefert sie viele Informationen und stellt ihre Sachkenntnis dar, andererseits bleibt das Buch doch eher auf einer beschreibenden journalistischen Ebene ohne Gesamteinschätzung stehen.
An einer Distanzierung haben es die Kirchen gegenüber dem Rechtextremismus wie Rechtspopulismus nicht fehlen lassen. Es gab Domverdunkelungen und Protestläuten. Auch die Formulierung "Unser Kreuz hat keine Haken" fand Verwendung. Indessen darf man von daher nicht ignorieren, dass es sehr wohl auch Christen gibt, die mit der AfD ebenso wie mit "Pegida" nicht nur sympathisieren. Die hier Gemeinten betätigen sich auch aktiv in diesen Kontexten. Darauf macht die Juristin und Publizistin Liane Bednarz in ihrem Buch "Die Angst-Prediger. Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern" aufmerksam. Es will die angesprochenen Akteure behandeln und dabei deren Kooperation mit diversen "rechten" Strömungen veranschaulichen. Ausgangspunkt dafür ist die Erkenntnis, wonach sich "ausgerechnet ein Teil des konservativ-christlichen Milieus als sehr bereit erweisen" habe, "rechtes Gedankengut zu übernehmen" (S. 13). Bednarzs Buch will daher auch bezogen auf das Christliche wie Konservative eine Selbstvergewisserung motivieren.
Denn es gibt für die Autorin eine Spaltung einerseits in "die Anhänger des … Konservativismus bundesrepublikanischer Prägung auf der einen Seite und um die sich als konservativ ausgebende Rechte, die in der Tradition der Rechtsintellektuellen der Weimarer Republik steht" (S. 25). Dabei geht es zunächst um eine Beschreibung der Entwicklung nach 1945 mit dem postulierten Gegensatz "Konservativ vs. Rechts" (S. 26). Anschließend blickt sie auf die Einstellung der Neuen Rechten zum Christentum, beschreibt den "Ethnopluralismus"-Diskurs unter "rechten Christen" und weist auf deren Verteidigung von "Scharfmachern" wie Akif Pirincci und Thilo Sarrazin hin. Über die Denkungsart der Gemeinten heißt es: "Noch mehr als säkulare Rechte neigen sie zu politreligiösen Vorstellungen. Es wirkt oft so, als würden sie den Wahrheitsanspruch des Christentums, der in der Bibel bekanntlich eine zentrale Rolle spielt, auf die Politik übertragen" (S. 56). Nicht selten habe man den Eindruck, man wolle "Keine Freiheit für den Irrtum".
Danach geht es um die Akteure, Feindbilder und Themen des gemeinten Spektrums. Es gebe dabei eine negative Fixierung auf die Sexualität, wobei immer wieder Genderfragen eine große Rolle spielten. Die "Angstprediger" würden auch dem Feindbild Islam huldigen, wobei Bednarz einige kursierende Legenden kritisch widerlegt. Immer wieder zeige sich, dass "die Schwelle zwischen berechtigter Kritik und Übertreibungen bis hin zur Desinformation nicht selten überschritten" (S. 149) werde. Man stütze sich häufig auf dubiose Informationen, wozu auch Angaben über angebliche oder tatsächlich verfolgte Christen in den islamischen Ländern gehörten. Und schließlich geht es noch um den aufkommenden "Antiklerikalismus" in diesem Milieu, welcher dann Akzeptanz finde, "wenn die Kirchen nicht so wollen wie die rechten Christen" (S. 206). Gegen Ende fragt die Autorin noch, warum die AfD für so "viele rechtskonservative Christen so attraktiv ist", und reflektiert darüber, wie man am besten auf die damit einhergehenden Herausforderungen reagieren solle.
Bednarz kommt das Verdienst zu, Entwicklungen am "rechten Rand" des christlichen Milieus kritisch in Augenschein genommen zu haben. Dazu fehlten bislang mit Ausnahme einiger kürzerer Abhandlungen ausführlichere Monographien. Sie differenziert auch immer und macht gerade zu Beginn deutlich, dass es sehr konservative Akteure in der Kirche gibt, die aber gleichwohl sehr klare Distanzierungen und Trennungen vornehmen. Bei einer bilanzierenden Betrachtung zum Buch muss aber auch sein journalistischer Charakter hervorgehoben werden. Zwar nimmt die Autorin zu Beginn einige Begriffsdefinitionen vor, hält sich aber in der Darstellung danach selbst nicht immer strikt daran. Sie beschreibt mehr einzelne Entwicklungsprozesse im gemeinten Milieu, meist mit hoher Sachkenntnis. Es wird aber dann doch nicht eingeschätzt, wie relevant das Gemeinte in der Gesellschaft und in der Kirche ist. "Antiklerikalismus" kann man der AfD ansonsten nicht "vorwerfen", sie haben nicht etwas gegen die Kirche, aber gegen deren Kritik.
Liane Bednarz, Die Angst-Prediger. Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern, München 2018 (Droemer-Verlag), 256 S., ISBN: 978-3-426-27762-, 16,99 Euro
1 Kommentar
Kommentare
Werner Koch am Permanenter Link
Ich möchte ergänzend auf das Buch "Streng gläubig und stramm rechts" hinweisen. Dort findet man eine gute Erklärung über die christliche Rechte und ihre Aktionen wie z. B. "Demo für Alle", etc.
https://www.heise.de/tp/features/Streng-glaeubig-und-stramm-rechts-4003112.html?seite=all