Abtreibung im überwiegend katholischen Argentinien ist mit wenigen Ausnahmen verboten. Hunderttausende Frauen unterziehen sich jedes Jahr illegalen und teilweise unter katastrophalen Bedingungen durchgeführten heimlichen Abtreibungen. Präsident Alberto Fernández hat nun einen Gesetzentwurf vorgebracht, der Straffreiheit für Schwangerschaftsabbrüche bis zur 14. Schwangerschaftswoche und kostenlose medizinische Begleitung vorsieht. Während Befürworter*innen den Entwurf loben, gibt es auch harsche Kritik von Kirche und Anti-Abtreibungsverbänden.
Seit vielen Jahren setzten sich zahlreiche Argentinier*innen für eine Möglichkeit des legalen, medizinisch begleiteten und kostenlosen Schwangerschaftsabbruch ein. Mit grünen Tüchern und unter dem Namen "Marea Verde" (grüne Flut) fordern sie, das strenge Abtreibungsverbot Argentiniens zu verändern. Eine legale Abtreibung ist aktuell nur nach einer Vergewaltigung oder bei Gefahr für das Leben der schwangeren Person möglich. Aktivist*innen des Bündnisses für legale Abtreibung schätzen, dass jährlich etwa 500.000 Schwangere in Argentinien sich einer heimlichen Abtreibung unterziehen. Das zeige nicht nur auf, dass ein Abtreibungs-Verbot Schwangerschaftsabbrüche nicht verhindere, sondern sorge zudem noch dafür, dass zehntausende Frauen mit Komplikationen ins Krankenhaus eingeliefert werden müssten oder gar daran verstürben. Der Tod als Folge heimlicher Abtreibung liegt in Argentinien auf dem ersten Platz der vermeidbaren Todesfälle bei Frauen.
Neben legaler, sicherer und kostenloser Abtreibung fordern sie auch Aufklärungsunterricht, sowie den Zugang zu Verhütungsmitteln, um ungewollte Schwangerschaften besonders bei sehr jungen und finanziell schlecht ausgestatteten Menschen zu verhindern.
Zuletzt waren die Abtreibungs-Befürworter*innen im Jahr 2018 gescheitert, als ein Gesetzesentwurf nicht die notwendige Mehrheit im Kongress erhielt. Nun hat Präsident Alberto Fernández einen Gesetzentwurf eingebracht, der eine Möglichkeit zum straffreien Schwangerschaftsabbruch mit medizinischer und kostenloser Begleitung vorsieht. Der Entwurf möchte allen Frauen und allen Menschen, die schwanger werden können, die Möglichkeit geben, eine Schwangerschaft bis zur 14. Woche zu beenden. Der Gesetzentwurf beruft sich dabei darauf, dass sexuelle und Reproduktionsrechte Menschenrechte seien und mit diesem Gesetz unter anderem die Würde, das Leben, die Unabhängigkeit, die Gesundheit, die Bildung, die Geschlechtsidentität, die Chancengleichheit sowie der Schutz vor Diskriminierung und Gewalt, wie sie in der Verfassung vorgesehen seien, garantiert würden. Zudem ist Aufklärungsunterricht vorgesehen und eine Änderung des Strafgesetzbuches, um bisher vorgesehene Strafen aufzuheben.
Nachdem auch erlaubte Abtreibungen nach sexueller Gewalt verschleppt wurden, um sie nicht durchführen zu müssen, sieht das Gesetz nun mit fünf Tagen einen konkreten Zeitraum vor, in dem die Abtreibung nach Beantragung durchgeführt werden muss. Bei Kindern unter 13 ist das Einverständnis mindestens einer Erziehungsberechtigten Person nötig.
Ein wichtiger Punkt im Gesetz ist die Form der Informationen, die ungewollt schwangere Personen in Zukunft erhalten sollen. So müssen diese objektiv, präzise, vertrauenswürdig, wissenschaftlich, aktuell und laizistisch sein. Zudem müssen sie verständlich, auch für Menschen mit Behinderungen, die das Verständnis erschweren, sein. Im Falle von Sprachbarrieren müssen Übersetzer*innen eingeschaltet werden.
Explizit formuliert der Gesetzentwurf, dass persönliche und religiöse Ansichten bei der Information über Schwangerschaftsabbrüche keine Rolle spielen dürfen. Ein weiterer Punkt, der den Gegner*innen legaler Abtreibung und der katholischen Kirche überhaupt nicht zusagt. Einer Umfrage nach sprechen sich nur etwa 35 Prozent der Argentinier*innen für eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen aus, etwa 16 Prozent enthalten sich und etwa 49 Prozent sprechen sich gegen die Straffreiheit von Abtreibung in den ersten 14 Schwangerschaftswochen aus. Als Gründe geben sie an, dass sie Schwangerschaftsabbrüche als Tötung von Menschen ansehen und die Familie gefährdet sehen. Für den 28. November rufen argentinische Bischöfe zum Protest gegen den Gesetzentwurf auf. Sie sehen im Gesetzentwurf einen Verstoß gegen das Strafgesetzbuch. Schließlich würde dabei eine Person getötet. Unter dem Motto "zwei Leben retten" rufen sie landesweit zu Demonstrationen auf.
1 Kommentar
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Den Kirchen geht es nicht um das Wohl und Weh der Frauen und der Menschen insgesamt,