Auch am Atheismus gibt es Kritik von theologischer Seite, die wiederum von dem Philosophie-Professor Winfried Schröder einer kritischen Prüfung unterzogen wird. Sein Buch "Atheismus. Fünf Einwände und eine Frage" beeindruckt durch inhaltliches Differenzierungsvermögen und argumentative Stärke, wobei es polemische Spitzen und schlichte Vereinfachungen vermeidet.
Kritische Bücher mit Einwänden gegen die Gottesbeweise liegen mittlerweile in großer Zahl vor. Darin verweisen die Autoren auf methodische Defizite und inhaltliche Widersprüche, was denn auch zur Auffassung von der Nicht-Beweisbarkeit einer solchen übersinnlichen Wesenheit geführt hat. Man kann an eine solche glauben, aber dies nicht rational begründen. Doch wie sieht es umgekehrt mit dem Atheismus aus, inwieweit kann dieser philosophische Gültigkeit beanspruchen? Denn auch gegen ihn sind Einwände formuliert worden, auch von einer "rationalen Theologie", die reflexionswürdige Sachargumente vorbringt.
An einer kritischen Auseinandersetzung damit mangelte es bislang. Diese Lücke schließt jetzt Winfried Schröder, der dazu eine inhaltliche Erörterung auf hohem Niveau wie engem Raum vorgenommen hat. Sie findet sich in dem Band "Atheismus. Fünf Einwände und eine Frage", der unter 150 Seiten geblieben ist, darin aber wichtige Positionierungen vornimmt. Der Autor lehrt Geschichte der Philosophie als Professor an der Universität Marburg.
Ihm geht es darum, die gegen den Atheismus vorgebrachten Einwände inhaltlich darzustellen und einer kritischen Prüfung auszusetzen. Er macht aber auch bereits einleitend deutlich: Beim Atheismus handelt es sich eigentlich nicht um einen -ismus, denn er hat lediglich einen negativen Bezugspunkt als inhaltliche Gemeinsamkeit: die Existenz eines Gottes wird abgestritten. Dies ist für eine Auseinandersetzung mit dem Theismus ein wichtiger Unterschied: Denn in einem Fall geht es darum, die Existenz eines Phänomens nachzuweisen, in dem anderen Fall wird diese Existenz bestritten. Dabei liegt indessen die eigentliche "Bringschuld" bei den Theisten, was aber auch den Atheismus nicht zu einer nicht mehr kritisierbaren Position im jeweiligen Umkehrschluss werden lässt. Der Autor macht es sich im Gegensatz zu manchen atheistischen Polemiken alles andere als einfach. Er identifiziert zunächst fünf Einwände, unter anderem die Behauptung, es handele sich um Dogmatismus, einen Materialismus und Naturalismus, der selbst viele Erklärungslücken lasse und dabei zu Moralverlusten führe, wogegen alternative Gotteskonzeptionen gestellt werden könnten.
Dann prüft Schröder jeden Einwand sorgfältig auf seine Stimmigkeit. Hierbei offenbart er ein hohes Differenzierungsvermögen, wobei unterschiedliche Atheismus-Formen jeweils in die erwähnte Prüfung einbezogen werden. Dies gilt insbesondere für den unterstellten Dogmatismus. Anschaulich nimmt er dabei etwa eine Kritik an Bertrand Russells berühmtem Teekannen-Vergleich vor. Der Autor veranschaulicht, dass dieses klassische Argument keineswegs so stimmig ist wie von vielen Kritikern angenommen wird. Gleichwohl machen die Reflexionen von Schröder dabei deutlich, dass die theistischen Einwände dagegen wiederum selbst theistische Gottesbeweise entkräften würden. Denn vorgebrachte Argumente sind nur dann tragbar, wenn ihr Grundprinzip eben auch verallgemeinerbar wäre. Gerade in diesbezüglicher Kritik offenbart sich das hohe Niveau und differenzierte Vorgehen. Eine Debatte zu solchen Fragen ist demnach tatsächlich noch nicht abgeschlossen, sondern wäre in die genannte Richtung weiter zu führen.
Bilanzierend wird konstatiert, dass keine der gegen den Atheismus erhobenen Einwände einer näheren Prüfung standhält. Ganz im Gegenteil, die kritische Auseinandersetzung mit ihnen erbringt neue Gesichtspunkte, die eben gegen die Gültigkeitsansprüche des Theismus vorgebracht werden können. Dies bezieht sich auf auf "alternative Gotteskonzeptionen" wie die "rationale Theologie". Der Autor fragt außerdem angesichts seiner Einschätzung, inwieweit solche Einsichten nicht mit bestimmten Verlusten verbunden sein könnten. Gemeint sind Halt und Trost. Gerade deren Präsenz in den Religionen, so kann ergänzt werden, erklären mit deren soziale Relevanzen und Wirkungen. Zu all dem liefert der in der Länge dünne, aber an Reflexionen gewichtige Band viel Stoff. Es wird dabei deutlich, dass ein Krawallatheismus kein Vernunftatheismus ist. Wer theistische Gültigkeitsansprüche negieren möchte, solle dabei auch das notwendige philosophische Handwerkszeug nutzen. Der kurze Band liefert dazu wichtiges Material im aufklärerischen Sinne.