Ein Begräbnis, das sich ausschließlich dem Verstorbenen widmet, ohne störenden Gottes- oder Kirchenbezug – das will der Humanistische Verband Österreichs anbieten. Trauerredner sollen in Zukunft in ganz Österreich konfessionsfreie Begräbniszeremonien gestalten.
"In den letzten Jahren hat sich der weltliche Sektor der Trauerzeremonien stark erweitert. In ganz Westeuropa werden solche Rituale von speziell geschulten weltlichen Zeremonienmeistern, diplomierten humanistischen Trauerrednern abgehalten. In den nordischen Staaten sind diese mittlerweile sogar die Norm", erklärt Gerhard Engelmayer, Präsident des Humanistischen Verbands Österreichs (HVÖ). Beispielsweise gibt es in Schottland, einem ehemals streng katholischen Land, heute mehr "humanistische Bestattungen" als katholische. Auch in Österreich soll man bald beim HVÖ einen Kurs zum "humanistische Zelebranten" belegen können.
Würdige weltliche Bestattung
Die weltliche Bestattung befasst sich ausschließlich mit dem Verstorbenen, seinem Leben, seinen Vorzügen, allem, wofür man den Menschen geliebt hat. Ein Fest der Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit, keine Referenz auf ein spekulatives Wiedersehen im Jenseits. Besonders wenn der Verstorbene ein kritisches Verhältnis zur Kirche hatte oder wenn sich die Familie eine Feier wünscht, die intensiver auf das Leben und die Eigenheiten des Verstorbenen eingeht, sind konfessionsfreie Trauerredner die Zelebranten erster Wahl. Wer sich also ein würdiges und respektvolles Begräbnis ohne klerikale Einmischung auf der Höhe der Zeit wünscht, lässt sich beim HVÖ beraten.
Immer weniger kirchliche Begräbnisse
Die Religiosität der Österreicher nimmt ab, ebenso die Anzahl der kirchlichen Begräbnisse. Wurden 2003 noch 76,6 Prozent aller Verstorbenen kirchlich begraben, so waren es 2017 nur mehr 64,7 Prozent, Tendenz fallend. Ähnlich bei den Taufen: Während 2003 noch gut 70 Prozent der Neugeborenen katholisch getauft wurden, waren es 2017 nur mehr knapp 56. Trotzdem möchten viele Menschen wichtige Ereignisse des Lebens (Geburt, Hochzeit, Tod) festlich begehen. Daher möchte der HVÖ in Zukunft Zeremoniengestalter für alle Gelegenheiten ausbilden.
Über den HVÖ:
Der Humanistische Verband Österreich (HVÖ) wurde 1887 als Freidenkerbund gegründet. 1933 zählte der Verband bereits 65.000 Mitglieder und wurde im katholischen Austrofaschismus durch eine Notverordnung verboten, sein Vereinsvermögen wurde beschlagnahmt und eine spätere Restitution verweigert. Der Verband kämpft für konfessionsfreie, humanistische Ethik. Aufklärung, Humanismus und evidenzbasierte Politik und Wissenschaft sind zentrale Anliegen. Der HVÖ spricht sich gegen eine staatliche Privilegierung von Religionsgemeinschaften aus und fordert eine Beendigung des Einflusses insbesondere der römisch-katholischen Kirche auf staatliche Einrichtungen und den ORF. In ganz Europa gibt es über 60 solcher Organisationen, die in der Europäischen Humanistischen Föderation (EHF) und in der Weltdachorganisation der "Humanists International" vernetzt sind.
4 Kommentare
Kommentare
Stefan Höfer am Permanenter Link
Ohne klerikale Rattenfänger, religiöse Zauberkünstler, geistliche Zauberworte, stupide Segensformeln, abartige Beschwörungsformeln, clowneske Totenbeschwörungen, ohne Obsekration, Exorzismus, kurz: ohne das schwachsin
Man möchte meinen, es sei einem Sapiens, einem vernunftbegabten, geistig gesunden, halbwegs intelligenten Menschen, einem geerdeten, aufgeklärten, gebildeten, weltoffenen Geist, einem intellektuell redlichen, seriösen, kurz: anständigen Menschen (ohne Neurosen und Psychosen) selbstverständlich!
Aber nein! Noch immer sind hierzulande Begräbnisse nahezu untrennbar mit dem abgeschmackten christlichen Brimborium, selbst mit geschmacklosestem kirchlichen Zinnober verknüpft! Keine Beerdigung, in der nicht Schnickschnack geredet wird!
Pathos und Formalismen ersetzen ernsthafte menschliche Anteilnahme, das Nachdenken über den Kreislauf des Lebens, über den Platz des Menschen in der Natur. Der, so ausgeprägt sein Zentralnervensystem, so leistungsfähig sein Gehirn im Laufe der Evolution auch geraten sein mag, nur eines unter zahlreichen sensiblen Geschöpfen aus Fleisch und Blut ist; ein Glied in der langen Kette des Lebens - so furchtbar wie Ehrfurcht einflößend.
Das Leben (nicht Illusionen, Wolkenkuckucksheime, Luftschlösser), so grausam es uns auch zuweilen dünkt, ist - wie die Myriaden von Sternen (denen wir letzten Endes unsere Existenz verdanken) - trillionenmal großartiger, phantastischer, ehrfurchtgebietender als alle Religion, als all der christliche Stuß, als sämtliche katholischen Perversionen zusammengenommen. Als aller Gotteswahn, dem nicht wenige Menschen erliegen; als alle Phantasmagorien, die "Homo religiosus" sich in den letzten dreitausend Jahren aus den Fingern sog; als alle Lügen, die er sich selbst erzählte.
Die Würde des Menschen ist unantastbar? Was, wenn er ihr selbst nach dem Leben trachtet? Das Christentum ist wie das Judentum und der Islam, wie noch jede Religion, eine Beleidigung nicht nur des Menschseins, vielmehr auch dessen, was je war, ist und jemals sein wird. Ein Verleugnen der Welt, das einem den Atem raubt!
Was heißt es, erwachsen zu werden? Auf eigenen Füßen zu stehen? Die Welt ist so viel größer als der weihrauchgeschwängerte Obskurantismus, auf den nicht wenige Menschen - wie traurig! - allen Ernstes ihr Leben bauen.
Nein, es gehört mehr dazu, als ein frommes Gesicht zu machen, das Knie zu beugen und ein Kreuz zu schlagen. Als "Weihnachten" zu feiern. Nichts davon wird der Erhabenheit der Welt auch nur ansatzweise gerecht.
Mit gottlosen Grüßen
S. H.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Hallo Herr Höfer, vielen Dank für die klaren Worte, es tut gut zu lesen, dass es Menschen gibt
die das Leben genauso sehen wie man selbst.
awmrkl am Permanenter Link
Beeindruckender "Rant". Danke.
Rainer Bolz am Permanenter Link
Grabreden dürfen auch von Angehörigen gesprochen werden.
Ich bin froh, dass ich für meinen lieben Vater diese Möglichkeit hatte, für meine Mutter kommt ohnehin nichts anderes in Frage.