Große Mehrheit für Selbstbestimmung am Lebensende

Sterbehilfe nicht in den Hinterhof drängen

Geht es nach kirchennahen ÖVP-Gruppierungen, soll nun ein Verfassungsgesetz verabschiedet werden, das die aktive Sterbehilfe unterbindet. Hier fürchtet die Österreichische Gesellschaft für ein humanes Lebensende (ÖGHL), dass mit einem Verfassungsgesetz generell das Recht auf Sterbehilfe unterlaufen und die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) pro Sterbehilfe durch die Hintertür ausgehebelt werden könnte.

"Ein solches Verfassungsgesetz wäre sachlich falsch, politisch durchsichtig und gesellschaftlich gefährlich. Die Politik hat das Urteil des VfGH zu respektieren und nicht, es zu umgehen. Derartiges Vorgehen untergräbt das Vertrauen in Verfassung, Justiz, Politik und Rechtsordnung", zeigt sich Wolfgang Obermüller, Politiksprecher der ÖGHL, besorgt. An die ParlamentarierInnen appelliert Obermüller, einem solchen Gesetzesvorschlag die Zustimmung zu verwehren.

Kritik an Edtstadler

Kritik von der ÖGHL kommt in Bezug auf die Aussage von Karoline Edtstadler, Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt, wonach eine "Kommerzialisierung" der Sterbehilfe verboten sein und ein "Werbeverbot" für Sterbehilfevereine verfügt werden soll.

"Professionelle Arbeit funktioniert nur, wenn sie auch bezahlt wird. Sie darf nicht in den Hinterhof gedrängt werden. Was etwa für Bestattungsunternehmen und Hospiz-Einrichtungen selbstverständlich ist, muss auch für Sterbehilfevereine gelten. Niemand würde ernsthaft verlangen, dass Hospizeinrichtungen und Bestattungsunternehmen künftig öffentlich nicht mehr sichtbar sein dürfen und ehrenamtlich arbeiten sollten", sagt Obermüller dazu.

Große Mehrheit für Sterbehilfe

Dass das Selbstbestimmungsrecht am Lebensende für immer mehr Menschen wichtig wird, zeigen auch viele nationale und internationale Umfragen: Eine österreichische INTEGRAL-Umfrage aus dem Frühjahr 2021 zeigte, dass 80 Prozent der Befragten die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs gut finden, wonach es gegen das Selbstbestimmungsrecht verstößt, "Hilfe bei der Selbsttötung" zu verbieten. Rund ein Viertel (23 Prozent) meinte, dass auch aktive Sterbehilfe erlaubt sein sollte. Lediglich 9 Prozent der ÖsterreicherInnen möchten noch gerne am alten Verbot der Sterbehilfe (aus dem Jahre 1934) festhalten. Hingegen verlangt eine Mehrheit von 53 Prozent, dass das Parlament jetzt ein neues Gesetz verabschiedet, welches das Recht auf Sterbehilfe stärkt. Und jeder Zweite kann sich vorstellen, einmal selbst Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen.

"Die Zeiten, wo katholische Minderheiten Gesetze durchsetzen konnten, sollten vorbei sein. Das Parlament möge jetzt ein Gesetz verabschieden, das dem Wunsch der ÖsterreicherInnen nach mehr Selbstbestimmung am Lebensende Rechnung trägt", so Obermüller.

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