Säkulares NetzWerk in Nordrhein-Westfalen (SNW)

Bericht vom und Gedanken zum Frühjahrstreffen der säkularen Verbände in Köln

Parteipolitische Neutralität

Das Säkulare NetzWerk möchte also über Verbands- und Parteigrenzen hinweg säkulare Anliegen in NRW zusammenfassen und politisch wirksam werden lassen. Längst sind viele dieser Anliegen in der Bevölkerung mehrheitsfähig, für andere soll gesellschaftliche Mehrheitsfähigkeit angestrebt, und für diese alle die Sichtbarkeit in Gesellschaft, Politik und zur medialen Wahrnehmung erhöht werden.

In der politischen Verfasstheit des Landes (und natürlich nicht nur in NRW!) finden die Interessen konfessionsfreier und nichtreligiöser Menschen – anders als die der bestens organisierten Religionsgemeinschaften – keine Berücksichtigung (Beispiel Sterbehilfe). Das Säkulare NetzWerk strebt danach, gleiches Recht für alle Menschen in NRW unabhängig von ihrer Religions- oder Konfessionszugehörigkeit (oder eben der Freiheit von dieser) zu erreichen.

Dieser kontinuierlich wachsende Teil der Bevölkerung – so heterogen er auch immer sein mag – sollte für "unsere" Themen interessiert, zu einem Wunsch an gesellschaftspolitischer Teilhabe mobilisiert und letztlich medial sichtbar werden. Denn es gilt nicht nur Mehrheiten zu schaffen, sondern diese in der Gesellschaft so tief zu verankern, dass NRW zukünftig säkular verfasst sein wird.

Es gibt zahlreiche Formate, mit deren Hilfe man gemeinsam oder in Absprache parallel etwas erreichen kann, vor allem muss natürlich sachliche Kompetenz und argumentative Stärke die interessierten Bevölkerungsgruppen erreichen und mit ihnen in wechselseitiger Verstärkung die mediale Wahrnehmung. Daher gilt es auch, den diskursiven Austausch zwischen den einzelnen Gruppen zu stärken, eventuelle Unterschiede zu verstehen und sich ggf. inhaltlich anzunähern, aber auch die Diversität im Detail für Interessierte als "Angebot" bestehen zu lassen.

Bisher hat die Politik die Säkularen als Wählergruppe noch nicht entdeckt. Das SNW fordert einen Politikwechsel in Richtung vollständiger und konsequenter Trennung von Staat und Kirche bzw. auch anderer religiöser Einflussnahme. Diese politische Forderung gilt es auf Einzelthemen hin zu konkretisieren (z.B. Bildungspolitik, Rundfunkrat etc.), und dazu die notwendigen Strukturen zu schaffen.

Die Struktur des SNW

Ehemals gegründet in Düsseldorf, angestoßen von der dortigen GBS-Regionalgruppe (Düsseldorfer Aufklärungsdienst, DA!) in Zusammenarbeit mit der GBS Köln und dem RiR, war schnell klar, dass das Netzwerk sich erweitern muss um die vielen Gruppierungen, welche mit ähnlichen Anliegen und Zielen unterwegs sind.

Neben GBS, HVD und IBKA usw. sollte z.B. auch die Zusammenarbeit mit den säkularen Gruppierungen der politischen Parteien gesucht werden – auch, um letztere zu stärken.

Nun fand also in einem viel größeren Rahmen eine Art zweites Gründungstreffen statt, da nun viele Gruppen hinzugekommen sind und eine breitere Basis geschaffen werden konnte, auf welcher neben der ohnehin zu stärkenden Kooperation der Gruppen untereinander die beschriebenen Aufgaben angegangen werden sollen.

Im Rahmen dieses Treffens des SNW wurde ein Koordinierungsteam gewählt, das aus sieben Teilnehmerinnen unterschiedlicher Gruppierungen besteht.

Es ist das Gremium, das

  • die Aufgaben koordiniert,
  • Arbeitsgruppen bildet, die zuarbeiten,
  • Transparenz innerhalb des SNW herstellt,
  • sich als Sichtungskommission versteht,
  • die Themen in die Organisationen transportiert,
  • Veranstaltungen anregt oder bei deren Koordination hilft,
  • Ansprechpartner für die Presse ist.

Fünf Arbeitsgruppen wurden gebildet, um auf verschiedenen Themengebieten konsensuale Übereinkünfte zu erarbeiten und entsprechende Verlautbarungen und ggf. auch Forderungen zu formulieren.

Diese Arbeitsgruppen gliedern sich wie folgt:

  • AG Säkulare Forderungen, Wahlprüfsteine
  • AG Bildungspolitik
  • AG Landesverfassung
  • AG Satzung/Struktur des SNW
  • AG Menschenrechte, Demokratie, Integration in die säkulare Gesellschaft.

Das Koordinierungsteam und die Arbeitsgruppen werden entsprechende Verlautbarungen entwerfen und damit zu gegebener Zeit an die Öffentlichkeit treten.

Fazit

Sicherlich: die Neuauflage eines "Kirchenkampfes", was man auch immer darunter verstehen mag, wurde nicht ausgerufen. Selbstverständlich ist Konsens, dass jede Frau, jeder Mann ihre/seine Religion (oder eben keine) leben darf, soweit sie nicht gegen die Grundrechte verstößt; nennen wir es doch einfach "säkulare Toleranz". Konsens ist aber auch, dass das Verhältnis Staat - Kirche in NRW dringend auf den Prüfstand gehört.

Bei der Gewichtung der Grundrechte beginnen allerdings schon die Probleme (z.B. Religionsfreiheit versus Körperliche Unversehrtheit), bei anderen untergeordneten Gesetzesbestimmungen sieht das SNW Änderungsbedarf (Beispiel: Bekenntnisschule).

Einig ist man sich beispielsweise darüber, dass "Ehrfurcht vor Gott" nichts in NRW-Gesetzen oder der NRW-Verfassung verloren hat, und "Ehrfurcht vor Gott als vornehmstes Erziehungsziel" nicht nur mit der pluralen Gesellschaft und aufgeklärter Pädagogik unvereinbar, sondern besonders auch unter den jetzigen Umständen zunehmend als geradezu verantwortungslos zu bezeichnen ist.

Interessant dürfte sein, wie sich das Austarieren der hinlänglich beschriebenen Problemfelder in Bezug auf die NGOs und den Parteien gelingen wird: die NGOs, die prioritär Inhalte vor Interessen und Mehrheiten stellen (vergleichbar mit Wissenschaft, Kunst und Philosophie), und die Parteien, deren Aufgabe es ist, nicht selten Inhalte schleifen zu müssen, um Interessen zu Mehrheiten zu verhelfen. Beides bedingt sich gegenseitig, um gesellschaftspolitisch etwas erreichen zu können, das Ausbalancieren bzw. produktive Verwirbeln der teilweise gegensätzlichen Strömungen ist eine immerwährende Herausforderung.

Gleichwohl ist nicht nur diese Herausforderung, sondern sind vor allem die inhaltliche Arbeit sowie deren politische Umsetzung eine Aufgabe, denen sich die Delegierten gerne stellen wollen. Auch wenn für alle Gruppierungen die Arbeit an besagten Themen mehr oder weniger täglich Brot ist, so erzeugte doch diese Vernetzung eine von allen Seiten empfundene positive Aufbruchstimmung innerhalb etwas strukturell Neuem. Und wenn sich auch – wie eingangs vermerkt – die Delegierten des Säkularen NetzWerks "im Schatten des Kölner Doms" versammelten, so bleibt doch festzuhalten, dass es in diesem Schatten selten so "hell" gewesen ist. Das SNW will dafür sorgen, dass dies nicht nur so bleibt, sondern dass das Netzwerk – oder besser dessen gesellschaftspolitische Bestrebungen – in Zukunft noch intensiver und für möglichst viele sichtbar leuchtet.

Henning Bader (ehk – Evolutionäre Humanisten Uni Köln)
Johannes Schwill (SPD-Humanistinnen / HVD / RiR)
Burkhard Wepner
(GBS Köln)