Bibel und Politik: Eine unbeliebte Allianz

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Helsinki
Helsinki

In Finnland steht die konservative Politikerin Päivi Räsänen wegen Volksverhetzung vor Gericht. Auf Twitter hatte sie sich ein homophobes Bibelzitat zu eigen gemacht. Der Fall wirft ein bezeichnendes Licht auf die Frage, ob die Inhalte des "heiligen Buches" noch Platz in politischen Debatten haben. "Nein" sagt eine Mehrheit in Deutschland.

Der Fall ereignete sich 2019, als die frühere Innenministerin einen Auszug aus dem Römerbrief von Paulus zusammen mit einem Bild und einem eigenen, zustimmenden Kommentar auf Twitter postete. Kurz zuvor hatte die Evangelisch-Lutherische Kirche Finnlands ihre Unterstützung für die LGBTI-Parade "Helsinki Pride" bekannt gegeben. Über 68 Prozent der Bevölkerung gehören dieser Kirche an.

Eine christliche Position vertritt auch Päivi Räsänen. Als Mitglied der christdemokratisch-konservativen Partei (KD) war sie zwischen 2012 und 2015 Innenministerin. In ihrem Tweet 2019 verband sie ein Bild mit einem homosexuellenfeindlichen Bibelzitat (Röm. 1,24 – 27) mit der rhetorischen Frage, wie es mit der Bibel zu vereinbaren sei, "Schande und Sünde zum Stolz zu erheben". Ein erster Prozess vor einem Bezirksgericht in Helsinki endete 2022 mit einem Freispruch. Damit folgte das Gericht der Verteidigung, die das Posting durch die Rede- und Meinungsfreiheit gedeckt sah.

Aber sollten Politikerinnen und Politiker überhaupt öffentlich aus der Bibel zitieren? Zumindest in Deutschland ist die Mehrheit dagegen, wie eine repräsentative Befragung zeigt. Demnach finden es rund 41 Prozent der Teilnehmenden nicht in Ordnung, wenn Personen mit einem politischen Amt aus der Bibel zitieren. Nur etwa 32 Prozent befürworten diese Praxis. Zirka 20 Prozent wissen nach eigener Angabe nicht, wie sie zu dieser Frage stehen, etwa 6 Prozent wollen sich dazu nicht äußern.

Die Befragung wurde vom Meinungsforschungsinstitut INSA Consulere im Auftrag der katholisch-konservativen Zeitung Tagespost Anfang September unter 2.010 Personen in Deutschland durchgeführt. Sie sollten ihre Zustimmung beziehungsweise Ablehnung zu folgender Aussage mitteilen: "Ich finde es völlig in Ordnung, wenn Politiker aus der Bibel zitieren."

Selbst unter Kirchenmitgliedern ist die Ablehnung relativ groß. Bei den Protestanten billigt nur eine knappe Mehrheit von 39 Prozent Politikersprüche mit Bibelbezug, während sich 36 Prozent dagegen positionieren. Unter den Katholiken stimmen 41 Prozent zu, aber immerhin 35 Prozent sind dagegen. Der geringste Widerspruch kommt von Mitgliedern der Freikirchen. Nur 25 Prozent lehnen solche Zitate ab, 56 Prozent finden sie in Ordnung.

Bei der politischen Orientierung zeigen sich ebenfalls Unterschiede. Am uneinigsten äußern sich die Wähler von CDU/CSU: Nur eine knappe Mehrheit von 38 Prozent ist dafür, 37 Prozent dagegen. Bei den Anhängern aller anderen Parteien überwiegen die Gegenstimmen, am deutlichsten bei den AfD-Wählern mit 50 Prozent Ablehnung versus 28 Prozent Zustimmung. Unter den Linken-Wählern sind 46 Prozent dagegen, 36 Prozent dafür. Ebenfalls zu 36 Prozent sprechen sich FDP-nahe Personen dafür aus, während von ihnen 44 Prozent Bibelzitate von Politikern ablehnen. Auch bei den Anhängern von SPD und Grünen wird diese Praxis nur von einer Minderheit gebilligt. Bei der SPD sind es 39 Prozent versus 41 Prozent Ablehnung, bei den Grünen 32 Prozent Zustimmung versus ebenfalls 41 Prozent Ablehnung.

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