Türkei

Erdoğan will Hagia Sophia re-islamisieren

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Christlich, muslimisch, säkular: Die Hagia Sophia
Der Innenraum der Hagia Sophia

Sie war einmal die größte Kirche des Christentums, dann wurde sie zur Moschee und schließlich profanisiert: Die fast 1.500 Jahre alte Hagia Sophia in Istanbul. Seit geraumer Zeit arbeitet Staatspräsident Erdoğan daran, sie wieder in ein islamisches Gotteshaus zurückzuverwandeln. Jetzt soll ein Gericht entscheiden – und verweist auf ihn.

Die Zustimmungswerte zu Recep Tayyip Erdoğans islamischer AKP sinken. Derzeit liegen sie laut Umfragen nur noch bei 30 Prozent. Der autoritäre Staatschef regiert zusammen mit der extrem rechten MHP. Immer mal wieder bringt das türkische Staatsoberhaupt das populistische Vorhaben, die weltberühmte wie symbolträchtige Hagia Sophia wieder zur Moschee zu machen, aufs Tapet, wenn es ihm politisch opportun erscheint. Er erhofft sich wohl, so zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und sowohl bei den konservativen Anhängern seiner Partei als auch den Nationalisten, die seinen Koalitionspartner wählen, Pluspunkte zu sammeln: Die Umwandlungsidee ist nicht neu und kommt aus den Reihen der islamischen Fundamentalisten, denen er damit einen Gefallen tun würde. Gleichzeitig zeigt er den Griechen im nach wie vor unterschwellig schwelenden Konflikt Kante, da das Gebäude auch für die christliche Orthodoxie Symbolkraft hat, war sie doch Schauplatz der Kirchenspaltung in Ost und West.

Die "Heilige Weisheit", wie der griechische Name der Kuppelbasilika übersetzt heißt, stammt aus der Frühzeit des Christentums und wurde auf Geheiß des oströmischen Kaisers Justinian in den Jahren 532 bis 539 erbaut. Sie war knapp ein Jahrtausend lang die größte Kirche der Welt, bis die Osmanen sie bei ihrer Eroberung Konstantinopels – wie Istanbul früher hieß – 1453 zur Moschee umwidmeten. 1934 säkularisierte Mustafa Kemal Atatürk dann das Gebäude und machte ein Museum daraus, beten ist dort seitdem verboten.

Dies missachtete der türkische Präsident, als er Ende Mai zur Feier des Jahrestages der osmanischen Einnahme in der Hagia Sophia die Sure der Eroberung aus dem Koran rezitieren ließ und sich per Videoschalte nicht nur daran beteiligte, sondern gar selbst die Predigt übernahm. Immer wieder finden in dem eigentlich säkularen Gebäude islamische religiöse Akte statt, während Päpsten in der Vergangenheit ein Gebet verwehrt worden war. Mit der erneuten Ankündigung, die Hagia Sophia zur Moschee rückerklären zu wollen, wusste Erdoğan christliche Religions- wie außenpolitische Vertreter von Washington bis Moskau zu brüskieren und besorgte bis empörte Reaktionen hervorzurufen. Gleichzeitig sicherte er sich den Beifall der Nationalisten, indem er darauf verwies, dass die Türkei das Recht habe, unabhängig über eine Änderung des Status der Hagia Sophia zu entscheiden.

2018 hatte das Verfassungsgericht die Klage eines Vereins abgewiesen, der die Rückumwandlung des Museums gefordert hatte. Nun gibt es einen neuen juristischen Anlauf, in dem das Verwaltungsgericht klären soll, ob das Dekret Atatürks von 1934 rechtmäßig ist. Die Entscheidung, die für den 2. Juli erwartet worden war, wurde auf die nächsten zwei Wochen vertagt. Der zuständige Staatsanwalt war jedoch der Auffassung, ein Dekret des Präsidenten sei ausreichend, um den künftigen Status des Gebäudes zu bestimmen. Es handle sich dabei um eine politische, keine rechtliche Angelegenheit. Damit dürfte das Urteil bereits gefällt sein.

Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., sprach sich derweil für eine Beibehaltung des Museumsstatus aus, da die Hagia Sophia nicht nur den Eignern des Gebäudes gehöre, sondern der ganzen Menschheit. "Das türkische Volk hat die Verantwortung, die Universalität dieses Monuments hervorzuheben", sagte er laut VaticanNews im Rahmen einer Predigt.

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