Düsseldorf: Weltanschaulich neutral?!

Fünf säkulare Wahlprüfsteine zur Kommunalwahl

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Drei säkulare Organisationen stellten die Haltung der Düsseldorfer Kommunalwahl-KandidatInnen zur Säkularität des Staates auf den Prüfstand. Mehrheitlich tönendes Schweigen der angeschriebenen PolitikerInnen trotz 55 Prozent säkularer Bevölkerung in der Landeshauptstadt. Ein Fazit am Vorabend der Kommunalwahl.

Das Motto der Aktion "Düsseldorf: Weltanschaulich neutral?!" war dabei Frage und Forderung zugleich. Unter dieser Überschrift hatten drei säkulare Organisationen (Düsseldorfer Aufklärungsdienst (DA!), HVD und IBKA) ab Anfang August fünf säkulare Wahlprüfsteine an die über 1.000 Düsseldorfer KandidatInnen der diesjährigen Kommunalwahl versandt.

Mit der Umfrage wollten die religionsfreien Verbände herausfinden, inwieweit die Düsseldorfer PolitikerInnen hinter dem von der Verfassung vorgegebenen Ziel der weltanschaulichen Neutralität des Staates stehen.

In der Landeshauptstadt Düsseldorf sind die Verhältnisse eindeutig: 55 Prozent aller Bürgerinnen und Bürger gehören dort inzwischen keiner Konfession mehr an. Immer mehr Menschen definieren sich selbst als religionsfrei – Tendenz steigend.

Die Auswertung der Wahlprüfsteine ist nun abgeschlossen und auf der Internetseite detailliert nachzulesen. Mit über 90 eingegangenen Antworten ist die Resonanz stärker ausgefallen als erwartet. Auch richtungsweisende Diskussionen wurden innerhalb der Parteien angestoßen.

Parteien-Maulkorb

Auf eine "offizielle", nicht mit den Parteimitgliedern abgestimmte und an der Thematik der säkularen Wahlprüfsteine vorbeizielende "Parteiantwort" des SPD-Unterbezirkvorstands Andreas Rimkus folgte eine Direktive des geschäftsführenden Genossen Günter Freitag an die angeschriebenen SPD-KandidatInnen, von individuellen Meinungsäußerungen abzusehen.

Antwortquote der versendeten E-Mails
Grafik: © Karlo Schmid, Düsseldorfer Aufklärungsdienst

"Dass mitunter die Parteiführungen oder Wahlkampfmanager versuchten, den Kandidatinnen und Kandidaten die Antworten vorzugeben, ist bemerkenswert, aber durchaus nicht überraschend", erklärt Ricarda Hinz vom Düsseldorfer Aufklärungsdienst, "typischerweise gehört für politische Führungskräfte die Einbindung in kirchliche Organisationen zur Karrierestrategie."

Die Säkularen SozialdemokratInnen in NRW – eine säkulare Gruppe innerhalb der SPD, der nach wie vor der Status eines Arbeitskreises verwehrt wird – reagierten prompt: Auf den parteiinternen "Maulkorb" folgte ihre offizielle Replik an die Düsseldorfer SPD-Spitze und die -KandidatInnen, zusammen mit einer kenntnisreichen Beantwortung der fünf Wahlprüfsteine, die unter anderem an die säkularen Wurzeln der Partei erinnert.

Die individuellen Rückmeldungen einiger Genossen, die sich nicht an die Parteivorgabe hielten, erscheinen in diesem Licht besonders lesenswert. Auch in der FDP weichen manch junge Kandidaten in ihren Antworten mit faktenbasierten und individuellen Argumenten vom Partei-Standard ab.

Die CDU erweist sich im Rahmen der Aktion als die mit Abstand erfolgreichste Partei, vorausgesetzt "Linientreue" wird an dieser Stelle als Tugend interpretiert. Zahlreiche CDU-KandidatInnen verweisen in ihren Antworten direkt auf das offizielle Partei-Feedback oder nutzen das Copy-/Paste-Verfahren. "Wir sind als CDU bekanntlich weltanschaulich nicht neutral", lautet eine besonders vielsagende Antwort aus Reihen der CDU.

Nachzulesen sind aber auch einige sehr persönliche und lesenswerte Äußerungen über alle Parteigrenzen hinweg, die eine intensive Beschäftigung mit den Themenfeldern weltanschauliche Neutralität, kirchliches Arbeitsrecht, Weltanschauungsschulen, kirchlicher Immobilienbesitz und Förderung der Aufklärung verraten. Dennoch: Über 900 KandidatInnen haben nicht auf die Wahlprüfsteine reagiert.

Von den fünf Spitzenkandidaten der Oberbürgermeister-Liste waren es gerade zwei, die der Bitte der Initiatoren um Stellungnahme entsprochen haben. Alle fünf Spitzenbewerber für das höchste Amt der Stadt waren hingegen der Einladung der Katholischen Kirche in Düsseldorf zu einer Podiumsdiskussion am 19. August gefolgt. Eine geplante Online-Veranstaltung der Initiatoren DA!, HVD und IBKA mit zugeschalteten PolitikerInnen und Experten konnte leider aus Krankheitsgründen nicht wie geplant am 1. September stattfinden – ein Folgetermin steht noch aus.

Mit zahlreichen Rückmeldungen können die Organisatoren indes nicht zufrieden sein: Bestehende Verhältnisse werden oftmals seitens der Befragten nicht infrage gestellt, der Widerspruch zum Grundgesetz nicht gesehen. Doch stimmen einige Antworten auch hoffnungsfroh und sind geeignet, die Diskussion voranzubringen. So sieht man quer durch alle Parteien einen deutlichen Handlungsbedarf in Bezug auf Veränderungen bis hin zur Abschaffung des kirchlichen Arbeitsrechts.

Eines ist den drei Organisationen auf jeden Fall gelungen: Die vom Grundgesetz bereits vorgeschriebene Trennung von Staat und Kirche bei PolitikerInnen und WählerInnen in Erinnerung zu rufen und sich weiterhin als säkulare Stimme innerhalb der politischen Szene in Düsseldorf zu etablieren.

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