Rezension

Von Glücksschweinen und Tierethik

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"Freddy, das Glücksschwein" erzählt die Geschichte von einem Ferkel, das Schwein hatte. Doch es ist nicht einfach eine lustige Erzählung für Kinder, sondern ein Bilderbuch, das sich kindgerecht mit tierethischen Fragen auseinandersetzt. Neben der Geschichte ziehen auch die einfühlsamen und stimmungsvollen Illustrationen die Leser*innen in den Bann.

Erneut hat die renommierte Sachbuch- und Hörspielautorin Daniela Wakonigg, den geneigten Leser*innen des hpd bestbekannt als Verfasserin ebenso fundierter wie pointierter Beiträge, sich in das schwierige Metier des Kinderbuches gewagt. Schwierig deshalb, weil ein gutes Kinderbuch nicht einfach ein sprachlich vereinfachtes Erwachsenenbuch ist – kürzere Sätze, unkomplizierter Satzbau, simplere Grammatik usw. –, sondern sich in Sprache und Vorstellungswelt der angesprochenen Leser*innenschaft bewegen muss. Daniela Wakonigg ist das mit ihrem neuesten Kinderbuch wieder einmal vortrefflich gelungen: in der Geschichte von "Glücksschwein Freddy" holt sie ihre kleinen Leser*innen – ebenso wie die großen, die das Buch nicht minder gespannt lesen werden – in deren ganz eigener Sprache ab, ohne, wie das die Crux so vieler Kinderbücher ist, im Anspruch, besonders "kindgerecht" sein zu wollen, tatsächlich nur gnadenlos infantilisierend daherzukommen. Und ohne auf "heile Welt" zu machen, wie dies fast durchgängig der Fall ist, wenn es um Tiere geht.

Beispielbild
Freddy im Tiertransporter © Joachim Sohn/Alibri

Das Buch erzählt die Geschichte von Schweinchen Freddy, das keineswegs immer so hieß. Zusammen mit tausenden anderer Ferkel lebte Freddy in einem riesigen Schweinemastbetrieb. Statt eines Namens hatte er nur eine eingestanzte Ohrmarke, auf der Nummer 221070  stand. Eines Tages kamen Männer in weißen Anzügen, die alle Ferkel, auch Nummer 221707, von ihren Müttern weg in einen großen Lastwagen trieben. Während der Fahrt gelingt es 221070, sich durch einen Spalt in der Bordwand zu zwängen und auf die Fahrbahn zu springen. Unverletzt landet er auf dem Seitenstreifen. Eine nachfolgende Autofahrerin, die den Sprung beobachtet hat, hält sofort an und nimmt sich des verängstigten kleinen Schweinchens an.

Beispielbild
Freddy im Glück © Joachim Sohn/Alibri

Letztlich kommt es auf einen ehemaligen Bauernhof hoch oben im Norden, auf dem alte und ausrangierte Tiere aus der Landwirtschaft ein Leben in Sicherheit und Freiheit verbringen dürfen. Hier erhält Freddy seinen Namen und hier erfährt er von den anderen Tieren auf dem Hof, welch Riesenschwein er doch hatte: all seine Geschwister und all die anderen Ferkel, die mit ihm in dem LKW unterwegs waren, waren auf dem Weg ins Schlachthaus. Sie sind tot, verarbeitet zu Wurst und Schweineschnitzel. "Nun wusste Freddy also, was es bedeutete, ein Glücksschwein zu sein. Und er wusste, dass die meisten Schweine keine Glücksschweine sind. Und die meisten Hühner keine Glückshühner. Und die meisten Kühe keine Glückskühe."

Nein, es ist keine "lustige Kindergeschichte", die Daniela Wakonigg da erzählt. Auch die Illustrationen von  Animationsdesigner Joachim Sohn zeigen alles andere als "heile Tierwelt". Und doch vermittelt die Geschichte von "Glücksschwein Freddy" ein Gefühl der Zuversicht, dass es auch anders gehen könnte im Umgang von Menschen mit Tieren. Zumal die Geschichte nicht erfunden ist: Freddy gibt es wirklich, er sprang wirklich aus einem LKW auf dem Weg zum Schlachthaus, und er lebt wirklich in einem Tierasyl – Hof Butenland – an der Nordsee.

Daniela Wakonigg/Joachim Sohn: Freddy, das Glücksschwein. Alibri 3/2020. ISBN 978-3-86569-268-9. 40 Seiten, kartoniert. 16,00 Euro. Ab 6 Jahren.

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