Zwei Jahre Intensiv-Christentum gehen zu Ende: Die evangelische Kirche hat kein Geld mehr für Jana, die christliche Youtuberin mit dem ekstatischen Kinderglauben.
Am Ende knallt eine Tür. Jana, die christliche Youtuberin, hat wieder einmal zehn Minuten am Stück in die Kamera gelächelt, hat beglückt an die Studiodecke geschaut, als trompeteten und fanfarten dort schwebend der Engel Scharen, hat Gott dem Herrn gedankt für die wundervolle Zeit, die hinter ihr – und noch viel mehr für all das Tolle, was nun vor ihr liegt. Jana platzt fast vor Glück über ihre 22.000 Follower, über das "Erbe", das sie hinterlasse, nun da sie "mit lächelndem Herzen" weggehe. Dies alles, ist sich Jana sicher, "wäre nicht gelungen, stünde da nicht die Gnade Gottes neben uns, die Gunst Gottes über uns", und aus all dem destilliert sie ihre frohe Botschaft: "Jana", sagt Jana, "glaubt weiter!"
Nur dass sie eben nicht mehr von der evangelischen Kirche dafür bezahlt wird. Zwei Jahre lang hat die nun 22-Jährige auf ihrem eigenen Kanal den christlichen Glauben dekonstruiert, ihre Theologie beschränkte sich auf die drei Gebote "Gott liebt mich total", "Gott liebt mich noch mehr total" und "Hey, alles wird gut!" So wurde sie zu einer weiteren Offenbarung, wie wenig Religion heute noch in der Religion ist, und wie kaum noch etwas von ihr übrig bleibt als eine selbst induzierte Stimmungsaufhellung für Menschen, denen sonst vielleicht alles zu viel werden würde. Zwei Jahre lang hat Jana Highholder ihre strahlend weißen Zähne hingehalten, hat uns mitgenommen in ihre Teeküche, hat in die Kamera geweint, weil sie Probleme beim Medizinstudium hatte, oder weil ihr Großcousin (Was ist ein Großcousin?) heiratete. Sie hat Corona bekommen und darin "eine Glaubensprüfung" erkannt, hat uns wissen lassen, dass Schöpfung und Evolution einander nicht ausschlössen, hat bekannt, dass sie im Fall einer Ehe von einem starken Mann sich führen lassen wolle, so wie Jesus seine Gemeinde geführt habe – und bei allem sah man immer zu mit einer Beimengung von Mitleid und Fremdscham und dachte sich: Gäbe es einen Gott, so hätte er seiner Verkünderin doch vielleicht ein klitzekleines bisschen mehr Grips mitgegeben.
Nun ist sie vorbei, die große Zeit. Jana auf ihrem Sofa hat sich tapfer durch das letzte Video gekämpft, die Produktionsfirma setzt nun für ihr "Contentnetzwerk" Yeet auf einen Haufen neuer Verkünder. Jana aber scheint nicht mehr bezahlbar, und sie reagiert, natürlich, wie sie auf alles reagiert: mit einer zwanghaften Freude. Sie ist ja so dankbar! Dann steht sie auf vom Sofa, entschwindet aus dem Bild. Und eine Tür knallt. Wir werden Jana ein bisschen vermissen.
7 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Wir werden Jana ein bisschen vermissen."
Nein!
Rainer Praetorius am Permanenter Link
So sehr ich dein beherztes „Nein!“ nachvollziehen kann, lieber Bernd, solltest Du auch an die vielen Freunde der Realsatire denken. Man hat ja schließlich in Corona-Zeiten nicht so viel zu lachen.
Junius am Permanenter Link
Ich werde sie nicht vermissen. Ich wußte ja nicht mal, daß es sie gab!
A.S. am Permanenter Link
"Jesus liebt Dich" ist der Köder der Kirchen für alle Liebesbedürftigen. Heranwachsende, Trennungsopfer, jung Verwitwete. Jana war wohl als Lockvogel für die Heranwachsenden gedacht.
Manfred Schleyer am Permanenter Link
Warum (ge-)braucht ein allmächtiges Dingsbums überhaupt irgendeinen Menschen, wenn es uns etwas mitteilen will? Ganz genau wie die rund 3000 anderen, erfundenen Gottheiten?
Michael Kröger am Permanenter Link
Ich denke mit dem Erfolg kam die Gier. Jana wollte wahrscheinlich mehr Geld.
Wie bei Serienschauspielern, die ihre Gehaltsforderungen überziehen.
M. Landau am Permanenter Link
... und ich habe davon mal wieder nichts mitbekommen.