Das Nicht-Glauben hat viele Gesichter. Im Rahmen der hpd Themenwoche Nicht-Glauben zeigen wir einige davon. Hier: Colin Goldner.
Auf persönlicher Ebene ist es mir vollkommen gleichgültig, ob jemand an Engel, Geister oder sonstig über- oder außerirdische Wesen und Wirkmächte glaubt. Solange ich das nicht auch muss. Glaube ist reine Privatsache. Jeder hat das Recht, an alles und jedes zu glauben, was ihm beliebt, egal ob das der Glaube an das Ungeheuer von Loch Ness ist, an die unbefleckte Empfängnis Mariens oder an UFO-Botschaften von den Plejaden; nicht zu vergessen die zweiundsiebzig wartenden Jungfrauen im Jenseits. Jeder hat insofern das Recht, seine höchstpersönlichen Spinnereien zu kultivieren.
Problematisch wird das Ganze erst dann, wenn der jeweilige Glaube krankheitswertig wird. Und das wird er oft, nicht nur der fortschreitenden Einschränkung der Fähigkeit zu selbstverantwortlichem Entscheiden und Handeln wegen, sondern vor allem aufgrund der steten Gefahr eines Abgleitens in psychotische Wahnzustände, die oftmals dazu führen, dass der Gläubige seinen Glauben nicht mehr als Privatsache ansieht, sondern andere davon überzeugen zu müssen glaubt.
PS: In mehr als dreißigjähriger psychotherapeutischer Praxis habe ich keine Klientin und keinen Klienten erlebt, deren Probleme nicht mit irgendeinem irrationalen, sprich: religiös durchsetzten Glaubenssystem verknüpft gewesen wären.
Colin Goldner
Colin Goldner ist Psychologe und Wissenschaftsjournalist. Er ist Leiter des Great Ape Projects (GAP), das sich für dafür einsetzt, dass Menschenaffen Grundrechte gewährt werden.
27 Kommentare
Kommentare
Andreas Lichte am Permanenter Link
@ Colin Goldner
grundsätzlich stimme ich zu. Allerdings 2 Anmerkungen:
1. nicht alles was "irrational" ist, ist "religiös".
2. der Mensch ist kein "rationales Wesen". Ich habe an der "Universität der Künste Berlin" studiert. Die Ideen, die eindimensional "rational" waren, waren fast immer schlecht. Wenn man nicht wußte, woher die Ideen kamen, war die Chance viel größer, dass sie gut waren ...
Matheist am Permanenter Link
Herr Lichte, es ist unrichtig, alles in eine künstliche Dichotomie rational vs. irrational zu pressen.
Andreas Lichte am Permanenter Link
@ Matheist
Danke! für die Verbesserung meines Kommentars: es ging mir darum, zu zeigen, dass es kein "Entweder – Oder" gibt ... allerdings sind "Emotionen" doch wohl eher "irrational", oder?
Und jetzt lesen Sie vielleicht noch mal die "Standard"-Religionskritik bei hpd (ich meine nicht Colin Goldner), was fällt Ihnen da auf?
Thomas am Permanenter Link
"Wenn mich ein Musikstück erfreut, dann ist das weder rational noch irrational"
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Andreas Lichte am Permanenter Link
@ Thomas
entscheidend ist für mich – wie es auch am Beispiel der "Musik" deutlich wird –, dass der Mensch kein eindimensional "rationales Wesen" ist. Die "Freude" kommt woanders her, meinetwegen aus dem "nicht-rationalen" (statt "irrationalen") Bereich.
Thomas am Permanenter Link
"entscheidend ist für mich – wie es auch am Beispiel der "Musik" deutlich wird –, dass der Mensch kein eindimensional "rationales Wesen" ist."
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Andreas Lichte am Permanenter Link
@ Thomas
... und wieso ist dann "gebetsmühlenartig" bei hpd zu lesen: "rational, evidenzbasiert" ... was soll das sein? eine schlechte Parodie des Lebens?
Thomas am Permanenter Link
"... und wieso ist dann "gebetsmühlenartig" bei hpd zu lesen: "rational, evidenzbasiert" ... was soll das sein?"
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Andreas Lichte am Permanenter Link
@ Thomas
Woher wissen Sie, dass ich erst noch lernen muß, "wie Wissenschaft funktioniert"?
Ich sag jetzt einfach mal: "Sie GLAUBEN, das zu wissen ..."
Thomas am Permanenter Link
"Woher wissen Sie, dass ich erst noch lernen muß, "wie Wissenschaft funktioniert"?"
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Andreas Lichte am Permanenter Link
@ Thomas
geht’s noch ein bisschen überheblicher? Schwer vorstellbar, aber Sie bekommen das schon hin ...
Natürlich kann ich etwas mit den Begriffen "rational" und "evidenzbasiert" anfangen, aber Sie scheinen nicht zu verstehen, dass das Leben "etwas" mehr ist, als "rational" und "evidenzbasiert" ...
Übrigens treffe ich mich gleich mit einem Profi-Musiker, um ein Lied aufzunehmen, in "e-moll" ...
Thomas am Permanenter Link
"Natürlich kann ich etwas mit den Begriffen "rational" und "evidenzbasiert" anfangen,"
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Dann nerven Sie mich bitte nicht mit rhetorischen Fragen!
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Diese Annahme ist nicht evidenzbasiert (siehe meinen Beitrag vom 16.6.). Die Begriffe "rational" und "irrational" beziehen sich auf das Glauben und entsprechende Verhalten des Menschen und der Begriff "nicht-rational" auf seine emotionalen Zustände, bzw. Prozesse. Was wollen Sie denn mehr?
Andreas Lichte am Permanenter Link
@ Thomas
Sie fragen: "Was wollen Sie denn mehr?"
Nichts mehr. Sie haben geschrieben, was ich erwartet hatte ...: willkommen in der Freude-freien-Zone!
Thomas am Permanenter Link
Was faseln Sie da nur? Freude IST eine Emotion, und auch Rationalisten empfinden sie!
Andreas Lichte am Permanenter Link
@ Thomas
"Freude IST eine Emotion, und auch Rationalisten empfinden sie!"
bei dem "Beton", den Sie schreiben, frag ich mich, ob Sie überhaupt "wissen", was eine "Emotion" ist ...
Thomas am Permanenter Link
"bei dem "Beton", den Sie schreiben, frag ich mich, ob Sie überhaupt "wissen", was eine "Emotion" ist ..."
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Andreas Lichte am Permanenter Link
@ Thomas
"Ich verabschiede mich", schreiben Sie, und demonstrieren zum Abschied noch einmal Ihre geistige Überlegenheit ... Zitat Thomas:
"... brauche ich mich NICHT mehr zu fragen, ob Sie wissen, was Analytische Philosophie und Wissenschaft sind und wozu wir sie brauchen ..."
... "brauchen", "brauchen" ... na, wenn Sie das brauchen ... Ade!
Roland Fakler am Permanenter Link
Das Problem ist doch, dass Religion oft anderen Schaden zufügt!
Johann Dirry am Permanenter Link
die Aussage "Jeder hat das Recht, seine höchstpersönlichen Spinnereien zu kultivieren" halte ich für einen moralischen legalismus (argumentum ad iuris).
Aus ethischer Sicht schaut es nämlich anders aus, denn hier gilt die Intellektuelle Verantwortung: jeder Mensch ist für sein Glaubenssystem verantwortlich und muss dieses hinterfragen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Intellektuelle_Verantwortung
Elke am Permanenter Link
@Johann Dirry: Ich meine, sie haben die Aussage "Jeder hat das Recht, seine höchstpersönlichen Spinnereien zu kultivieren" gründlich missverstanden, wenn Sie sie für einen "moralischen legalismus (argum
Thomas am Permanenter Link
"Es ist mir wurst (oder tofu), was andere glauben, solange sie mich und andere damit in Ruhe lassen."
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pavlovic am Permanenter Link
Vielen Dank @Dirry für den Hinweis bezüglich legalistischer Ethik und Intellektueller Verantwortung, sehr erhellend.
Elke am Permanenter Link
@pavlovic: Wo und wie stehen Sie denn in Diskussion mit "radikalen Veganern"? Und wer genau soll das denn sein???
Hier ein Gedankenanreger: Die Argumente gegen die Tierrechtsbewegung (die Sie vermutlich mit dem Begriff der "radikalen Tierschutzbewegung" meinen) sind weitgehend identisch mit denen, die vor 200 Jahren gegen die Sklavenhaltung und bis vor gar nicht so langer Zeit gegen Rassendiskrimierung vorgebracht wurden. Ersetzen sie einfach mal die Begriffe "Tierrecht" durch "Menschenrecht", dann wir Ihnen vielleicht ein Licht aufgehen: "Man hat mit der Menschenrechtsbewegung (Antisklavereibewegung) den Boden der vertrauensvollen Koexistenz aufgegeben und setzt langfristig auf Mittel des Strafrechts und der Verbote mit denen man versucht seine Mitmenschen zu zwingen - wenn sie sich nicht schon bekehren lassen."
pavlovic am Permanenter Link
@Elke freut mich zu hören dass Sie sich nicht in radikalen Kreisen bewegen ;-) Wegen Ihres Vergleichs mit der Menschenrechtsbewegung, die hinkt ganz gewaltig.
Elke am Permanenter Link
@pavlovic: Ich will mich weiter nicht mit Ihnen und Ihren posts befassen.
Gehen Sie zurück ins Antiveganforum, das Sie ja als Quelle Ihrer Erkenntnisse angeben. Da sind Sie besser aufgehoben als auf hpd. Ende meiner Diskussion mit Ihnen.
pavlovic am Permanenter Link
@Elke, Liebe Elke, sie posten hier anonym und leider bestätigen Sie mein Vorurteil das ich bisher bei "vegan-Debatten" gewinnen konnte. Sie schreiben herablassend ich würde "daherquatschen".
Thomas am Permanenter Link
"Problematisch wird das Ganze erst dann, wenn der jeweilige Glaube krankheitswertig wird."
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"Und das wird er oft, nicht nur der fortschreitenden Einschränkung der Fähigkeit zu selbstverantwortlichem Entscheiden und Handeln wegen, sondern vor allem aufgrund der steten Gefahr eines Abgleitens in psychotische Wahnzustände, die oftmals dazu führen, dass der Gläubige seinen Glauben nicht mehr als Privatsache ansieht, sondern andere davon überzeugen zu müssen glaubt."
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Versucht nicht jeder, der diskutiert, publiziert und Vorträge hält, andere von seinem Glauben zu überzeugen? Daran ist doch auch nichts zu beanstanden, solange man keine Falschaussagen verbreitet, die von Anderen für wahr gehalten werden könnten.