Gesellschaftliche Repräsentation konfessionsfreier Menschen stärken

Kirchen verlieren weiter an Relevanz

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Leere Kirchenbänke
Kirchenbänke

Die Ende Juni 2020 veröffentlichten Kirchenstatistiken 2019 zeigen: In Deutschland verzeichnen die katholische Kirche und die evangelischen Landeskirchen für das vergangene Jahr einen Rekord an Kirchenaustritten. So betrug der Anteil der Kirchenmitglieder an der Gesamtbevölkerung Ende 2019 nur noch rund 52 Prozent.

Der Humanistische Verband Deutschlands – Landesverband Rheinland-Pfalz/Saarland e. V. (HVD RLP/Saar) fordert deshalb erneut, dass konfessionsfreie Menschen verstärkt in öffentlich-rechtlichen Gremien und anderen entsprechenden Institutionen repräsentiert werden.

Nach Meldungen der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am 26. Juni 2020 verließen im vergangenen Jahr rund 273.000 Katholiken und 270.000 Protestanten die Kirchen. Die Zahl der Kirchenmitglieder sank damit in Deutschland auf 22,6 Millionen Katholiken und 20,7 Millionen Protestanten. Der HVD RLP/Saar sieht in den Rekordzahlen einen Beleg für den sich seit Jahren verstärkenden Wandel der Gesellschaft hin zu mehr Pluralität und Vielfalt.

"Die Konfessionsfreiheit ist ein wesentlicher Bestandteil der Religionsfreiheit. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung hat sich dafür entschieden. Wir wissen als Ansprechpersonen und Interessenvertretung konfessionsfreier Bürgerinnen und Bürger, dass einem Austritt aus der Kirche oft eine sehr bewusste Entscheidung zu Grunde liegt, die sich an positiven humanistischen Werten ausrichtet. Diese Menschen setzen sich in vielen gesellschaftlichen Bezügen ein für Freiheit, Menschenwürde und Menschlichkeit", so die Vorsitzende des Landesverbands Hedwig Toth-Schmitz.

Dieser stetig wachsende Teil der Zivilgesellschaft ist allerdings kaum in den Institutionen repräsentiert. Das ist bedauerlich und nicht mehr angemessen. So würdigen Parlamente beziehungsweise Räte, aber auch öffentlich-rechtliche Gremien zum Beispiel des Rundfunks die Anliegen der Konfessionsfreien nicht hinreichend. Es besteht ein eklatantes Missverhältnis verglichen mit der Berücksichtigung von Religionsgemeinschaften.

Der HVD RLP/Saar fordert deshalb erneut, den Humanistinnen und Humanisten in Rheinland-Pfalz und im Saarland in den entsprechenden Gremien eine Stimme zu geben. Der Verband fordert, aktiv beteiligt zu werden zum Beispiel in den Bereichen Bildung (Stichworte: Ethikunterricht, Schulgottesdienste), im Gesundheits- und Sozialwesen (Stichwort: Diskriminierung konfessionsfreier Fachkräfte) oder bei der Selbstbestimmung am Lebensende. Darüber hinaus fordert der HVD RLP/Saar mehr Transparenz bei den Staatshilfen und der Finanzierung kirchlicher Einrichtungen.

Knapp 37.000 Katholiken weniger in Rheinland-Pfalz und dem Saarland

Die Kirchen bestätigten bereits in einer 2019 gemeinsam veröffentlichten Untersuchung zur Entwicklung der Kirchensteuer1, dass der Rückgang "stärker auf Tauf-, Austritts- und Aufnahmeverhalten als auf demografischen Faktoren" basiert.

Der Trend verstärkte sich im vergangenen Jahr. Das zeigen die folgenden Zahlen aus der Statistik der katholischen Kirche: So verstarben 19.085 Mitglieder der katholischen Kirche in Rheinland-Pfalz, im Saarland waren es 7.612. Für einen bewussten Austritt entschieden sich im selben Zeitraum fast genauso viele Menschen: 18.158 in Rheinland-Pfalz, 6.303 im Saarland. Demgegenüber wurden im selben Zeitraum nur knapp halb so viele Menschen katholisch getauft: in Rheinland-Pfalz nur 10.959 Menschen, im Saarland nur 3.378 Menschen.

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  1. Langfristige Projektion der Kirchenmitglieder und des Kirchensteueraufkommens in Deutschland, Forschungszentrum Generationenverträge an der Albert-Ludwig-Universität Freiburg, 2019 ↩︎