Österreich

Kirchenfinanzierung durch Gemeinden – ein bislang wenig beachtetes Thema

village-5417526_1920.jpg

"In vielen Fällen werden die Strom- oder Gaskosten der Kirche von der Gemeinde übernommen." (Symbolbild)

Nicht nur von Staat und Land werden Religionsgemeinschaften kräftig durch die öffentliche Hand finanziert, sondern auch auf der Ebene der Kommunen. Die Atheisten Österreich haben die Finanzierung der Religionsgemeinschaften auf Gemeindebene unter die Lupe genommen.

Einige Kategorien der Finanzierung von Religionsgemeinschaften aus öffentlichen Mitteln sind wohlbekannt: Staatliche "Entschädigungen" für die Folgen des Zweiten Weltkriegs, die öffentliche Finanzierung des Religionsunterrichts und von Theologieprofessuren, Steuerbegünstigungen und so weiter.

Dass Gemeinden auch Geld für kirchliche Zwecke ausgeben, war natürlich lange bekannt; das Buch "Gottes Werk und unser Beitrag" nennt bereits Beispiele. Allerdings war es damals im Jahr 2011 schwierig, an vollständige Daten von allen Gemeinden zu kommen.

Dies hat sich in den letzten Jahren geändert. Immer mehr Daten stehen offen unter sogenannten Open-Data-Lizenzen zur Verfügung. Für die Rechnungsabschlüsse und Budgets der Gemeinden gibt es die Seite "OffenerHaushalt.at". Dort haben aktuell 1.222 von den circa 2.000 Gemeinden Österreichs ihre Finanzen offengelegt. Die Daten stehen auch auf dem österreichischen Open-Data-Übersichtsserver "data.gv.at" unter der Lizenz "Creative Commons Namensnennung 4.0 International" bereit.

Die Gemeinden sind gesetzlich verpflichtet, ihre Finanzdaten in einem maschinenlesbaren Format zu veröffentlichen, und die Mehrheit kommt dieser Verpflichtung auch nach. Für diese Analyse konnten wir auf 1.191 Rechnungsabschlüsse von Gemeinden aus dem Jahr 2019 zurückgreifen; dies entspricht zwar nur circa 60 Prozent der Gemeinden, aber 7,07 Millionen EinwohnerInnen, also 79,7 Prozent der Bevölkerung im Jahr 2019. Das zeigt also, dass tendenziell größere Gemeinden diese Daten auf der Open-Data-Seite anbieten. Die Landeshauptstädte sind zum Beispiel vollständig dabei.

Interessant ist in den Rechnungsabschlüssen die Kategorie "390 Kirchliche Angelegenheiten". Man erhält sie beispielsweise, indem man auf OffenerHaushalt.at die Gemeinde sucht, auf "Detailansicht VRV97" klickt, und dann in der Kategorie "3 Kunst, Kultur und Kultus" zu "39 Kultus" weitergeht.

Für die Gesamtbetrachtung lassen sich alle Daten herunterladen, entsprechend filtern und zusammenfassen. Dies ergibt für die 1.191 Gemeinden mit offen zugänglichem Rechnungsabschluss eine Summe von 9.819.053,38 Euro im Jahr 2019. Da diese aber nur 79,7 Prozent der Gesamtbevölkerung repräsentieren, ist eine Hochrechnung auf 12,32 Millionen Euro realistisch.

Nicht jede Gemeinde hat in dieser Kategorie überhaupt etwas angegeben. Wien zum Beispiel, die größte Gemeinde und gleichzeitig Bundesland, weist gar nichts aus. Falls in Wien die Gemeinde kirchliche Zwecke finanziell unterstützt, dann sind diese Ausgaben in einer anderen Kategorie erfasst.

Fehlzuordnungen sind natürlich in beide Richtungen möglich (also Ausgaben für religiöse Zwecke, die in einer anderen Verrechnungskategorie landen, aber auch Mittel für säkulare Aufgaben, die fälschlicherweise in "Kirchliche Angelegenheiten" erfasst sind). Aber dies sind die Daten, die vorliegen, und die Fehlzuordnungen können in der Zukunft leicht berichtigt werden. Die Daten im Subventions-Checker von OffenerHaushalt.at zeigen, dass Ausgaben an kirchliche Organisationen auch in vielen anderen Bereichen vorkommen: Bildung, Kultur, Soziales. Wenn man dort nach "Kirche", "Kathol", "Evangel" oder "Islam" sucht, kommt man leicht auf über 2,5 Millionen Euro nur von den dort gelisteten Gemeinden, die nicht als Kultus ausgewiesen sind. Es wird auch niemanden in Österreich wundern, dass der überwiegende Teil der Förderungen, weit über dem Anteil der katholischen Bevölkerung, der katholischen Kirche zufällt.

Die folgenden Zahlen beziehen sich auf Gemeinden, die die Kategorie 390 ausweisen.

Wie verteilen sich die Ausgaben auf die Bundesländer?

Beispielbild

Die Verteilung ist sehr ungleich. Während in Kärnten die Pro-Kopf-Ausgaben für kirchliche Zwecke in den Gemeinden, die solche ausweisen, nur 60 Cent betragen, ist diese Zahl im Bundesland Salzburg mehr als elfmal so hoch. Ein gewisses West-Ost-Gefälle ist zu beobachten, an zweiter Stelle kommt Tirol, an dritter Stelle Vorarlberg. 

Wofür geben die Gemeinden das Geld aus?

Viele Gemeinden veröffentlichen noch detailliertere Daten. Dies ist dann der Fall, wenn auf der Seite der Gemeinde bei OffenerHaushalt.at unter "Verfügbare Finanzdaten" die Kategorie "Rechnungsabschluss 2019 (Quelle: Gemeinde)" existiert. Die Daten für 2019 gibt es immerhin von 586 Gemeinden. 

Hier ist die Spalte "Kontobezeichnung" interessant. Die Inhalte sind nur halb standardisiert, die Gemeinden können eigene Bezeichnungen eintragen, aber viele nutzen dieselben Namen. Daher erfahren wir einige Posten als Summe, andere wiederum als Ausgaben einzelner Gemeinden.

Beispiele:

  • Instandhaltung von Gebäuden: 114.991,11 Euro (in der Kategorie 390, also von den Gemeinden als kirchliche Ausgabe definiert)
  • Sanierungsbeiträge Kremser Kirchen: 98.500,00 Euro (das ist offensichtlich nur eine Gemeinde)
  • Renovierung der Pfarrkirche Großarl: 90.000,00 Euro (ebenso)

Die Renovierungen und Instandhaltungen von Kirchengebäuden sind eine regelmäßige Kategorie und stellen eine der größten Ausgabegruppen dar. Es gibt übrigens die Kategorien "Denkmalpflege", "Ortsbildpflege" und "Heimatpflege", also wenn es sich um ausgewiesene tourismusrelevante Bau- oder Kulturdenkmäler handelte, könnten die Ausgaben in diesen Rubriken stehen.

Die Transferzahlungen ergeben in verschiedenen Formulierungen auch eine hohe Summe.

  • Kapitaltransferzahlungen an private Organisation: 86.772,47 Euro
  • Kapitaltransferzahlungen an sonstige Träger des öffentlichen Rechts: 66.000,00 Euro
  • Laufende Transferzahlungen an private Organisationen ohne Erwerbszweck: 44.695,00 Euro
  • Sonstige Ausgaben: 76.560,21 Euro
  • einmalige Subventionen an Pfarren: 76.500,00 Euro
  • Versicherungen: 63.734,51 Euro (die Gemeinde zahlt für die Kirche die Versicherungsprämien?)
  • Subvention Kirchenchor in verschiedenen Formulierungen: über 20.000,00 Euro insgesamt
  • Drei Gemeinden vergeben sogar Zuschüsse an die OrganistInnen in einer Gesamtsumme von 3.380 Euro 

In vielen Fällen werden die Strom- oder Gaskosten der Kirche von der Gemeinde übernommen.

Fazit und Ausblick

Die Entwicklung in Richtung mehr Transparenz und bessere Verfügbarkeit von Daten erlaubt uns immer besser, einen Überblick über diese Kategorie von Gemeindeausgaben zu erhalten. Die säkulare Gesellschaft kann so auf Grundlage von Fakten längst notwendige Diskussionen über althergebrachte, lange Zeit nicht in Frage gestellte Ausgaben ihrer Gemeinden anstoßen. Viele Gemeinden sind hoch verschuldet, aber die Kirche hält noch immer ihre Hand auf und lässt die Instandhaltung ihrer zweckgewidmeten, immer weniger genutzten Gebäude von der öffentlichen Hand zahlen.

Vielleicht wäre es ja an der Zeit, die Mittel nach der Corona-Pandemie in Wirtschaftsförderung oder Bildung zu investieren, statt in Kirchen, die nichts zur Bewältigung der Pandemie beigetragen haben.

Von 40 Prozent der Gemeinden gab es in der verwendeten Datenquelle noch keine Angaben. Hier müssen wir untersuchen, ob noch mehr Daten mit vernünftigem Aufwand beschaffbar wären.

Zusätzlich zu den Gemeinden geben auch die Bundesländer aus ihren Mitteln Geld für kirchliche Zwecke aus. Diese Kategorie nehmen wir zukünftig auch genauer unter die Lupe. 

Die laufenden Erkenntnisse zur öffentlichen Kirchenfinanzierung sind auf einer Wiki-Seite der Atheisten Österreichs enthalten und werden dort aktuell gehalten. Wer möchte, kann sich hier gerne einbringen und einzelne Kategorien nachrecherchieren und aktualisieren.

Erstveröffentlichung des Textes auf der Webseite der Atheisten Österreich am 06.06.2021. Übernahme mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Atheisten Österreich.

Unterstützen Sie uns bei Steady!