"Liebe für alle, Hass für keinen"? Zu schön, um wahr zu sein

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Screenshot von der Webseite https://ahmadiyya.de
Screenshot von der Webseite https://ahmadiyya.de

Vor einigen Tagen bin ich durch einen Zeitungsartikel der Rhein-Neckar-Zeitung auf eine aktuelle Kampagne der Ahmadiyya Muslim Jamaat "Muslime gegen Rassismus" aufmerksam geworden. Mit der Kampagne möchte die muslimische Glaubensgemeinschaft wegen der Zunahme rechtsextremer und rassistischer Taten ein Zeichen gegen rassistische Ausgrenzung und Hass setzen. Was zunächst nach einem edlen Vorhaben klingt, entpuppt sich, wenn man die Ahmadiyya-Gemeinde gut genug kennt, als zu schön, um wahr zu sein.

Ich selbst bin eine gebürtige Ahmadi und habe die Gemeinschaft, die ich als einen Kult betrachte, vor wenigen Jahren wegen zahlreicher persönlicher Diskriminierungserfahrungen und ihrer chauvinistischen Theologie verlassen (den zugehörigen Bericht im hpd lesen Sie hier). Nun frage ich mich: Ist es glaubwürdig, sich gegen Rassismus zu positionieren, aber selbst ausgrenzend zu sein, eine ähnlich autoritäre, sexistische, antisemitische und homofeindliche Ideologie wie die der Rechten zu vertreten?

Im zu Beginn verlinkten Artikel schreibt der Autor Manfred Ofer, dass die Ahmadiyya Muslim Jamaat wegen ihrer "reformorientierten" Interpretation von anderen Muslim*innen nicht akzeptiert werde, was zu einer erhöhten Empathie führe. In der Tat wird die Ahmadiyya Muslim Jamaat von der Mehrheit der Muslim*innen nicht anerkannt und in vielen islamischen Ländern verfolgt, allerdings führt dies weder zu einem diskriminierungsfreien Umgang nach außen noch innerhalb der eigenen Gemeinde.

Ungleichheiten sind in der Ahmadiyya Muslim Jamaat sogar theologisch verankert. Die Ahmadiyya-Muslime (Ahmadis) glauben an die Überlegenheit der eigenen Gemeinschaft, an einen sogenannten "Endsieg des Islams": "Ich bin sicher, dass wenn der Endsieg des Islams kommt – und er wird bestimmt kommen –, dies durch die Ahmadiyya der Fall sein wird." (Freitagsansprache des vierten Khalifen am 19. April 1996). Ahmadis sehen sich als die wahren Muslim*innen, die andere durch Missionierung bekehren sollten.

Weiterhin wird im obigen Zeitungsartikel von einem Imam behauptet, dass es im Ahmadiyya-Islam keine Toleranz für Antisemitismus und die Unterdrückung von Frauen gäbe. Es finden sich jedoch in den Aussagen der geistlichen Oberhäupter der Ahmadiyya (die sogenannten "Khalifen") etliche Beispiele, die das Gegenteil nahelegen. Der Gründer der Ahmadiyya, Mirza Ghulam Ahmad, war beispielsweise der Ansicht, dass Männer den Frauen in ihren physischen und mentalen Kräften überlegen seien. Daher solle man die Entscheidung für eine Scheidung dem Mann überlassen. Falls der Mann mit seiner Frau nur Töchter bekommen würde, bräuchte der Mann eine zweite Frau. Außerdem äußerte der Gründer sich in mehreren Schriften klar antisemitisch, wobei er eine "jüdische Natur" als hinterlistig und böse beschrieb.

Auch heute werden Mitglieder der Ahmadiyya dazu animiert, die Schriften des Gründers zu lesen. Eine kritische Auseinandersetzung mit seinen Aussagen findet in keiner Weise statt. Genauso dürfen die nachfolgenden Khalifen von Mirza Ghulam Ahmad nicht hinterfragt werden, sie gelten als die höchste Autorität in der Gemeinschaft. Der vierte Khalif der Ahmadiyya ging sogar so weit, dass er den Holocaust als eine Strafe Gottes für das jüdische Volk bezeichnete, wobei er Hitler als Mittel zum Zweck sah. Dieses Video wurde auf dem YouTube-Kanal der deutschen Ahmadiyya-Gemeinde vor sieben Jahren hochgeladen:

Die Generation junger Ahmadis ist mit solchen Fernsehsendungen des vierten Khalifen aufgewachsen. Auch die Tabuisierung und Diskriminierung von Homosexualität gehört in der Ahmadiyya zur Norm. Begründet wird sie damit, dass Homosexuelle als Kriminelle beziehungsweise Kranke angesehen werden. Diese Begründungen werden erneut durch direkte Aussagen der Khalifen der Ahmadiyya untermauert. Der vierte Khalif schreibt in seinem Buch "Islam – Antworten auf die Fragen unserer Zeit": "Die Schwulen, Lesben, Drogenabhängigen, Skinheads, Punks und Kriminellen aller Art, sie alle nehmen an Zahl und Stärke zu" (Seite 89). Gemäß dem aktuellen Khalifen Mirza Masroor Ahmad sei Homosexualität unnatürlich, könne durch Therapie geheilt werden und werde durch äußere Einflüsse wie zum Beispiel Schweinefleischkonsum hervorgerufen.

Des Weiteren berichtete der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) über einen Artikel der Ahmadiyya mit dem Titel "Wie steht der Islam zur Homosexualität", der auf ihrer Webseite erschien. Darin ging es um den empfohlenen Umgang mit Homosexuellen. Schwule Männer sollten demnach bestraft werden, während lesbische Frauen zu Hause eingesperrt werden sollten, um andere Frauen nicht "anzustecken". Ahmadiyya-Imame in Deutschland beteuern auch in einem aktuellen Video, dass Homosexualität eine Sünde sei und einen Ausschluss aus der Gemeinde bedeuten würde. Solche Einstellungen und Äußerungen führen zu einer großen Verunsicherung unter jungen Mitgliedern der Ahmadiyya, die ihre sexuelle Orientierung nicht mit der Mitgliedschaft in der Gemeinschaft vereinbaren können.

Schwarze Menschen werden segregiert

Darüber hinaus steht auf einem Plakat der Kampagne eine Überlieferung des Propheten Mohammed: "Ein Weißer ist nicht besser als ein Schwarzer, noch ist ein Schwarzer besser als ein Weißer." Die Ahmadiyya-Gemeinde sollte zunächst den Umgang mit eigenen schwarzen Mitgliedern reflektieren.

1986 wurde auf Anweisung des vierten Khalifen die Pan-African Ahmadiyya Muslim Association UK gegründet, eine eigene Organisation der Ahmadiyya-Gemeinde für schwarze Menschen. Ein Grund war, dass diese sich bei Veranstaltungen der Ahmadiyya mit mehrheitlich pakistanischen Teilnehmer*innen ausgeschlossen fühlten. Diese Organisation hat separate Veranstaltungen und eigene Abteilungen für Finanzen, Missionierungsarbeit und Partnervermittlung für schwarze Menschen. Statt den Rassismus in der Ahmadiyya aufzuarbeiten und eine inklusive Lösung zu finden, wurden schwarze Menschen aus Erfahrung bisher segregiert.

Das sind nur einige Belege der Diskriminierung von vielen. Aussteiger*innen der Ahmadiyya haben es satt, dass Kritik an den Strukturen als individuelle negative Erfahrungen abgestempelt werden. Deshalb haben sie in Online-Foren auf Deutsch und Englisch viele weitere Belege gesammelt, um die theologischen Grundlagen der Diskriminierung aufzuzeigen.

In diesem Kontext ist die aktuelle Kampagne der Ahmadiyya mehr Schein als Sein – eine weitere Werbekampagne, um Mitglieder zu gewinnen und die Unterstützung des Staates als die einzige muslimische Körperschaft des öffentlichen Rechts und die Partnerschaft für den Religionsunterricht in einigen Bundesländern beizubehalten. So ist der vielzitierte Grundsatz der Ahmadiyya "Liebe für alle, Hass für keinen" wohl eher mit einem Fragezeichen zu versehen.

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