Die Humanistische Union (HU) kritisiert die geplante Entfristung der im Gefolge der Anschläge vom 11. September 2001 erlassenen Sicherheits- und Überwachungsgesetze scharf. Diese Entfristung bedeute "die endgültige Aufhebung der verfassungsmäßig verankerten Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten", erklärte der Bundesvorsitzende der HU, Werner Koep-Kerstin, in Berlin.
Nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf sollen die ursprünglich im sogenannten "Schily-Katalog" verabschiedeten Geheimdienstbefugnisse entfristet werden. Ursprünglich – als Kompromiss zwischen Rot-Grün – auf fünf Jahre befristet, haben alle folgenden Regierungen Verlängerungen und Erweiterungen durchgesetzt. Unter anderem dürfen die Geheimdienste nun Bestandsdaten, Flugdaten und IMSI Catcher nutzen. Nach drei Verlängerungen der Anti-Terror-Gesetze (2007, 2011, und 2015) will die Große Koalition nun endgültig die erweiterten Befugnisse für den Verfassungsschutz, BND und MAD dauerhaft verankern.
Die HU hat mehrfach auf die Vielzahl der damit verbundenen Grundrechtseingriffe aufmerksam gemacht. Auch in der Anhörung zum Gesetzentwurf am Montag im Bundestag wurde die geplante Entfristung von Rechtswissenschaftlern und dem Bundesdatenschutzbeauftragten als verfassungsrechtlich problematisch bezeichnet. Insbesondere die mangelnde Berücksichtigung und Umsetzung inzwischen erfolgter Rechtsprechung durch das Bundesverfassungsgericht wurde scharf kritisiert. Professor Dr. Matthias Bäcker von der juristischen Fakultät der Universität Mainz forderte daher anstelle einer Entfristung eine "verfassungsrechtlich angeleitete Reform" oder gleich "das geltende Recht wegzuwerfen und neu zu machen".
Neben der zeitlichen Befristung sollte ursprünglich eine gründliche Evaluation garantieren, dass die Grundrechtseingriffe im Verhältnis zur gewonnen Sicherheit stehen. Schon die vergangenen Evaluationen wurden diesem Anspruch nicht gerecht, wie die HU bereits mehrfach kritisierte. Auch dieses Mal kann von einer unabhängigen Evaluation nicht die Rede sein, da sie durch das hauseigene Deutsche Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung durchgeführt wurde. Eine unabhängige Evaluation wäre auch wichtig gewesen, um zu zeigen, ob die zu entfristenden Gesetze überhaupt tauglich sind. Die Anschläge von Wien machen deutlich, dass der globale Terrorismus heute anders operiert als 2001 und dass ihm mit anderen Mitteln begegnet werden muss.
Trotz dieser gravierenden Mängel hat der Bundestag am 5. November, nur drei Tage nach der Anhörung, abends um halb neun ein Gesetz entfristet, das eben nur wegen seiner Befristung und der versprochenen Evaluation überhaupt angenommen wurde. Mikey Kleinert, im Bundesvorstand der HU zuständig für innere Sicherheit, stellt fest: "Das Bundesinnenministerium evaluiert sich selbst und Gesetze, deren Tauglichkeit nicht wirklich bewiesen worden sind, werden trotz verfassungsrechtlicher Bedenken zur neuen unbefristeten Norm!"
16 Kommentare
Kommentare
A.S. am Permanenter Link
Der Links-Extremismus wird von der Regierung begrenzt bekämpft.
Der Rechts-Extremismus wird von der Regierung nur minimal bekämpft. Schließlich liefert er hervorragende Argumente für die Umwandlung des einigermaßen demokratischen und freiheitlichen Deutschlands in eine Polizei- und Überwachungsstaat.
Der Islamische-Extremismus ist der Regierung hoch willkommen. Schließlich liefert er hervorragende Argumente für die Umwandlung des einigermaßen demokratischen und freiheitlichen Deutschlands in eine Polizei- und Überwachungsstaat.
Darüber hinaus helfen die islamischen Terroristen unserer gottgläubigen Regierung, die Humanisten und die Atheisten im Lande einzuschüchtern. Dass die Merkel-Regierung genau die Zusammenarbeit mit den fundamentalistisch-islamischen Verbänden sucht, liegt an ihrem eigenen fundamentalische-christlichen Weltverständnis. Dass die moderaten Muslime beim "Dialog der Religionen" außen vor bleiben, hat System.
Matthias Freyberg am Permanenter Link
Was für Parteien, was für eine Exekutive, was für ein Parlament!
Und was für ein Volk, dass das alles träge hinnimmt.
Man könnte verzweifeln.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Auf den Punkt!!
M. Landau am Permanenter Link
Die KPD wurde gleich verboten (17.8.1956) - die NPD ist es bis heute nicht.
Schon klar - zum Teil. Nur eines ließ 'der Alte' unbeantwortet: welches bzw. wessen 'sauberes' Wasser? Vom Regen in die Traufe; von der braunen zur schwarzen Brühe.
A.S. am Permanenter Link
Realpolitik kommt oft über die Suche nach dem kleineren Übel nicht hinaus.
Adenauer verdankte sein Leben der katholischen Kirche, speziell der Abtei Maria Laach, die ihm Zuflucht vor den Nazis gebten hatte. Es ist für mich nachvollziehbar, dass aus dieser Erfahrung heraus für ihn die Kirche "gut" und die Nazis "böse" waren.
Der Schmutzwasservergleich dürfte sich auf erfahrenes Verwaltungspersonal beziehen. Nach 1945 waren alle qualifizierten Verwaltungsleute mehr oder minder im Kopf von der Nazi-Ideologie durchseucht und ihre Lebensläufe diskreditiert. Adenauer stand vor der Wahl, entweder mit jungen und unerfahrenen Leuten den Staat in Gang zu bringen oder mit erfahrenen, die allerdings so manchen Fleck auf ihren Westen hatten. Adenauer hat entschieden: Erfahrung ist wichtiger als weiße Weste.
M. Landau am Permanenter Link
»»Adenauer verdankte sein Leben der katholischen Kirche, speziell der Abtei Maria Laach, die ihm Zuflucht vor den Nazis gebten hatte.««
Ja, dieses Märchen habe ich auch schon mal gehört. Eine 'Zuflucht' von der jeder wusste. Etwa Gauleiter Grohé, ein 'besonders engagierter Nationalsozialist, Kardinal Frings, Erzbischof in Köln, der sich nach dem Krieg rührend um eine Begnadigung des einsitzenden Grohés bemüht hat.
https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Grohé
Die Gestapo war über Adenauers Aufenthalt informiert, vermutlich durch Grohé, der es vermutlich von seinem Kumpan Josef Frings hatte, der wiederum mit dem Abt in Maria Laach gut konnte und der wiederum ein Schulfreund Adenauers war. Wenn Grohé es gewusst hat, dann auch die Gestapo, das ist mal sicher. Bauernopfer war Adenauers zweite Ehefrau Auguste (Gussie), die im Gestapoarrest in Köln einsaß, derweil ihr Ehemann im Kloster in der Eifel damit gehadert hat - so seine eigenen Wort - politisch kaltgestellt worden zu sein. Gussie ist 1952 an den Folgen der Gestapohaft verstorben, wie ihrer behandelnden Ärzte festgestellt haben. Adenauer hat sich Sorgen um seine politische Karriere gemacht? Die Nazis hätten ihn jederzeit 'kassieren' können. Laut Gestapo soll seine Frau im Verhör verraten haben, wo er gesteckt hat, dabei wussten sie es bereits von Grohé. Diese 'Verfahrensweise' war jedoch gängige Praxis, der Begriff 'Gestapo-Methoden' kommt nicht von Ungefähr. Adenauer war ein Egomane, der wenig Skrupel hatte und sich vor allem um sein eigenes politisches und persönliches Schicksal gesorgt hat. Ihm ist nichts passiert unter den Nazis, im Gegensatz zu den vielen Millionen, die den Naziterror nicht überlebt haben. Nach seiner 'Klausur' im beschaulichen Maria-Laach, durfte er das Ende des Krieges in seinem schönen Haus in Rhöndorf am Rhein, fernab des Kriegs, in aller Ruhe abwarten.
Der Krieg ist aus. Sogleich fabuliert Adenauer vom Schmutzwasser und wie man damit verfahren sollte. Adenauer ließ sich gerne das Wasser, und noch vieles mehr, von Hans Globke reichen, der Chef des Bundeskanzleramtes (heute nennt man das Kanzleramtsminister) unter Adenauer war. Beide stramme CDU-Leute, vormals Zentrumspartei und beide katholisch und Juristen. Globke war das was man gemeinhin einen Schreibtischtäter nennt, trotzdem er, wegen seiner früheren Mitgliedschaft in der Zentrumspartei, kein NSDAP-Mitglied werden konnte und das wo er sich doch so aufopfernd dem NS-Regime angedient hatte. Die Ablehnung war eine tiefe Enttäuschung für ihn. Also, nicht dass das wieder mal verdreht wird: Globke wollte unbedingt in die NSDAP eintreten, die Nazis wollten ihn aber nicht in ihrem Verein haben. Sozusagen Hans im Glück im Unglück...
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Globke
1963 hat Konrad Adenauer Hans Globke für das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse beim damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke (noch so ein strammer Volksgenosse mit braunen Rand, der dann in der CDU unter- und hochkam) vorgeschlagen und Globke hat das Ding daraufhin umgehängt bekommen.
Und, wie Sie beschreiben, natürlich zog sich diese Praxis für ehemalige NS-Fachleute, ganz besonders in Verwaltung und Justiz, durch die gesamte Bundesrepublik und hat sie, bis in die 60er Jahre, maßgeblich mitgeprägt. Welche, nicht selten verheerende, Folgen das bis heute hat, wird oft gar nicht mehr wahrgenommen, bspw. diese heilige Allianz zwischen Kirchen und Staat. Die Kirchen waren nämlich keineswegs die Gegner der Nationalsozialisten, sondern durchaus mehr als nur Mitläufer, auch wenn sie 'danach' behauptet hatten, gegen die Nazis gewesen zu sein, so wie die meisten Deutschen, nach dem Endsieg (der Alliierten), behaupteten 'eigentlich' gegen Hitler gewesen zu sein. Na, da haben wir ja alle noch mal Glück gehabt! Denn, was wäre das erst geworden, wenn sie alle für ihn gewesen wären?
»» Erfahrung ist wichtiger als weiße Weste.««
Stimmt schon. Ich meine dennoch bzw. gerade deshalb, dass es - auch - auf die 'Farbe' der Veste ankommt und die Erfahrungen, die die darin Gekleideten gemacht haben. Das färbt nämlich sehr auf die Politik ab, die solche Leute machen. Das kann man jeden Tag aufs Neue bestaunen.
A.S. am Permanenter Link
Lieber Herr Landau, Ihr Text war sehr informativ für mich, danke.
- Dass die Nazis wussten, wo Adenauer steckte, hatte ich vermutet, aber bisher dafür keinen Beleg. Dank Ihnen weiß ich nun ein Stück mehr.
- War Adenauer Nazi? Ich denke nicht. Adenauer war erzkonservativ und stramm katholisch, ein politisch begabter, machtgeiler Handlanger der Kirche. So zu Zeiten der Weimarer Republik, so zu Zeiten nach 1945.
- Wem hat Adenauer nach 1945 vertraut? Seinen alten Katholen-Genossen. Das verbindende Seil dieser Truppe war der Katholizismus. Alles andere hat nicht interessiert.
- Das Arbeits-Ergebnis dieser Katholen-Truppe war eine sehr katholische BRD.
- Die Personalie Grohé war mir neu.
Was man auch sehen muss: Auf der katholischen Ebene war auch die Aussöhnung mit Frankreich möglich. Ich glaube nicht, dass unter einer Regierung Merkel in den 50er Jahren dies so geklappt hätte. Die protestantisch sozialisierte Merkel tut sich ja heute noch mit Macron schwer.
Dass die religiöse Farbe der Weste auf die gemachte Politik abfärbt ist kein Wunder, ist die Religion doch ein wichtiges Element der Sozialisation.
Und wie heute?
Die Macht der Kirchen beruht einerseits auf der Verfilzung mit dem Staat, getragen durch kirchennahe Politiker.
Die Macht der Kirchen beruht andererseits auf der Täuschung der Wählerschaft, denen die Trennung von Staat und Kirche, ein säkularer Staat, vorgegaukelt wird. Die Täuschung erfolgt über die Schulausbildung und die Medien.
Hier wäre viel Aufklärungsarbeit zu leisten, fernab theologischer Fragen und religiöser Gefühle. Aber leider sind viele Humanisten den Kirchen auf den Leim gegangen und glauben, in den Kirchen bzw. Religionen Verbündete für eine bessere Welt zu haben.
Ein folgenschwerer Irrtum, der in Europa etliche Menschen, im nahen und mittleren Osten viele das Leben kostet.
Bei Religion geht es nicht um eine bessere Welt, sondern einzig um Macht und Geld für die religiösen Führer.
In diesem Kontext sehe ich auch die Anti-Terror-Gesetzgebung der letzten Jahre.
Anstatt über die tatsächlichen Interessen der religiösen Führer aufzuklären, was die sinnvollste Verhaltensweise eines wirklich säkularen Staates wäre, wird Deutschland zum Polizei- und Überwachungsstaat zu Diensten der christlichen Religionsführer umgebaut.
M. Landau am Permanenter Link
Dass die Gestapo es gewusst hat, ergibt sich beweiskräftig aus den Überwachungsprotokollen, heute einzusehen im historischen Institut der Uni Köln (oder Bonn?
Der Gestapo und auf politischer Ebene, Grohé ging es weniger um Adenauer; der 'nur' Ex-OB von Köln war. Es ging um die katholische Kirche, die man so 'am Haken' halten wollte. Sich um Adenauer 'zu kümmern' war sicherlich im Sinne der Nazis und gleichzeitig waren sie ihn zunächst los. Ganz typisch Nazi-Plot war der Umstand, dass man nur zu gerne hat glauben lassen nicht zu wissen wo Adenauer sich 'so gut' vor den Nazis 'verstecken' konnte um, je nach Bedarf, darauf zurückzugreifen um dann Konrad Adenauer, Josef Frings, Ildefons Herwegen (damals Abt in Maria Laach) und andere Unliebsame einzukassieren um sie dann von Freislers Volksgerichtshof als 'Volksverräter' und 'Volksschädlinge' aburteilen zu lassen. Wie so etwas ausging war allen Beteiligten bekannt, drum musste Grohé den Frings auch nicht großartig überzeugen (Frings und der dann Herwegen) 'diskret' zu sein, was wiederum die Mär der ahnungslosen Nazis gestärkt hat. Das alles ist heute nurmehr über Indizien nachzuvollziehen und, ganz klar, Adenauer wusste davon nichts. Tatsächlich ging es, im mehrheitlich katholischen Köln und Umland, darum die, durchaus nicht abgeneigte katholische Kirche, zu kontrollieren und für Grohé war es ein Leichtes sich jede Befugnis aus Berlin erteilen zu lassen, möglicherweise sogar von Hitler selbst, denn der war nicht gerade gut zu sprechen, auf Adenauer.
War war da los?
https://de.wikipedia.org/wiki/Konrad_Adenauer#Nach_der_Machtergreifung
Ein paar Zahlen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Reichstagswahl_März_1933
Das ist im Thema nicht direkt relevant, aber meist werden die Nazis heute als dümmliche Brutalos dargestellt, das waren sie keineswegs und genau das hat sie so gefährlich gemacht, denn alles lief ja 'ganz legal' ab und keineswegs war Chaos, genau das wollte Hitler unbedingt verhindern, drum musste er z.B. die SA-Schlägertruppen und seien Anführer Röhm 'unter Kontrolle bringen'. Wie das geschehen ist, war klar: wer nicht spurt, wird liquidiert. Adenauer war sich dessen bewusst, er war ja nicht naiv, allerdings hatte auch er niemals mit dem gerechnet, ja sogar erst später erfahren, dass er nur knapp dem Tod entkommen war. Andererseits zeigt dieses kleine Stück aus der 'Provinz' wie die Nazis vor Ort agiert haben auch ohne gleich ein Blutbad anzurichten.
Die katholische Kirche wusste natürlich um ihre Position, aber - genau wie Pacelli in Rom - man war auch bestrebt dem Herrscher zu dienen, ob die nun Adolf, Wilhelm, Karl V. oder sonst wie hießen. Die Evangelen habe sich dabei keineswegs lumpen lassen. Beiden hatten seit je her eine erstaunlich starke Affinität zu autoritären Regimen. Nur im Sozialismus wurde aus ideologischen Gründen daraus nichts. Wäre bspw. Jaruzelski in Polen ein braver Katholik gewesen, dann wäre Karol Wojtyla sicher sehr viel freundlicher mit Polens KP umgegangen.
»» Aber leider sind viele Humanisten den Kirchen auf den Leim gegangen und glauben, in den Kirchen bzw. Religionen Verbündete für eine bessere Welt zu haben.««
Das läuft dann unter dem Titel »Verständigung und Dialog« oder noch schlimmer wird es, wenn sich Religiöse der armen ungläubigen Seelen erbarmen und in diesen debilen »interreligiösen Dialog« mit einbeziehen. Über Monate und Jahre geht das Palaver über Jesus, Mohamed, die christlich-jüdischen Wurzel (auch Merkel halluziniert regelmäßig davon), 'wir glauben schließlich alle an denselben Gott', wer Abendmahl und wer nicht, all solche sinnloses Zeug... Ja, ich habe auch mal zu jenen gehört die auf Verständigung gesetzt haben. Tatsächlich war's dort schlimmer als auf den vielen, oft actionreichen, Anti-Vietnam-Protesten, denn bei diesem Thema war sogar den GIs in Da-Da-Da-Nang klar, dass das ein Scheißkrieg war. Das Problem der 'Gläubigen' - absichtlich mit Gänsefüßchen, denn sehr viele, so meine ich, geben bzw. gaben sich aus opportunistischen Motiven Religionsorientiert und gläubig. Oft ging es dabei auch um Geld; Haben oder Nichthaben - sie sind nie bereit auch nur ein Iota von ihren religiösen Vorgaben abzuweichen. Mir hingegen kann es gleich sein ob einer beten mag oder nicht; sehr wahrscheinlich werde ich mich noch für die Wahrung der Religionsfreiheit anderer einsetzen. Das finde ich, ganz nett gesagt, unausgeglichen. In der zweiten Phase werden sie dann 'einbezogen' - »Ach, meine Liebe, wollen Sie nicht doch am Sonntag mal beim Gottesdienst vorbeischauen...« säuselt mich jemand an und ich dummes Huhn antworte auch noch freundlich »Ich werde sehen ob ich es einrichten kann«, statt ihm gleich zu sagen, dass ich just an den Ritter mit der eisernen Hand denken musste. Nimmt man deren 'Angebote' nicht an, gilt man schnell als unwillig, verstockt, stur, uneinsichtig, blöd, perfide, hasserfüllt usw. usf. Die darauffolgenden Jahrzehnte habe ich auf derlei sinnfreies Getue verzichtet. Wie wir ja hier, auf HPD, wie auch anderswo, oft genug lesen können, hat sich daran nichts geändert. Das Internet macht solche Dinge, zumindest für mich, offensichtlicher und greifbarer, aber keinesfalls besser.
Sie sprechen von Aufklärung. Ja, das finde auch ich und ich bin ganz und gar Ihrer Meinung. Sie, ich und viele andere hier, sind geradezu versessen auf Fakten und Informationen, Nachweise usw. sprich 'Aufklärung'. Religiöse sind das aber nicht. Sie sind sozialisiert zu glauben. Punkt, Schluss. Heute nimmt man das hin, auch wenn es nervt, aber denken Sie mal kurz an Kant, in seiner Zeit, wie der sich vorgekommen sein muss. Tatsächlich sehe ich nur noch die 'Abkehr' und die öffentliche Kritik an den Kirchen und der Religion als bislang probaten Weg. Die Religionsgläubigen sind wie Suchtkranke, Aufklärung nützt wenig, wenn ein Mensch nicht selbst davon loskommen will. Immer wieder fällt mir das in Schilderungen von 'Aussteigern' auf: es waren eigene Zweifel und/oder direkte äußere Umstände, die sie dazu bewegt haben, sich von der Religion abzuwenden und erst dann hat man Information gesucht. Und, wenn ich ganz ehrlich bin, ich möchte als Mensch und Atheistin nicht so sein und wirken, wie die heiligen Missionare es taten und noch tun. Was ich allerdings lange nicht mehr mache: gute Mine zum bösen Spiel. Auch hier hat es schon solche Knaller gegeben, denn wenn Missionsbesessene hier auftauchen, dann ist das stets mit aggressivem Vorsatz. Einige religiös Orientierte werden sich von selbst entscheiden, aber viele werden in der Sozialisierung verharren, die ihnen 'lieb und wert' ist. OK, damit habe ich kein Problem, solange man mich auch in Ruhe leben lässt. Auch diesen Weihnachtszirkus empfinde ich, für mich, nicht weiter störend; ich muss ja nicht mitmachen. Nur in der Politik funktioniert so etwas nicht, aber das ist auch eine andere Ebene. Mein guter Wille endet dort, wo es alle angeht. Vorrangig - wenn wundert das von mir ausgehend - Arbeitsrecht, Frauenrechte, Recht zu Religiösem allgemein, bspw. §166 StGB, ganz besonders Soziales, in allen Bereichen, denn da haben sich die Kirchen derart ausgebreitet, dass sie quasi eine Art Vorherrschaft haben. das beinhaltet natürlich auch die vollkommene 'Entflechtung' von Religion und Staat, so wie es in den meisten Mitgliedsstaaten der EU der Fall ist. Ganz klar spreche ich mich für einen laizistischen Staat, für ein laizistisches Europa aus, wo Religion, wie alle anderen Freizeitbeschäftigungen auch, Privatsache ist und bleibt.
Sie sprechen noch einige sehr interessante Punkte und Zusammenhänge an - bspw. Antiterrorgesetzgebung und - ich füge hinzu - Umsetzung. Wir werden sicher noch Gelegenheit haben, das näher zu besprechen :-)
A.S. am Permanenter Link
Lieber Herr Landau,
ich bin da etwas anders aufgestellt. Mir geht es zunächst ganz einfach darum, als Atheist sicher leben zu können und meine Meinung - als Meinung gestützt auf Beobachtungen - frei äußern zu dürfen. Beides ist unter religiösen Regimen regelmäßig nicht gegeben, weswegen ich mich für nicht-religiöse Regierungen demokratisch stark mache. Die Schwarzen und die Grünen im Lande sind daher nicht meine politischen Favoriten. Von den linken (Die Linke und die SPD) bin ich enttäuscht, die haben die europäische Aufklärung an den Islam verraten.
Für eine sachgerechte Auseinandersetzung mit Religion ist es meiner Ansicht nach unumgänglich, dieses hochkomplexe Phänomen "religiöser Glaube" zu verstehen, im wissenschaftlichen Sinne zu verstehen. Grundsätzlich gilt, um komplexe Sachen oder Phänomene zu verstehen, muss man sie von vielen verschiedenen Blickwinkeln betrachten.
Der politische Aspekt von Religion ist eigentlich offensichtlich, wird aber völlig ungenügend thematisiert. Klar ist, dass die religiösen Führer an einer wissenschaftlichen Analyse von Religion kein Interesse haben. Erst in den letzten Jahren habe ich verstanden, welchen Aufwand die Politik betreibt, derartige Forschung zu unterbinden, z.B. wenn die Forschungsministerin Frau Karlicek sagt, Wissenschaft müsse unter Berücksichtigung des christlichen Menschenbildes stattfinden.
Den politischen Aspket von Religion zu thematisieren wäre eigentlich eine klassisch linke Aufgabe, die Analyse der Herrschaft. Aber wie schon gesagt, die Linken sind ein Totalausfall.
Daher versuche ich, gegen den linksgrünen mainstream die Themen "Religion und Politik", "Religion und Krieg", "Religion und Massenpsychologie" zur Diskussion zu stellen.
Eine Aufklärungsagenda kann meiner Meinung nach nur auf der Basis eines soliden wissenschaftlichen Verständnisses von Religion gestaltet werden.
Darf ich Ihnen ein paar freche Fragen, als Anstoß zum Nachdenken stellen?
- Wie fischt man Menschen? (Der christliche Missionsauftrag!)
- Ganz analog: Wie fischt man Wähler? (Die Frage demokratischen Machtgewinns)
- Wenn Religion so verführerisch ist, wo eigentlich dockt Religion im menschlichen Gehirn an?
M. Landau am Permanenter Link
Hallo A.S.,
so weit auseinander sind wir nicht. Was ich von den Schwarzen und Konservativen halte, bleibt wohl niemandem verborgen. Mit zunehmendem Alter verschlimmert sich das und das liegt nicht unbedingt an den gruselpolitischen Figuren in diesen Kreisen, sondern auch an vermeintlich wohlmeinenden Mitmenschen, die, alles was über 60 ist, als notorische CDU-Wählerschaft abstempeln. Das ist eine ganz neue Qualität der Altersdiskriminierung. Mein Verhältnis zur SPD ist seit Schröder & Co. empfindlich gestört. Vollends durch sind sie seit den GroKos. Die Linken geben sich als geläuterte Genosse, kommen aber nicht zu Potte; ihnen hängt irgendwie die SED immer noch nach. Ursprünglich und 'eigentlich' immer noch, sehe ich mich inhaltlich Links, das Ideologische ist ein wenig erodiert, obwohl... manchmal...
»» dieses hochkomplexe Phänomen "religiöser Glaube" zu verstehen, im wissenschaftlichen Sinne
Auch darin stimme ich Ihnen zu. Ich war immer schon der Ansicht, dass die theo-'logischen' Fakultäten, die ja nach wie vor aufrechterhalten werden, in den Bereichen der Soziologie bzw. Anthropologie integriert werden sollten. Die Auswirkungen des Glaubens auf Menschen, wäre wiederum etwas für die Psychologie, ggf. die Psychiatrie und Psychopathologie. Diese klinischen Zuweisungen meine ich hier keineswegs ironisch, denn zumindest die psychologischen Auswirkungen des 'Glaubens' sind seit langem Gegensand wissenschaftlicher Forschungen, ebenso die psychischen Folgen und medizinischen Auswirkungen. Glaubenswahn ist keine Diffamie gegen übereifriger Gläubiger, sondern ein Krankheitsbild. Das fällt teilweise sogar in mein Fachgebiet, die Mathematik und dort die Statistik. Medizinisch-psychologische Daten reichen bis ans Ende des 19. Jahrhunderts zurück. In unserer Zeit heißt das 'Wagnis' und ist versicherungsmathematischer Alltag, der sogar in Bereiche wie Rechtschutz, Kraftfahrtzeug-Haftpflicht und Kasko reicht. Das ist kein Witz, denn Bedienstete im 'Raum der Kirche' haben Anrecht auf die preisgünstigeren Beamtentarife.
»» Den politischen Aspket von Religion zu thematisieren wäre eigentlich eine klassisch linke Aufgabe, die Analyse der Herrschaft. ««
So ist es. Das ist sogar eine Grundlage jeglichen politischen Denkens nach links. Das mag sehr theoretisch anmuten, aber die unmittelbare Realität sind die höchstproblematischen und diskriminierenden Rahmenbedingungen und der alltäglichen Praxis der Erwerbstätigen unter der Fuchtel der Kirche-N. Damit meine ich weniger den direkten und unmittelbaren Bereich der Kirche-N, sondern vor allem das Soziale, dessen sie sich bemächtigt haben. Denn wenn man von den Millionen Arbeitnehmer-innen im Bereich der Kirchen spricht, sind die meisten davon in sozialen Einrichtungen aller Art beschäftigt, Kindergarten/Kita, Pflegeheime, Krankenhäuser, Sozialarbeit in gesellschaftlich problematischen Umfelder, Arbeitsvermittlung, Obdachlose, Hospize usw. usf. So machen sie sich 'unentbehrlich'. Die Abwesenheit von Betriebsräten, die es in Deutschland seit 100 Jahren gibt, samt rechtlicher Befugnisse im Interesse der Arbeitnehmer-innen, erwähne ich nur am Rande... Wenn man die Kirchen die Herrschaft über die sozialen Bereiche entzöge, würde sich im Betrieb genau nichts ändern, außer vielleicht, dass auch der Pastor, der im Krankhaus seelsorgerisch tätig ist, endlich in den Genuss seiner Rechte als Arbeitnehmer käme. Ja, auch der Herr Pastor wird wie ein Mensch behandelt und wenn er genug von seiner Kirche hat und austritt, wird er nicht mehr gefeuert. Millionen Arbeitnehmer-innen ging es eindeutig besser, ja auch jenen kirchendevoten Mitläufern, die nicht davonlassen können oder wollen.
»»Aber wie schon gesagt, die Linken sind ein Totalausfall. ««
Stimmt auffallend. Wenn es um Kirche geht ist Grabesstille, so still, dass es unerträglich ist. Was ist nur los mit denen? Hat irgendwer den Genossen das Paradies verspochen oder doch nur mit dem Gulag gedroht?
Die, der eigenen Positionierung nach, linksorientierten Grünen, leisten sich die ehemalige Theologiestudentin aus der DDR, Göring-Eckhardt in der Parteiführung. In der Evangelischen Kirche ist sie nicht nur Mitläuferin, sondern seit je her Teil des reaktionären Kirchenkonstrukts.
https://de.wikipedia.org/wiki/Katrin_Göring-Eckardt
Daraus ein Auszug zum Abgewöhnen und als vorweggenommene Antwort auf Ihre Frage zur "Menschenfischerei": »Was die christliche Mission anbelangt, erklärte sie in einem Interview, dass sie froh wäre, wenn mehr Menschen zum Glauben fänden. Zustimmend äußerte sie sich in diesem Zusammenhang auch im Hinblick auf den christlichen Missionsgedanken; „hinauszugehen und es allen zu erzählen“, sei Auftrag an jeden einzelnen Christen und „Kerngeschäft“ der Kirche« - - > Das ist selbsterklärend. Politisch betrachtet, halte ich einige ihrer Ideen für durchaus tragbar, solange, ja, solange sie keinen Glaubensschub erleidet und die Kontrolle über sicher verliert. Das Schlimmste daran: sie selbst glaubt diesen Unsinn und hält ihre Entgleisungen für gut und richtig (siehe oben: Kirchenmission). Ihr gesamtes Leben ist kirchenbestimmt. Privat geht das niemanden etwas an, aber in der politischen Öffentlichkeit wird sie zum evangelischen Gegenstück zum bayrischen Kruzifix-Minister, dem Söder Marcus. Und alle anderen im grünen Weihnachtschor singen mit.
»»Wie fischt man Menschen? (Der christliche Missionsauftrag!)««
Mit Fliege
https://de.wikipedia.org/wiki/Jürgen_Fliege
»» Ganz analog: Wie fischt man Wähler? (Die Frage demokratischen Machtgewinns) ««
Mit Versprechen. - - - Halten? Davon war keine Rede :-))) Siehe SPD 2017: keine GroKo! Eine glatte Wahllüge.
»» - Wenn Religion so verführerisch ist, wo eigentlich dockt Religion im menschlichen Gehirn an?««
An einen Urinstinkt: Angst - Der Schlüssel zur autoritären Macht ist Angst. Die dazu erforderlichen 'Mechanismen' beherrschen die Kirchen in allen erdenklichen Varianten, physisch - was heute nicht mehr so gut ankommt - und psychisch, was heute gängiger Glaubensalltag ist. Moral? Gewissen? Verantwortungsbewusstsein? Fehlanzeige!
A.S. am Permanenter Link
Lieber Herr Landau,
Kalr ist, das die grüne Basis säkularer eingestellt ist als die Bundestagsfraktion. Das ist aber bei allen Parteien so, da die Religiösen dank ihrer Netzwerke sich in den Parteien in die Sptizenpositionen seilschaften.
Zur Menschenfischerei: Ja, Menschen fischt man mit schönen Versprechungen. Ersetzt man die Vokabel "Versprechungen" durch "Verheißungen" oder gar "Heilsverheißungen" hat man die Brücke zur Religion. Holla, hier schalten Synapsen: Sind "Menschenfischerei" und "Rattenfängerei" nicht eng miteinander verwandt?
"Menschenfischerei" war der Auftrag, den ein gewisser Jesus seinen Jüngern gegeben hat.
Schöne Verheißungen sind die Köder der Menschenfischer wie der Rattenfänger. En detail:
- Die Verheißung von der Wiederauferstehung und dem ewigen Leben im Paradies (die sogenannte Frohe Botschaft) setzt bei der menschlichen Angst vor dem Tod an.
- Die Verheißung von "Gottes Liebe" funktioniert gut bei Menschen, die sich ungeliebt fühlen.
- Die Verheißung von der "Teilhabe an der Macht Gottes" ködert Menschen, die sich entweder ohnmächtig fühlen oder machtgeil sind.
- Die Verheißung vom "Frieden Gottes" funktioniert gut bei Menschen, die unter Krieg und Verfolgung leiden. Es war der ideale Köder nach 1945.
Und das jetzt ist der Knackpunkt in meinen Augen: Das Narrativ, das die Religionen den Menschen den Frieden bringen würden, IST NUR EIN KÖDER der Menschenfischer/Rattenfänger!
Außer den schon genannten fallen viele Friedenssehnsüchtige auf diesen Köder herein, sogar solche, die nicht an Gott glauben. Dieser Friedens-Köder hat in der Szene der Friedensbewegung (eine der Wurzeln der Grünen) für jede Menge Fang im Kirchen-Netz gesorgt.
Die Friedensbewegten sind aber nicht nur auf das Friedensgetue der Kirchen herein gefallen, sondern ebenso auf die Friedensheuchelei der muslimischen Führer.
Es gibt noch ein anderes Narrativ der Kirchen, das gute Hinweise auf den wahren Chrakater von Religion und Kirche liefert: Das Narrativ vom "guten Hirten".
Den Hirten sind ihre Schäflein wichtig, ohne Frage. Aber lieben die Hirten ihr Vieh?
Das verkitschte Bild von guten Hirten, das den Kindern im Grundschul-Religionsunterricht indoktriniert wird hat mit der Realität der Viehhaltung nichts zu tun.
Die Hirten halten ihre Schäflein gefangen als Nahrungsvorrat und um die Tiere auszubeuten (melken und scheren bei Schafen, Zug- und Lastdienste bei Kühen, Eseln, Pferden,...).
Halten es die Hirten mit ihren zweibeinigen Schäflein nicht genau so? Außer den genannten Ausbeutungsformen kommt bei dem zweibeinigen Vieh noch der Kriegsdienst hinzu, Kriegsdienst zur Mehrung der Macht der "guten Hirten", zur Vergrößerung der Herde.
Wie gesagt, Religion ist hochkomplex und muss aus vielen verschiedenen Perspektiven betrachtet werden.
Andere Blickwinkel auf Religion sind z.B. ein Vergleich Religionsgemeinschaft-Armee oder die Analyse der Wirkung verschiedener religiöser Meme auf die menschliche Psyche.
Dazu schreibe ich ein anderes mal.
M. Landau am Permanenter Link
»» Das Narrativ vom "guten Hirten".
»» (melken und scheren bei Schafen, Zug- und Lastdienste bei Kühen, Eseln, Pferden,...).
Vor allem melken, viel viele Euros Melken :)
Heute schaffe ich nicht mehr, aber wir werden uns sicher demnächst hier treffen. Danke für den sehr interessanten Kommentar :)
»» Vergleich Religionsgemeinschaft-Armee
Vergleich? So etwas gibt's wirklich: die Heilsarmee. Zu dem Thema fällt mir auch einiges ein.... ;-)
A.S. am Permanenter Link
Lieber Herr Landau,
heute habe ich mal wieder etwas Zeit zum weiterschreiben.
Wo Religion anknüpft, hatte ich gefragt. Sie verweisen auf die Angst.
Angst ist sicher ein wichtiges Element in den Religionen. Da ist zum einen die Angst vor dem eigenen Tod, dem die Geschichte vom ewigen Leben entgegen gestellt wird. Darüber hinaus gibt es Angst vor Unheil, gegenüber dem Gott als Schutzmacht angerufen wird. Und zu guter letzt gibt es noch die Angst vor Gott selbst, der angeblich Sünden mit Hölle bestraft.
Was muss der Mensch tun, um nicht zu sterben, um beschützt zu werden, um nicht bestraft zu werden? Er muss an Gott glauben und ihm gehorchen. Der Glaube an Gott ist notwendige Voraussetzung für den Gehorsam gegenüber Gott. Es geht letztendlich immer um Gehorsam. Aus dem Glauben ergibt sich der Gehorsam weitgehend automatisch. Mit Religion werden die Menschen zum Gehorsam erzogen.
Jetzt zeigt sich Gott aber den Gläubigen in aller Regel nicht. In der Praxis läuft der Gehorsam gegenüber Gott auf einen Gehorsam gegenüber den religiösen Führern hinaus. Und wenn es Gott gar nicht gibt? Wenn die Priester mit Gott nur bluffen?
Tja, dann ist Religion ein mieser Trick, mit dem Menschen dazu gebracht werden, religiösen Führern zu gehorchen. Das Ideal, das die Priester verkünden, ist der Gehorsam bis zur Aufopferung des eigenen Lebens.
Hat diese Hypothese Ähnlichkeiten mit der Realität? Ich finde, Ja.
Für was bitte brauchen Priester von ihren Gläubigen Gehorsam bis zum Tod?
Der einzig "sinnvolle" Anwendungsfall für Kadaver-Gehorsam ist Krieg.
Hat diese Hypothese Ähnlichkeiten mit der Realität? Ich finde, Ja. Ganz aktuell.
Wundert es da, wenn tapferen Priester-Kriegern (die sich als Gottes-Krieger wähnen) besonders gute Plätze im Paradies (nach dem Tod auf dem Schlachtfeld) verheißen werden?
In meinen Augen ist die Behauptung, Religionen sollen den Menschen Frieden bringen, der größte und folgenschwerste Betrug aller Zeiten.
Meiner Meinung nach geht es bei Religion um die Abrichtung von Menschen zu einem das eigene Leben verachtenden Gehorsam für kriegerische Zwecke im Interesse der religiösen Führer. "Religion ist Friede" ist die allerschlimmste Heuchelei.
Hat diese Hypothese Ähnlichkeiten mit der Realität?
M. Landau am Permanenter Link
Sie haben das sehr trefflich beschrieben, Religion ist trickreich, obwohl es eigentlich ganz einfach ist: sie schürt Ängste und gibt dann vor uns genau vor dem schützen zu wollen was uns Angst macht.
»» Für was bitte brauchen Priester von ihren Gläubigen Gehorsam bis zum Tod?
Kontinuität und Versorgung. So erreichen sie, dass die Hörigkeit tradiert wird, manche nennen das 'christliche Erziehung', ich bin da weniger fein; es ist, vom Tag der Geburt an, sozialisierende Gehirnwäsche. So übernimmt die nächste und übernächste Generation usw. Ganz nebenbei hat sich diese Geschäftsmodell als äußerst und langfristig nutzbar erwiesen und so eine üppige Versorgung des Klerus sicherstellt. Heute nennt man das Kirchensteuer zzgl der Millionen und ncoh mehr, die die Kirchen aus den allgemeinen Steuergeldern beziehen. Es ist eine Riesenabzocke, ein Milliardengeschäft. Da muss man nicht lange fragen, warum sie die Kirchenleute so dermaßen für den Erhalt ihres 'Marktes' ins Zeug legen, es steht viel auf dem Spiel, das ist unbedingt motivierend.
»» In meinen Augen ist die Behauptung, Religionen sollen den Menschen Frieden
»» bringen, der größte und folgenschwerste Betrug aller Zeiten
Es ist ein Werbeslogan, der etwas verspricht, was nie geliefert wird. Abzocke im ganz großen Stil. Ausrede: »das ist Glaubenssache«.
Menschen sich unterzuordnen war seit je her ein Gesellschaftsmodell, welches die meiste Zeit unserer Existenz auf diesem Planeten bestimmt hat, meist durch das Recht des Stärkeren...
»» Und wenn es Gott gar nicht gibt?
Die Frage ist zwar OK, aber eigentlich ist sie irrelevant. Vor allem ist es eine Umkehrfrage, die davon ausgeht, dass es ihn gibt. Meine Frage wäre dann eher: Gibt es Gott oder Götter? Aber gut, warum nicht? Wenn es einen Gott geben sollte, dann müsste auch niemand mehr an ihn glauben, da er dann ja real vorhanden wäre. Aus dem Glauben und der Hoffnung würde Wissen und Gewissheit. So etwas darf nie passieren, denn nur ein nicht fassbarer Gott ist für eine Religion von Nutzen. Ist er erst einmal anwesend, ganz real, braucht niemand mehr diese Religion, die sich aus Verheißung und Hoffnung nährt. Religiöse müssen also diese 'spirituellen Potemkin'schen Kulissen' aufrechterhalten ohne dass es jemand hinterfragt oder sogar infragestellt. Das macht auf unmittelbar verständlich warum solche religiösen Künder in diesen Dialogen grundsätzlich den Themenrahmen und seine Grenzen selbst bestimmen wollte. Was davon abweicht wird als 'unredliche oder sogar unerlaubte Frage' meist sehr barsch zurückgewiesen.
Eine andere Frage wäre dieser Kriegszweck. Um Gründe für Kriege waren Menschen nie verlegen. Die dogmatischen und missionierend expansiven Religionen haben jedoch eine mörderische Komponente hinzugefügt: der Gesinnungskrieg, dessen Ziele nicht Waren und Landgewinn sind, sondern rein ideologischen Motive zugrunde liegt. Der 30-jährige Krieg war der markanteste Auftakt zum ideologischen Kriegsmodell. Der Zweite Weltkrieg, am Anfang dem Anschein ein weiterer Machtkrieg, nach dem Ersten, ist spätestens am 22. Juni 1941 zum grundlegenden Gesinnungs- und auch Glaubenskrieg geworden, entsprechend ist das ausgeufert; die Folgen davon halten bis heute an.
Nicht nur religiöse Führer reden vom Frieden und haben dabei ganz anderes im Sinn. Das muss niemand glauben, denn es hat tatsächlich stattgefunden, immer wieder...
Ihre Hypothese ist leider sehr real.
Sogenannte 'Ungläubige', zu denen ich mich z.B. rechne, werden die Probleme der Religion nicht lösen können und lösen wollen. Wenn man ein Problem nicht lösen kann, dann löst man sich vom Problem. Es ist der Grundgedanke meines Anliegens in diesen Religions-Fragen bzw. Religionsgemeinschaftsfragen. Rational ist das nur auf der politischen und rechtlichen Ebene zu lösen, primär durch die vollkommene Abtrennung der Religionsvereine vom Staatswesen. Alles andere, wäre mir eigentlich egal, denn dann soll und kann jeder nach seiner Fasson selig werden. Ich möchte also keine atheistische Mission, sozusagen als Gegenstück zu den Kreuzzügen, um den Religiösen ihren Glauben auszutreiben, das wäre die Rolle rückwärts. Ich möchte nur, dass religiöse Lobbyisten, die ich auch noch - wider meines freien Willens - mitfinanziere, aufhören die gesellschaftlichen, politischen und auch wirtschaftlichen Gegebenheiten hierzulande, wie in Europa und darüber hinaus, derart beeinflussen, wie sie es schon viel zu lange tun. Vermutlich wäre ich konzilianter Religiösen gegenüber, wenn sie nicht ständig alles verseuchen würden mit ihrer 'Frohen Botschaft'... Religion ist Privatsache und ich begnüge mich nicht mit pseudosäkularen Worthülsen, sondern fordere Freiheit in einem laizistischen Staat.
Ihr Stichwort »» die Abrichtung von Menschen
Es ist keine Hypothese, es ist bittere Wirklichkeit.
Rein persönlich hat sich das im Laufe der Jahre so entwickelt, dass ich Berührungspunkten mit religiös orientierten Menschen bewusst vermeide. Erst heute musste ich mir im Supermarkt anhören: »Schönen zweiten Advent«. Das war ein solcher Drill (=Abrichtung), ein Automatismus. Das aber setzt voraus, dass Religiöses, in diesem Fall Christliches, öffentlich und allgemein für alle gilt. Das ist so aber nicht. Eigentlich sollte ich das gleich richtigstellen, aber, man möge mir das nachsehen, ich habe keinen Bedarf an einem weiteren sinnlosen und unerfreulichen Wortwechsel, der dann meist folgt. Also sage ich gar nichts und setze das Pokerface auf, was ja zur spinnerten Alten ganz gut passt. Ich wollte doch nur etwas einkaufen. Es sind eben auch diese zahlreichen und vermeintlich kleinen Details im Alltag, die immer wieder deutlich machen, wie tief Religiöses in der Gesellschaft verankert ist. In den nächsten Wochen wird die Flut des Weihnachtwahns - Glühwein in diesem Jahr wegen Corona nur 'to go' - die Republik bis zum Bundesgeschenkefest schwemmen.
A.S. am Permanenter Link
Liebe Frau? Landau,
so gut wie nichts von dem, was Sie schreiben, fordert meinen widerspruch heraus, nur der Schluss. Dazu später.
Zuerst möchte ich auf ein Missverständnis eingehen. So wie sich Ihre Antwort liest, haben Sie meine Formulierung vom "Gehorsam bis zum Tod" im Sinne von "Gehorsam bis zum natürlichen Tod im hohen Alter" verstanden und beantwortet. Gemeint hatte ich aber den "Gehorsam bis zur Selbstopferung", also dem unnatürlichen vorzeitigen Tod, ganz im Sinne von Christi Kreuzestod, der laut der christlichen Lehre eine Selbstopferung Jesus auf Befehl des "lieben" Vatergottes war.
Deswegen wiederhole ich die Frage in neuer Formulierung:
Für welche Anwendungsfälle braucht es im Leben einen Gehorsam bis zur Selbstopferung?
Mir fällt als Antwort nur ein: Für den Krieg. Die Kriegskommandeure fordern von Ihren Soldaten den Gehorsam bis zur Selbstopferung. Die Selbstgeopferten verherrlicht man hinterher als Helden oder Märtyrer, je nach dem, ob sie sich in einem profanen Krieg selbst geopfert haben oder in einem religiösen Krieg.
Das Beispiel Jesu, seine gehorsame Selbstopferung, schreit m.E. gradezu nach einer militärischen Verwendung - oder es wurde evtl. zur militärischen Verwendung geschaffen (das wäre der verschwörungstheoretische Ansatz). Und wenn einem dann noch als Belohnung für diese Selbstopferung die Wiederauferstehung und ein Leben im Paradies verheißen wird, ist das Märchen für das römische Militär perfekt.
Ich kann gut nachvollziehen, dass der spätere Kaiser Konstantin seinen Soldaten vor der Schlacht an der milvischen Brücke dieses Märchen erzählen lies.
In meinen Augen dreht sich bei Religion alles um den totalen Gehorsam gegenüber der größtmöglichen Autorität, dem Weltenschöpfer, der aber aller Wahrscheinlichkeit nach nichts weiter ist als ein Produkt der menschlichen Fantasie.
Gott und Autorität - hier möchte ich auf ein sozialpsychologisches Experiment aus den 60er Jahren verweisen, das Milgram-Experiment (siehe Wikipedia). In dem Experiment ging es um die Frage: Was sind Menschen in der Lage, anderen Menschen Böses zu tun, und welchen Einfluß hat hierauf Autorität?
Die Resultate waren erschreckend. Unter autoritärem Druck war der allergrößte Teil der Probanden dazu zu bewegen, anderen Menschen potentiell tödliche Elektroschocks zu verabreichen.
Wenn man also die totale Autorität Gottes mit den Ergebnissen des Milgram-Experiments kombiniert, tun sich Abgründe auf. Meiner Meinung nach sind diese Abgründe nicht nur Theorie, sondern sind beim "Islamischen Staat" Realität geworden, wie schon zuvor (ohne Gott, nur mit weltlichen Führern) bei den Nazis oder Pol Pot. Und dann gibt es da noch die Verheißung vom ewigen Leben im Paradies für die gehorsamen Täter...
Gläubige leben und handeln unter dem permanenten autoritären Druck eines indoktrinierten Gottes. Sie haben die "imaginäre Faust Gottes im Nacken"! Das ist hoch porblematisch für Demokratie und Freiheit.
Und jetzt, wie versprochen, mein Widerspruch: Nein, man darf Menschen diese "Höllenmischung" nicht glauben lassen. Die totale Autorität eines Gottes, die Heilsverheißung und die menschliche Natur, wie sie sich im Milgram-Experiment zeigt, haben das Potential einer religiösen "Atombombe".
Die menschliche Natur können wir nicht ändern. Wir können nur Selbsterkenntnis betreiben und damit die Gefahr ein Stück weit bannen. Wir können aber die anderen Zutaten zur "religiösen Atombome" entschärfen. Durch Religionskritik und Aufklärung lassen sich an der Existenz Gottes und der Existenz eines posthumen Paradieses so viele Zweifel erzeugen, dass die Autorität auf ein ungefährliches Maß reduziert und die Verlockung des Paradieses gemindert wird.
Deswegen bin ich nicht breit, anderen ihren menschheitsgefährdenden Glauben zu lassen und Rücksicht auf religiöse Gefühle zu nehmen.
Die uns indoktrinierten Maximen:
- Jeder darf glauben was er will
- Man darf anderen den Glauben nicht nehmen
- Man darf religiöse Gefühle nicht verletzen
halte ich für falsch. Sie dienen dem Interesse der herrschenden Religionsführer.
Demokratisch unproblematischer wären:
- Niemandem darf ein bestimmter Glaube aufgezwungen werden
- Jeder muss sich vor der Gesellschaft für seinen Glauben argumentativ rechtfertigen
- Religiösen Gefühlen ist wissenschaftlich auf den Grund zu gehen, meist sind es (meiner Meinung nach) verdrängte Ängste, verdrängte Gottesfurcht.
Sie haben in ihrem letzen Abschnitt noch eine wichtige Sache angesprochen, die Kultur.
Die religiösen Vorstellungen, die in unserem Kopf herum spuken, werden uns weniger in der Schule oder im Gottesdienst indoktriniert, sondern über die Kultur.
Kultur als Medium für subtile Indoktrination ist ein unerforschtes Gebiet und der Gesellschaft weitgened nicht bewusst. Das sollte der Deutschen Forschungsgemeinschaft mal einen Sonderforschungsbereich in den Disziplinen Psychologie und Soziologie wert sein.
M. Landau am Permanenter Link
Hallo liebe-r A.S.
Das '?' kläre ich mal kurz auf: Frau - spielt aber (hoffentlich) im Rahmen unserer Diskussion keine weitere Rolle ;-)
»» nur der Schluss.
Ich hatte mir schon gedacht, dass Sie das so nicht unkommentiert hinnehmen.
»» Gehorsam bis zum Tod
Ich hatte das schon so gedacht-geahnt, wie Sie es beschreiben, samt dieser Nibelungentreue und, noch lange davor, der geistige - nicht: geist-L-iche ;-) - Tod. Zu diese 'geistigen Tode' noch ein paar Worte. Religiöse Indoktrination, Hirnwäsche, frühste Sozialisation usw. verhindert bereits im frühkindlichen Alter die freie geistige, mentale, emotionale und empathische Entwicklung. Kinder, die bereits im Vorschulalter zum Glauben erzogen werden, erfahren oft Verbot und Diktat. Freilich wird dann behauptet, dass sie das in 'dem Alter' noch nicht wahrnehmen, aber dem ist eben nicht so, Kindern nehmen absolut alles wahr, sie 'verarbeiten' es nur auf andere Weise... Ich gebe ja zu, dass einige unserer Generation, im Rahmen der 'antiautoritären Erziehung', den Bogen möglicherweise überspannt haben, aber - das versichere ich Ihnen - es war sicher nicht der einfachere Weg, ganz im Gegenteil. Dass es dabei, im Rahmen der Schule, nicht nur für meine Kinder, immer wieder zu Kontroversen gekommen ist, war abzusehen. Eines ist sicher, und war es seit je her: die (abstrakte) Auffassungsgabe ist bei Kindern zwar (noch) nicht ausgereift - logisch, das entwickelt sich genauso wie alles andere - aber das ist nicht gleichbedeutend damit, dass sie beschränkt ist. Mit anderen Worten: Indoktrination addiert nicht irgendwelche 'Werte' (Glaube, Doktrin, Ideologie usw.) hinzu, vielmehr be- und verhindern solche durchaus repressiven Erziehungsmethoden die ganz normale rationale, kognitive, emotionale und empathische Entwicklung. Aus der Rückschau betrachtet war es keine Kontroverse der antiautoritären vs. autoritären Erziehung, sondern der offenen Progressiven vs. geschlossenen Repressiven. Religiöse Erziehung (=Dressur) unterdrück die geistige und emotionale Entwicklung des Menschen. Das mag anmaßend und sogar arrogant anmutet, aber angesichts der Ergebnisse die bspw. die 'hohe Geistlichkeit' erst unlängst der Öffentlichkeit i.S. Missbrauchs- Täter und -Opfer zugemutet hat, wäre diese Haltung durchaus angemessen. Die Auffassungsgabe von Menschen, die in dieser Weise und wohlmöglich lebenslang, der immer wiederkehrenden Hirnwäsche in unterschiedlichen Varianten und Stärkegraden ausgesetzt waren bzw. sind, sind mental deformiert - »Steter Tropfen höhlt den Stein« - ihre Auffassungsgabe und ihre (Selbst-)Reflektion ist erodiert, eingeebnet und abgestumpft und mit 'Glaubensbausteinen' befüllt worden. Der Gehorsam bis zum Tode wird bereits im Vorschulalter eingeimpft und wirkt ein Leben lang.
Der Vergleich zum Nationalsozialismus drängt sich hier auf, allerdings war die zeitliche und historische Reihenfolge genau umgekehrt: Kirchliche Glaubensdoktrin war eine der, wenn nicht sogar die Grundlage, die die NS- wie auch andere 'geschlossenen' Ideologien, befördert haben. Goebbels war Jesuitenschüler und durch und durch von dem geprägt was man ihm dort hat 'angedeihen' lassen, dass dürfte einen großen Teil seinen 'Erfolgs' als Chefpropagandist der Nationalsozialisten erklären. Die in 12 Jahren geprägten Idiome werden bis heute tradiert. Dabei meine ich nicht die kruden Rechtsradikalen, sondern diese vermeintlichen Kleinigkeiten, die übriggeblieben sind und die uns beinahe täglich begegnen. Bspw. solche 'typisierenden' Klischees bei Menschen sind ein Merkmal solcher 'Altlasten'. Freilich ist das nicht nur im Nationalsozialismus so gewesen, aber genau hierzulande hat die mentale und emotionale NS-Kontamination, je nach Umfeld, leider immer noch eine gewisse Ausgeprägung.
-> Sie meinten doch mir in einem widersprechen zu müssen - jaja ;-) Ich vermeide - heute eher als früher - zwar den Kontakt zu und mit 'gewissen Leute' - meinetwegen auch aus Bequemlichkeit - aber das beruht ja nicht unbedingt auf Gegenseitigkeit. Was aber nicht gleichbedeutend ist mit Widerspruchslosigkeit. Obwohl, das räume ich ein, mittlerweile wende ich mich ab, was einem gewissen Grad an Resignation geschuldet sein wird. Ganz besonders in diesen Wochen, vor der Jahreswende - alle Jahre wieder - überkommt mich dieses ganz eigene vorweihnachtliche Grauen. In diesem Jahr ist es gefühlt noch schlimmer, denn sie kippen nur damit zu, sondern in diesem Tagen wird die Frage »Weihnachten oder nicht Weihnachten« zum existenziellen Problem im pandemischen Debattierklub. Der Kaiser nannte den Reichstag eine Schwatzbude und diffamierte ihn als Reichsaffenhaus, was ich, auch nach damaligen Verhältnissen, für mindestens unangebracht halte. 103 Jahre nach der Montage der Widmung »Dem deutschen Volke« erwische ich mich mittlerweile jedoch bei solch ketzerischen Gedanken wie etwa: »Dem deutschen Weihnachten« in bunt blickenden LED-Lettern.
Die Selbstopferung im Krieg - Sie mag heroisch wirken, aber nicht einmal für die Fremdenlegion ist das eine planbare oder gar doktrinäre Option. Im Gegenteil, eine Kerndoktrin ist dort niemanden zurückzulassen. Ich bin kein Fan dieses Vereins, ganz im Gegenteil, dennoch ist nicht zu übersehen, dass dort der Zweck das Handeln diktiert. Vermutlich liegt es am 'Mangel an Alternativen'- leben oder sterben. Im Bereich des 'Kultischen' zelebrieren sie die Ehrung der 'Ahnen' aus ihren Reihen; eines der ältesten Kult- und Stammesrituale der Menschheit und durchweg nicht-missionarisch. Ein Punkt solle noch betont werden: Selbstopferung in einem Kriegsgeschehen hat kaum bzw. nichts mit 'Selbstmordangriff' zu tun, ganz gleich ob im militärischen Kontext (bspw. Kamikaze), beim Selbstmordterror oder im Guerilla-Kampf. Die zugrundeliegende Taktik ist ganz und gar unterschiedlich.
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Ich habe mir vor allem diese nachfolgende Passage Ihrer Ausführungen einige Male durchgelesen. Ihr Gedankengang ist schlüssig, aber er geht IMHO etwas zu weit bzw. nimmt vorweg was so selbstverständlich nicht ist.
»» Die uns indoktrinierten Maximen:
»» - Jeder darf glauben was er will
DARF - ob es eine-r kann ist noch eine ganz andere Frage. Religiös geprägte Menschen glauben niemals was sie wollen, auch wenn sie meine das zu tun bzw. tun zu können. Sie agieren im Alltag, bei ganz banalen Nebensächlichkeiten, nach solchen religiösen Maximen. Meist geht das unbemerkt und ohne weitere Konsequenz durch, aber manchmal eben nicht.
»» - Man darf anderen den Glauben nicht nehmen
Na, hier bin ich eher bei Ihnen. Dem einen oder anderen, auch hier auf der Plattform hat meine 'Sichtweise' dazu schon sehr deutlich verspüren können. Eindeutig darf man. Die Frage ist nur: Vermag man das auch? So ein 'richtiger' Superchrist oder ein 'echter' Muslim »stehen fest im Glauben« - eine merkwürdige Metapher, wie ich finde. Wie auch immer, solche werden Sie niemals überzeugen können. Das hat nichts mit 'Unfähigkeit' oder 'Ignoranz' zu tun, sondern mit dem sehr simplen Umstand, dass deren 'Glaube' nichts Rationales ist.
» - Man darf religiöse Gefühle nicht verletzen
Das ist ein Popanz der, seit Jyllands Postens Mohamed-Karikaturen, gerne und oft in Verbindung mit Fahnenverbrennungen skandiert wird. Seit Charlie Hebdo hat das leider einen sehr blutigen Anstrich, der immer wieder neu aufgelegt wird. Es muss aber nicht gleich blutiger Terror sein, denn auch Christliches in dieser Weise erreicht einen, ganz besonders in dieser Jahreszeit, sogar an der Supermarktkasse - mich zuletzt am Samstag, wie erwähnt. Ja, ich hätte ... aber es war kalt und ich wollte Heim :) Dennoch sind es solche Augenblicke in denen mir bewusst wird, dass die Abnutzung auch bei mir Spuren hinterlassen hat. Natürlich stelle ich mir auch die Frage, ob das Alter da eine Rolle spielt, aber wenn es mir heute so übel aufstößt wie vor Jahrzehnten, dann ist das für mich ein gutes Indiz darauf, dass meine Verkalkung soweit noch nicht fortgeschritten sein kann. Nein, es ärgert mich heute eher, dass ein Mädel, dass schätzungsweise nicht einmal 20 ist, genauso religiös konditioniert ist, wie ... eh und je... und das jedem andreht. Möglicherweise sind solche Breitenphänomene nachhaltiger als spektakuläre Einzelaktionen und zweigen dieses quasi selbstverständliche Religiöse in der Gesellschaft. Es geht gar nicht darum wie ich das finde, sondern darum, dass es überhaupt soweit kommen konnte und wo das Alles hinführen wird. Zwar ist der Trend zur Säkularisierung bereits seit Längerem deutlich, aber das muss nicht heißen, dass es so bleiben wird. Hätte ich der Kassiererin widersprochen wäre das als Unfreundlichkeit auf eine (vermeintlich) freundliche Geste wahrgenommen worden: »Das ist man/frau nun freundlich zu den Kund*innen und diese Alte wird 'grundlos' pampig«. Die Wahrnehmung des 'Grundlosen', so verstehen die Menschen das in solchen Situationen meist, wäre dabei der tatsächliche Tiefpunkt. Er impliziert nämlich, dass Weihnachten für alle - ob sie nun wollen oder nicht - verbindlich ist. (vgl. weiter oben: "Jeder darf glauben was er will") Im Hintergrund droht dabei die gutbekannte Metapher: »Und willst du nicht mein/e Bruder/Schwester sein, dann schlag ich dir den Schädel ein«. Keine Spur von 'Dürfen', es ist Advent und basta! Soviel vom Alltag an der Einkaufsfront :-D
Vermutlich werde ich mich damit abfinden müssen, der Stupidlogik folgend, dass wer keine religiösen Gefühle hat auch nicht verletzt werden kann =»Haben se sich nicht so! Sie glauben doch eh an nix«
»» - Niemandem darf ein bestimmter Glaube aufgezwungen werden
Das ist wohl klar - oder sollte es sein. Erinnerung an Frau Göring-Eckardts propagandistische EntgleisungEN zur christlichen Mission. Nur zur vorauseilenden Vermeidung von Irrtümern: sie ist bei B90/Gründe und nicht bei Opus Dei oder schlimmer.
»» - Jeder muss sich vor der Gesellschaft für seinen Glauben argumentativ rechtfertigen
Das halte ich für problematisch, ist es doch die Umkehrung der Rechtfertigung (und darüber hinaus!) für den 'Nichtglauben' bzw. 'Unglauben'. Mir ist zwar klar, worauf Sie hinauswollen und was Ihnen vorschwebt, aber das könnten viele andere ganz anders 'verstehen'...
Der realexistierende Sozialismus hat Religion ideologisch verworfen in der politischen Praxis jedoch später eingeschränkt zugelassen. Dass es hier im Grund um zwei konkurrierende Glaubensideologien gegangen ist, gerät dabei leicht in den Hintergrund, da das eine Staatsdoktrin war und das andere 'nur' Glaube. Freilich könnte jeder annehmen, das sei meine Richtung: Säkularität, sogar Laizismus und links- und sozialorientierte Politik. Von den Grundelementen her, mag das zutreffen, aber das alleine reicht nicht, denn all diese politischen Ziele sind als vermeintlicher Selbstzweck relativ sinnlos, erst in einem vollständigen Kontext gewinnen sie ihre Bedeutung. Ohne Auseinandersetzung und Reflexion ist der Stillstand imminent.
Die Forderung nach Rechtfertigung birgt die Gefahr der 'Gesinnungskontrolle' ja sogar der Kulpabilisierung. So etwas wird leicht zum Fass ohne Boden und öffnet Spitzeln und Denunzianten Tür und Tor. Ich kann nicht sagen, dass mir der Gedanken an eine Glaubensrechtfertigung als solche unsympathisch erscheint, umso mehr wir heute (noch) eine Art Kultur der 'Nichtglaubensrechtfertigung' haben:
»Ich kann nicht verstehen, wie jemand nicht an Gott glauben kann« - »Ich kann nicht verstehen, wie jemand nicht in die Kirche/Moschee/Synagoge kann« - »Ich kann nicht verstehen, wie jemand nicht Weihnachten/Ostern/Zuckerfest/Ramadan halten/Chanukka/Pessach usw. kann« - etc. etc. pp.
Das mag lächerlich erscheinen, dennoch taxieren Menschen einen genau nach diesem Schema immer wieder => Erinnerung an meine Kassiererin im Supermarkt; es ist eigentlich immer dieselbe Sache in unterschiedlichen Stärken und Varianten.
Was ich aber auch nicht möchte ist diesen Spieß herumdrehen. Der Grund für diese Haltung ist sehr simpel, ja sogar schlicht: Weil dann alles wieder genauso weiterginge wie vorher, nur unter anderen Vorzeichen. Zudem will ich Religiösen unter gar keinen Umständen die eigene ideologische Kreuzigung ermöglichen; sie stilisieren sich ja heute schon zu unverstandenen Opfern der fortschreitenden Gottlosigkeit (so nennen sie gerne Säkularität), wenn Menschen nicht bedingungslos ihrer göttlichen Mission folgen wollen. Bedingungslos? Auf Adventswünsche bspw. erwartet der Wünschende eine positive Entgegnung mit frohem Lächeln auf der Visage. Alles andere gilt als 'ungehörig' und verletzt die religiösen Gefühle. Gelegentlich antworte ich »Selber!« und gelte fortan als grimmige Hexe. Auf den passenden Besen zum weihnachtlichen Hexensabbat warte ich jedoch vergeblich ...
Was ich möchte: es soll aufhören. Der religiöse Mief soll sich verziehen und nichts soll(te) ihn ersetzen.
»» - Religiösen Gefühlen ist wissenschaftlich auf den Grund zu gehen, meist sind es (meiner Meinung nach) verdrängte Ängste, verdrängte Gottesfurcht. ««
Gut, hier begeben wir uns auf die wissenschaftliche und medizinisch-psychologische Ebene. Sie sprechen verdrängte Ängste an. Das ist bereits seit langer Zeit Gegenstand sehr ausführlicher Forschungen und ein bedeutendes diagnostisches Kriterium bei sehr unterschiedlichen Varianten psychischer 'Veränderungen' - diesen Begriff wähle ich ganz bewusst, denn nicht alle Ängste haben gleich pathologisch-krankhafte Züge. Auch 'religiöser Wahn', von der leichten Anwandlung bis in die Geschlossene in extremen Fällen, ist darunter.
Angst als solche ist eines dieser elementaren Gefühle, die unser Leben maßgeblich bestimmt. Sie wird ausgiebig genutzt, etwa in der Politik und in der Religion, die IMHO nichts anderes als eine politische Methode ist Menschen zu kontrollieren und zu beherrschen. Angst kann sowohl positiv wie auch negativ sein. In Corona-Zeiten wäre etwas mehr Angst vor dieser Erkrankung bei manchen sicher hilfreich, genau dazu hat die Evolution dieses Gefühl bei vielen Lebewesen 'eingebaut'. Aber was tun zu viele Politiker? Sie schwafeln vom drohenden Ausfall des Weihnachtsfestes, ganz so als stünde der Weltuntergang bevor. Wenn der sonst keine Sorgen hat, dann ist ja alles Bestens. Dass dieser religiöse Irrsinn die Verbreitung des Virus massiv beschleunigen wird, sollte allen Menschen bewusst sein. Das ist einfach Wahnsinn und beweist nur zu deutlich wie diese Spinner ticken.
Bei der Kultur gehe ich sogar noch weiter als Sie es tun. Kultur ist der Spiegel der Gesellschaft aber auch ein wichtiges Instrument zu seiner Gestaltung.
Ja, es ist wieder NS-Zeit. Diesmal weniger als Vergleich, denn als eine Art 'Reagenzglas'. Die NS-Propaganda (nicht nur Goebbels) hatte sehr rasch den enormen Nutzen und die Reichweite der Kultur auf allen Ebenen erkannt. Genauso war es im Sozialismus, wenn auch nicht so krass wie bei den Nazis. Die chinesische Kulturrevolution war ein sehr spezieller Fall, wo es um die Beendung der 'reaktionären alten Kultur' und um ihre Beseitigung ging und den Ersatz durch und Einsatz als Propaganda. Wie ein Ableger davon heute noch, in Extremgroteske dargeboten wird, kann man in Nordkorea bestaunen. Das ist so abgedreht, dass es beinahe schon wieder sehenswert ist. Was Nordkorea von Nazideutschland kulturell unterscheidet ist der Zeitrahmen. In Nordkorea hat man sich kaum Zeit gegeben 'alte Kunst' ggf. als 'Entartet' zu diffamieren, die haben alles übernommen, kräftig gemischt und ihre Bürger in diesen totalen Propagandamix eingelegt; niemand dort kann dem entkommen. Dort schwebt über allem der Glaube an die Kim-Führer, sowohl an die Toten als auch an den Lebenden und das ist kein Spaß, denn wer abweicht wird im Lager umerzogen.
Und bei uns ist das nicht so? Hier nennt man es Konsum, aber es ist kulturell betrachtet Religion pur. Zu allen christlichen Festen werden Milliarden umgesetzt, ganz besonders zu Weihnachten. Wie es derzeit in den Supermärkten und Discountern aussieht, ist rational kaum zu begreifen: es ist der Spiegel der mehrheitlichen Kundenwünsche.
Ist dieser Markt denn Kultur? Die Kultur dieser Gesellschaft, samt ihren Grundlagen, werden beworben und vermarktet, ganz egal was es ist und wo es stattfindet.
Kennen Sie das hohe Kulturgut 'Film'? Nun, auch das wird religiös genutzt, wie es von allen Propagandisten hemmungslos missbraucht wird.
Ein Beispiel ist dieser sehr bekannte Hollywood-Film
https://www.youtube.com/watch?v=3e0f2dHCUQo
Jimmy Stewart war schon ein großartiger Schauspieler; in dieser Rolle ganz besonders, denn er war zutiefst überzeugt von der Figur, die er da gespielt hat. Er hatte viele Nachahmer; Weihnachtsfilme in allen Schattierungen grausigen Kitsches, gibt es alle Jahre wieder und aufs Neue. Und schon hören wir es unken: »Wie kann sie nur einen so schönen und gefühlvollen Film zur Propaganda heruntermachen?« Ja, was in aller Welt ist es sonst? »Unterhaltung, nichts weiter«. Tja-Ja, vor allem 'nichts weiter' ...
Jetzt stellen Sie sich das Ganze herumgedreht vor, also was jetzt Religiös wäre, wäre dann Nicht- (oder Anti- ?) Religiös.
Eigentlich geht es bei dieser Fragestellung gar nicht (so sehr) darum was richtig und was falsch wäre, sondern darum, ob eine Umkehr nicht genau dasselbe wäre wie bisher. Gewichtige Nebenwirkung wäre der römische Effekt, wie ich das nenne. In unseren Kulturkreisen würden Christen sich wieder als Verfolgte sehen (tun sie ja jetzt schon - die Opferrolle als Propagandainstrument), auch ohne im Circus Maximus verfüttert zu werden. Wollen Sie es etwa verantworten, dass ein neuer Constantin vorbeischaut? Nee, ne! Der Letzte hat wirklich gereicht...
Weihnachtsmann und Christkind sind vermutlich Borg: Widerstand ist zwecklos...!
Es ist ein Märchen und das sollte es endlich wieder werden und vor allem bleiben.