Am heutigen Freitag ging es vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht darum, ob die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft sei und deshalb Schilder aufstellen könne, die auf die freitäglichen Nudelmessen hinweisen. Das Gericht konnte aufgrund der vorgebrachten Einwände noch kein Urteil fällen und vertagte sich.
Über die Vorgeschichte, die zu diesem Gerichtsverfahren führte, sprach der hpd bereits mit Daniela Wakonigg, deren Buch darüber in diesen Tagen beim Alibri-Verlag erschienen ist.
In der heutigen Verhandlung ging es konkret um die Frage, ob das am Ortseingang von Templin aufgestellte Schild rechtmäßig dort plaziert wurde oder nicht. Das Straßenbauamt, das die ursprüngliche Genehmigung gab, zog diese später auf ministeriale Anweisung zurück. Auch an mündliche Zusagen konnte sich später niemand mehr erinnern.
Dabei geht es im Kern darum, zu entscheiden, – und davor sträubten sich bislang alle Gerichte – ob es sich bei der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters (KdFSM) um eine Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaft handelt oder nicht.
Kein Urteil gefällt
Das Gericht hat ausführlich vorberaten und kam dabei – anders als alle vorherigen Instanzen – ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die zentrale Frage die sei, ob die KdFSM eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft ist.
Das Gericht ist zum Ergebnis gekommen, dass es sich bei der KdFSM nicht um eine Religionsgemeinschaft handelt, weil es an ernstgemeintem transzendentem Inhalt fehlt. Zu prüfen war so weiterhin die Frage, ob es sich hier um eine Weltanschauungsgemeinschaft handelt. (Der KdFSM e.V. sieht sich selbst ja als eine solche.) Auch mit dieser Frage hat sich das Gericht in der Vorberatung sehr intensiv auseinandergesetzt und ist im Ergebnis zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei der KdFSM auch nicht um eine Weltanschauungsgemeinschaft handelt, weil sie sich primär gegen etwas richtet und nicht genügend eigenen Inhalt habe.
Während der Verhandlung wurde vom Kläger (KdFSM e.V.), vertreten durch Rüdiger Weida und seinen Rechtsanwalt, Wilfried Rath, bestritten, dass die Kirche keine eigenen Werte habe. Insbesondere wurde darauf verwiesen, dass die Satzung des Vereines deutlich macht, dass man sich an den Werten des evolutionären Humanismus orientiert.
Dies wurde vor Gericht intensiv ausgeführt, so dass das das Gericht sich nicht in der Lage sah, unmittelbar ein Urteil zu fällen, sondern sich zur erneuten Beratung zurückzog. Das Urteil wird deshalb erst am 02. August 2017 verkündet.
11 Kommentare
Kommentare
Stefan Dewald am Permanenter Link
›Transzendent‹ bedeutet doch lediglich ›über sich hinaus‹.
Rainer am Permanenter Link
Nun, ich bin selbst bekennendes Mitglied der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters und nehme regelmäßig an nudeligen Gottesdiensten teil.
Während die aggressiven Sekten der Säbelrassler und Betschwestern reichlich mit Steuergeschenken bedacht werden, gehen wir Nudeligen leer aus. Das ist offener Verfassungsbruch! Daher fordere ich den Gottesdienst für alles! Anzahl der Piraten hin, Anzahl der Piraten her.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Ich denke, im philosophischen und religiösen Sprachgebrauch bedeutet transzendent das, was außerhalb oder jenseits eines Bereiches möglicher Erfahrung liegt.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"..., weil es an ernstgemeinten transzendentem Inhalt fehlt."
Das wurde vom Gericht wirklich so vorgetragen? Hat denn das Gericht auch ausgeführt, was ein "transzendenter Inhalt" ist? Ist dieser Begriff nicht selbstwidersprüchlich, weil "Inhalt" etwas Substanzielles, etwas Greifbares, etwas "Einfüllbares" ist? Und was ist das "Hüllgefäß" dieses Inhalts? Das kann doch nur etwas aus dem Diesseits sein, das empirisch erfasst und von Religionen (deren Vertreter allesamt Teile des Diesseits sind) genutzt werden kann.
Das Transzendente wird jedoch bewusst als nicht zum Diesseits gehörig definiert. "Als transzendent gilt, was außerhalb oder jenseits eines Bereiches möglicher Erfahrung, insbesondere des Bereiches der normalen Sinneswahrnehmung liegt und nicht von ihm abhängig ist. Mit der in der Bezeichnung enthaltenen Vorstellung des „Übersteigens“ ist vor allem eine Überschreitung der endlichen Erfahrungswelt auf deren göttlichen Grund hin gemeint, ..." (Quelle: Wikipedia)
Also kann es keinen "transzendenten Inhalt" geben - und zwar bereits aus der Definition heraus, ohne die Frage klären zu müssen, ob es das "Transzendente" überhaupt gibt (was auch immer "gibt" in diesem Zusammenhang bedeuten kann) oder ob es "ernstgemeint" ist. So betrachtet hat keine Religion einen "transzendenten Inhalt", weil sich dieser dem Einfüllen in eine diesseitiges "Gefäß" verweigert.
Ich finde, an diesem Prozess muss man dranbleiben, weil sich hier einige fundamentale Missverständnisse in Bezug auf Religion dingfest machen können. Denn was bedeutet es, wenn das Gericht einen "transzendenten Inhalt" für Religionen voraussetzt, es diesen Inhalt aber aus logischen Überlegungen heraus gar nicht geben kann? "Gott" ist ja auch kein Mitglied der Kirche, sondern steht außerhalb jeder fassbaren oder beinhaltbaren Realität. Alle religiösen Behauptungen stehen außerhalb jeder historischen oder logischen Greifbarkeit. Sie sind eben "transzendenter" Natur.
Damit können sie aber unmöglich justiziabel sein. Es gibt von keinem "Gott" und auch nicht vom "Fliegenden Spaghettimonster" (Käse und Tomatensoße auf es) - die als einzige hier aufklärend tätig werden könnten - eine ladungsfähige Adresse. Wenn das Fehlen dieser Adresse beim FSM (Käse und Tomatensoße auf es) zum Ergebnis führt, dass es wohl keinen Inhalt in die KdFSM einbringt, dann gilt dies in gleichem Maße auch für alle anderen "Götter", inklusive des christlichen "Gottes".
Mit welchem Argument könnte dann also - folge ich der Argumentation des Gerichts - irgendeine Religion als Religionsgemeinschaft anerkannt werden, da keine die Anforderung des Gerichts, nämlich einen "transzendenten Inhalt" zu haben, erfüllen kann. Gleiches Recht für alle ist ein hohes Rechtsgut in Deutschland. Das schiere Alter einer Religion führt auch nicht zwangsläufig zu einem "transzendenten Inhalt", da dieser, wie ich oben ausgeführt habe, in sich selbstwidersprüchlich ist...
Matthias Krause am Permanenter Link
Sehr bezeichnend, dass es nicht darauf ankommt, ob die Vorstellungen ERNST ZU NEHMEN sind, sondern nur darauf, dass sie ERNST GEMEINT sind.
Jürgen Roth am Permanenter Link
Ich verstehe nicht so ganz, warum diese Unterscheidung von Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft von Bedeutung ist.
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Bravo erstmal, für die Leistung, eine offenbar bereits vorgefasste Meinung des Gerichts erschüttert zu haben.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Also, Pasta + Fleischbällchen sind deutlich "genügend" eigener Inhalt!
Aber ich schon nachvollziehen, dass den (nicht Nudel-)Gerichten der Arsch auf Grundriss geht...
Hans Trutnau am Permanenter Link
Grundeis, du verfluchte Autokorrektur!
Wolfgang am Permanenter Link
Interessant finde ich, das man ein Gericht sozusagen in die Knie zwingen kann und es nicht in der Lage ist, ein gerechtes Urteil zu fällen.
annen nerede am Permanenter Link
dpa hat seine Berichterstattung ergänzt:!!!!
Sehr geehrte Frau Nerede,
vielen Dank für Ihre Zuschrift.
In der am Nachmittag versendeten Zusammenfassung wurde auch ein Statement der Religionsgemeinschaft berücksichtigt. Bitte finden Sie den erwähnten Text untenstehend.
Mit freundlichen Grüßen
Christina Gambarini
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Christina Gambarini
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Sitz: Hamburg HRB 68431 • USt.-Ident.-Nr. DE 118543436
Fr, 07.07.2017, 16:35
Medientyp: TextWeltanschauung oder nicht? Gericht tagt zu «Spaghettimonster»-Kirche
Offizielle Hinweistafeln zu «Nudelmessen» am Stadteingang von Templin wird es voraussichtlich weiter nicht geben. Der Parodieverein «Spaghettimonster» und etablierte Kirchen haben nach Ansicht von Richtern nichts gemein. Eine endgültige Entscheidung steht aber aus.
Brandenburg/Havel (dpa/bb) - Ist die «Spaghettimonster-Kirche» in Templin (Uckermark) eine Weltanschauung? Darüber berät derzeit das Oberlandesgericht Brandenburg/Havel - und tendiert wohl eher in Richtung Nein. Das jedenfalls deutete sich am Freitag in dem Berufungsverfahren an, wie Gerichtssprecherin Judith Janik auf Anfrage sagte.
Der Parodieverein «Kirche des fliegenden Spaghettimonsters» sieht sich selbst als Weltanschauungsgemeinschaft und verlangt die gleichen Rechte wie etablierte Kirchen. Vom Auftreten, äußeren Erscheinungsbild und dem geistigen Gehalt der Anschauungen her sähen das die Richter aber anders, erklärte die Sprecherin. Es sei auch die Satzung des Vereins berücksichtigt worden. Die Mitglieder wollen sich mit anderen Überzeugungen, die sie als engstirnig ansehen, mit satirischen Mitteln auseinandersetzen. Die Anhänger nennen sich «Pastafari».
Nach weiteren Beratungen will das Gericht die endgültige Entscheidung am 2. August verkünden. Möglich sind sowohl Zurückweisung als auch Zulassung des Antrages auf Berufung. Der Vorsitzende des Vereins, Rüdiger Weida, äußerte sich zufrieden, dass das Gericht nun noch Zeit für die Entscheidung habe. «Ich rechne mit einem positiven Ausgang», sagte er. Der Verein hatte das Land - vertreten vom Landesbetrieb Straßenwesen - verklagt, weil er vier Tafeln aufstellen wollte. Zuvor hatte das Landgericht Frankfurt (Oder) im April 2016 geurteilt, dass es dafür keine wirksame Vereinbarung gebe.
Bis zum Ende des Streits darf der Verein mit Genehmigung der Verwaltung Schilder an anderen Stellen in der Stadt anbringen. Dort wird auch über Städtepartnerschaften von Templin informiert. Eigentlich wollen die «Pastafari» gleichberechtigt für ihre «Nudelmessen» an Masten mit der katholische und evangelischen Kirche werben. Die Kirche der «Spaghettimonster» entstand vor mehr als zehn Jahren in den USA. Sie versteht sich als Kritik darauf, dass unter anderem der Kreationismus - die Ablehnung der Evolutionstheorie nach Charles Darwin - immer mehr Anhänger findet.