BERLIN. (hpd) Das Fliegende Spaghettimonster dient derzeit in zwei Gerichtsverfahren als Lackmustest für die Privilegierung der beiden christlichen Kirchen in Deutschland. In München klagte der Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit (BfG) um die Anerkennung einer "Betriebsstätte für gottesdienstliche Zwecke" - in Potsdam die "Kirche des Fliegende Spaghettimonsters" darum, Hinweisschilder für den Gottesdienst in Templin an eigenen Masten aufhängen zu dürfen.
Wie erwartet konnte sich das Verwaltungsgericht München nicht dazu durchringen, zu klären, warum es Privilegien für die Kirchen gibt. Michael Wladarsch, der Vorsitzende des "Bundes für Geistesfreiheit" (BfG) München, hatte gegen die Gebührenabteilung des Bayerischen Rundfunks (BR) geklagt. "Das Gericht soll klären, warum es Privilegien für die ohnehin privilegierten Kirchen gibt. Der BR weigert sich, mein Grafikbüro 84 GHz von den Rundfunkgebühren zu befreien, obwohl es eine Betriebsstätte ist, die gottesdienstlichen Zwecken gewidmet ist. Als Atheist glaube ich zwar an keinen Gott, doch das Gesetz verlangt einen. Um sicherzugehen, habe ich daher meine Betriebsräume nach dem religionstypischen Ritus des 'Fliegenden Spaghettimonsters' weihen lassen" sagte Wladarsch vorab.
Im Interview mit dem hpd hatte er bereits angekündigt, dass er die nächsthöhere Instanz anrufen werde, so seine Klage scheitert. Das bestätigte die Anwältin nach der Verhandlung ebenfalls. Denn das Hauptanliegen von Wladarsch, den Begriff "Gottesdienst" grundsätzlich auf den Prüfstand zu bringen und das Privileg der großen Kirchen, keine Rundfunkgebühren zahlen zu müssen, wurde nicht ernsthaft geprüft.
Für Michael Wladarsch ist dies eine "Satire-Aktion mit ernstem Hintergrund". In einer Pressemitteilung des BfG vom gestrigen Abend heißt es deshalb: "Der BfG ist deshalb auch bereit, zur Not bis zum Europäischen Gerichtshof zu klagen: 'Wir wollen höchstrichterliche Klarheit über Gott – und für den Fall seiner oder ihrer Existenz, was einen 'gottesdienstlichen Zweck' ausmache.' Der Bayerische Rundfunk (BR) hielt dem vor Gericht entgegen, ‘dass der Kläger seine Betriebsräume überwiegend für betriebliche und nicht für gottesdienstliche oder vergleichbare Zwecke nutzt.' Innerhalb einer Kirche sei nur das Sakralbauwerk beitragsfrei, nicht jedoch angeschlossene Räume wie Pfarrheime, Gemeindehäuser oder Verwaltungsgebäude. Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts in der Bayerstraße schloss sich dieser Auffassung des BR an. Wladarsch kündigte noch im Gerichtssaal an, er werde in die nächste Instanz gehen."
Auch im Fall des "Schild(bürger)streites in der Uckermark" gibt es Neuigkeiten. Die "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland" reichte beim jetzt beim Landgericht Potsdam Klage gegen das Land Brandenburg ein. Die Pastafaris beharren darauf, wie auch andere Kirchen Hinweisschilder für den Gottesdienst in Templin an eigenen Masten aufhängen zu dürfen.
Um die Hinweisschilder zur "Nudelmesse", dem Gottesdienst der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters, durften erst an den Masten angebracht werden, die auch die anderen Kirchen im Ort nutzten. Dann wurde die Genehmigung "vom Landesbetrieb Straßenwesen ohne nachvollziehbare Gründe widerrufen” heißt es in der Klageschrift. Hintergrund dafür dürfte unter anderem sein, dass die brandenburgische Kulturministerin Sabine Kunst (SPD) die Spaghettimonster-Kirche nicht als Glaubensgemeinschaft einstuft. Ihrer Auffassung nach handele es sich vielmehr um eine Religionsparodie “ohne ernsthafte religiöse Substanz".
Beide Verfahren wollen jedoch nur eines erreichen - und das steht tatsächlich in der Tradition der von Bobby Henderson begründeten "Religion des Fliegenden Spaghettimonsters" - Aufzeigen, wo und an welch oft kleinen und unerwarteten Nebenschauplätzen die christlichen Kirchen in Deutschland, dem Land mit der "hinkenden Trennung" zwischen Staat und Kirche, gegenüber anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften privilegiert werden.
Der hpd wird weiter über beide Rechtsstreite berichten.
3 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Hintergrund dafür dürfte unter anderem sein, dass die brandenburgische Kulturministerin Sabine Kunst (SPD) die Spaghettimonster-Kirche nicht als Glaubensgemeinschaft einstuft."
Das verstehe ich nicht.
Denn falls sie wirklich der Meinung ist: "Ihrer Auffassung nach handele es sich vielmehr um eine Religionsparodie “ohne ernsthafte religiöse Substanz".". dann wäre das doch ein triftiger Grund, die Kirche des FSM (Tomatensauce und Käse auf es) den anderen Religionsgemeinschaft ohne ERNSTHAFTE religiöse Substanz gleichzustellen - also allen.
Also, manchmal verstehe ich unsere Politiker nicht...
Hans Trutnau am Permanenter Link
Die Kardinalfrage ist, "warum es Privilegien für die Kirchen gibt".
Die Privilegien gehören abgeschafft!
Andrea Diederich am Permanenter Link
Es ist einfach zum kotzen mit diesen
kirchlichen Privilegien. Amen.