Nur noch halb soviel Religionsunterricht in Polen

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Krakau, Wawel
Krakau, Wawel

Die polnische Bildungsministerin Barbara Nowacka hat angekündigt, den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen des Landes auf eine Stunde pro Woche zu kürzen. Derzeit haben Schülerinnen und Schüler in Polen wöchentlich noch zwei Stunden konfessionellen Religionsunterricht. Zudem soll die Note im Fach Religion nicht in den Notendurchschnitt einfließen. Die Änderung gilt ab 1. September 2025.

Nowacka ist Mitbegründerin der linksliberalen Partei Inicjatywa Polska (iPL), die laizistische und feministische Strömungen vereint. Als Bildungsministerin übernahm sie nach dem Regierungswechsel Ende 2023 das Amt von Przemysław Czarnek, der als Vertreter der PiS-Partei einen religiös-konservativen Kurs verfolgte. Czarnek gehört auch zu den Kritikern von Nowackas Entscheidung. Nach seiner Ansicht ziele diese darauf ab, Christen und Katholiken ihrer Rechte zu berauben. Sie sei Teil eines "Programms der Entchristlichung, das seit mehreren Jahrzehnten (…) umgesetzt" werde und in Westeuropa "in einem erschreckenden Tempo voranschreite".

Auch aus den Reihen der polnischen Bischofskonferenz kommt Protest. Der Vorsitzende der dortigen Kommission für katholische Erziehung, Bischof Wojciech Osial, bezeichnete die Kürzung beim Religionsunterricht als "potenziell schädlich oder sogar diskriminierend". So könnten die Änderungen die Rechte der Eltern auf glaubensgemäße Erziehung ihrer Kinder einschränken, befürchtet der Kirchenmann.

Mit ihrer Entscheidung geht Nowacka auf Konfrontationskurs zur den Glaubensführern. Politiker seien der Kirche lange genug untertänig ergeben gewesen und hätten ihre Forderungen bereitwillig erfüllt, so die Ministerin. "Wir hingegen streben die Trennung von Kirche und Staat an", sagte sie weiter. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass ein Dialog von Politik und Kirche unabdingbar sei. Polen ist durch ein Konkordat mit dem Vatikan verpflichtet, katholischen Religionsunterricht an den Schulen anzubieten.

Bereits kurz nach Amtsantritt im Dezember vergangenen Jahres hatte Barbara Nowacka den Beschluss angekündigt. Als Begründung verwies sie auf die vielfältigen anderweitigen Aufgaben und Belastungen junger Menschen. Vor diesem Hintergrund sei nach ihrer Ansicht eine Stunde Religionsunterricht völlig ausreichend. Der Religionsunterricht an polnischen Schulen ist staatlich finanziert, während die Lehrkräfte und Inhalte von der Kirche bestimmt werden. Den Kommunen und Eltern stehe es frei, sich für mehr Religionsunterricht zu entscheiden, doch die Kosten dafür müssten sie selbst übernehmen, so Nowacka bei der Ankündigung. Sie war Teil eines ganzen Pakets von Änderungsplänen, die außerdem Gehaltserhöhungen für Lehrkräfte, eine Verschlankung des Lehrplans und die Abschaffung von benoteten Hausaufgaben in der Grundschule umfassen.

Die Kürzung des Religionsunterrichts spiegelt auch die stetige Abkehr der polnischen Bevölkerung von der Kirche wider. Bei der Volkszählung 2021 bezeichneten sich 71,3 Prozent der Befragten als katholisch. 2011 waren es noch 87,7 Prozent gewesen. In der Stadt Krakau hatten sich 2021 bereits über die Hälfte der Schülerinnen und Schüler weiterführender Schulen vom Religionsunterricht abgemeldet.

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