Dänemark

Rituelle Beschneidung: Medizinische Experten verlassen Kommission

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Vorhautamputationen sollten nur bei medizinischer Indikation und von medizinischem Fachpersonal durchgeführt werden.

Mitten in der neuen dänischen Beschneidungsdebatte haben mehrere medizinische Vereinigungen ihren Austritt aus der Kommission der Dänischen Patientensicherheit zur Festlegung von Richtlinien für nicht-therapeutische Vorhautamputationen erklärt.

In Dänemark wird erneut intensiv über die Beschneidung von Jungen diskutiert. Seit mehreren Jahren beschäftigt das Thema die dänische Politik. Obwohl laut Umfragen rund drei Viertel der dänischen Bevölkerung gegen die Beschneidung minderjähriger Jungen ohne medizinische Indikation sind, konnte sich der Gesetzgeber unter Hinweis auf die Religionsfreiheit bislang nicht zu einem Verbot durchringen. Nun liegt dem dänischen Parlament erneut eine entsprechende Gesetzesvorlage vor, über die bis Jahresende entschieden werden soll.

Laut Lena Nyhus von der Kinderschutzorganisation Intact Denmark schätzen die dänischen Behörden, dass jährlich etwa 1.000 bis 2.000 gesunde Jungen aus kulturellen oder religiösen Gründen beschnitten werden. Neue Schätzungen deuten darauf hin, dass die Zahl wahrscheinlich erheblich höher ist, in der Größenordnung von 3.500 pro Jahr. Die Gesundheitsbehörden registrieren hingegen nur rund 700 Beschneidungen pro Jahr.

Befürworter der religiösen Beschneidung männlicher Minderjähriger dürfte es nicht freuen, dass ausgerechnet jetzt, während der neuen Beschneidungsdebatte, mehrere medizinische Vereinigungen ihren Austritt aus der Kommission der Dänischen Patientensicherheit (STPS) zur Festlegung von Richtlinien für nicht-therapeutische Vorhautamputationen erklärt haben:

  • Die Dänische Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin
  • Der Dänische Hebammenverband
  • Der Dänische Verband medizinischer Pflegeberufe
  • Die Dänische Pädiatrische Gesellschaft
  • Die Dänische Gesellschaft für Urologie
  • Die Dänische Gesellschaft für Kinderchirurgie

Alle Organisationen und Verbände, die sich aus der Arbeitsgruppe zurückgezogen haben, sind grundsätzlich gegen die Beschneidung gesunder Kinder unter 18 Jahren. Ursprünglich war es ihr Ziel, aufgrund des bestehenden Nicht-Verbots der rituellen Jungen-Beschneidung wenigstens dafür sorgen zu können, dass diese sicherer durchgeführt oder wenigstens registriert werden. Doch ein entsprechender Weg schien sich bei den Beratungen nicht abzuzeichnen. Durch den Austritt des Großteils der für das Thema relevanten medizinischen Vereinigungen ist die Arbeitsgruppe nun de facto arbeitsunfähig. 

Laut dem Facharbeitskreis Beschneidungsbetroffener im MOGiS e. V. erklärte der Vorsitzende der Dänischen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Joachim Hoffmann-Petersen, diesbezüglich gegenüber dem Gesundheitsausschuss des Dänischen Parlaments: "Wenn das nächste Mal Komplikationen bei einer rituellen Jungenbeschneidung auftreten, sind nicht mehr die Anästhesisten in professioneller, ethischer oder rechtlicher Verantwortung. Es sind die Politiker, die weiterhin die rituelle Beschneidung von Jungen zulassen."

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