34 Jahre Haft für die saudische Studentin Salma al-Shehab, weil sie sich auf Twitter für Frauenrechte ausgesprochen und Tweets von Dissidenten retweetet hat: Das ist das höchste Urteil, das Saudi-Arabien jemals in einem solchen Fall ausgesprochen hat. Die Ereignisse werfen auch ein düsteres Licht auf die Verstrickungen des saudischen Königshauses mit der Social-Media-Plattform.
Salma al-Shehabs Reichweite in den sozialen Medien war eher gering, ihr Account bei Twitter zählte lediglich 2.597 Follower. Unter den Postings sind neben vielen Fotos ihrer Kinder auch Retweets von saudischen Regimekritikern. So unterstützte Shehab offenbar die Frauenrechtlerin Loujain al-Hathloul, die gegen Repressionen wie das (inzwischen aufgehobene) Autofahrverbot für Frauen protestiert hatte.
Die 34-jährige Salma al-Shehab arbeitete als Doktorandin an der Universität im britischen Leeds. Sie ist verheiratet und Mutter von zwei Söhnnen im Alter von vier und sechs Jahren. Im Januar 2021 wurde sie während eines Urlaub in Saudi-Arabien verhaftet. Der Vorwurf: Sie sei eine Gefahr für "die zivile und nationale Sicherheit".
Ein erstes Urteil hatte sich auf noch auf drei Jahre Haft beschränkt. Im Berufungsverfahren vor einem speziellen auf "Terrorismus"-Fälle spezialisierten Gericht erhöhten die Richter die Strafe nun auf 34 Jahre Gefängnis und anschließend weitere 34 Jahre Ausreiseverbot. Zuvor hatte der Staatsanwalt neue Anklagen gegen Shehab erhoben. Demnach habe sie durch Retweets von Dissidenten "diejenigen unterstützt, die versuchen, öffentliche Unruhen zu verursachen und die zivile und nationale Sicherheit zu destabilisieren".
Die UN-Menschenrechtsorganisation OHCHR äußerte sich empört über das Urteil. In einer Erklärung forderte die OHCHR-Sprecherin Liz Throssell am Freitag die sofortige Freilassung von Shehab. Weiter appellierte sie an die saudischen Verantwortlichen, alle Urteile gegen Menschenrechtler zu überprüfen, die sich für Reformen der Repressionspolitik des Landes eingesetzt haben.
Der Fall Salma al-Shehab ist das jüngste Beispiel für den repressiven Kurs des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman gegenüber Aktivistinnen und Aktivisten in den sozialen Medien. Und er wirft ein düsteres Licht auf die Verstrickungen des saudischen Königshauses mit Twitter. Mohammed hält über den saudischen Staatsfonds Public Investmet Fund (PIF) eine hohe Beteiligung an dem Microblogging-Dienst. Laut Guardian habe Twitter jegliche Stellungnahme zu dem Fall abgelehnt und gebe auch keine Auskunft darüber, inwiefern Saudi-Arabien Einfluss auf das Unternehmen ausübt.