Großzügige neue Ablassregeln aus dem Vatikan

Schneller raus aus dem Fegefeuer

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Aus dem Vatikan gibt es gute Nachrichten für die weltweit 1,4 Milliarden Katholiken. Sehr gute sogar. Verkündet hat sie kürzlich Kardinal Angelo De Donatis. Der ist Großpönitentiar. Wem das nichts sagt: Die Pönitentiarie ist eine Behörde des Vatikans, die für Gnaden- und Ablasswesen zuständig ist. Und damit sind wir beim Thema, bei der guten Nachricht: Es gibt demnächst freigebige Angebote der katholischen Kirche für den Ablass – für den Erlass von Sündenstrafen.

Sündenstrafe ist für gläubige Katholiken die Zeit, die die Seele nach dem Tod im Fegefeuer verbringen muss, bevor sie zu Gott in den Himmel gelangt.

Weil ein Aufenthalt im Fegefeuer nun alles andere als angenehm klingt, erscheint es sinnvoll, die Zeit dort wenigstens abzukürzen. Mit einem Ablass eben. Nein, das kostet heutzutage nichts mehr. Nicht mehr so wie früher, als die Kirche sich dieses Versprechen durch den Verkauf von Ablassbriefen bezahlen ließ. Nach der Devise: "Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!"

Weil der Vatikan im Jahr 2025 ein sogenanntes "Ordentliches Jubiläum" feiert, verspricht der Papst, dass Gottes Barmherzigkeit in diesem Jahr besonders grenzenlos ist. Mit ein wenig Zutun könnten sich "die Gläubigen anspornen lassen, den frommen Wunsch zu hegen und zu nähren, den Ablass als Gnadengeschenk zu erhalten".

Aber wie können sie das anstellen? Nach dem Dekret des Großpönitentiars stehen den Gläubigen dafür im nächsten Jahr mehrere Alternativen zur Verfügung. Sie können eine fromme Wallfahrt zu einer der heiligen Stätten des Jubiläums unternehmen und dort andächtig an der heiligen Messe teilnehmen. Diese heiligen Stätten sind der Petersdom in Rom und drei weitere Basiliken in der Stadt. Wahlweise können auch die Basiliken in Jerusalem, Bethlehem und Nazareth aufgesucht werden. Wer nicht so reisefreudig ist, dem sollen die Bischöfe auch andernorts in ihren Kathedralkirchen eine entsprechende Wallfahrt ermöglichen. Es geht sogar noch einfacher, wie es in dem Dekret aus dem Vatikan heißt:

"Ebenso können die Gläubigen einen Jubiläumsablass erlangen, wenn sie einzeln oder als Gruppe andächtig eine beliebige Stätte des Jubiläums besuchen und dort während einer angemessenen Zeitspanne in eucharistischer Anbetung und Meditation verweilen und mit dem Vaterunser schließen, dem Glaubensbekenntnis in jeder rechtmäßigen Form und der Anrufung Marias, der Mutter Gottes, abschließen, damit alle in diesem Heiligen Jahr die Nähe der liebevollsten aller Mütter erfahren können, die ihre Kinder niemals verlässt."

Nun gibt es Gläubige, die ganz und gar nicht flexibel sind. Müssen sie diese fehlende Mobilität zu irdischen Tagen dann wirklich damit bezahlen, dass ihre Seele länger im Fegefeuer schmort? So herzlos will man im Vatikan nicht sein und macht dieses Angebot:

"Die wirklich reuigen Gläubigen, die aus schwerwiegenden Gründen nicht in der Lage sind, an feierlichen Veranstaltungen, Wallfahrten und frommen Besuchen teilzunehmen (wie Nonnen und Mönche in Klausur, alte Menschen, Kranke, Gefangene sowie diejenigen, die in Krankenhäusern oder anderen Pflegeeinrichtungen einen ständigen Dienst an den Kranken leisten) erhalten den Jubiläumsablass unter den gleichen Bedingungen, wenn sie im Geiste vereint mit den anwesenden Gläubigen, insbesondere zu den Zeiten, in denen die Worte des Papstes oder der Diözesanbischöfe über die Medien verbreitet werden, in ihren eigenen Häusern oder dort, wo die Beeinträchtigungen sie daran hindern (z.B. in der Kapelle des Klosters, des Krankenhauses, des Pflegeheims, des Gefängnisses...) das Vaterunser, das Glaubensbekenntnis in jeder rechtmäßigen Form und andere Gebete, die den Zielen des Heiligen Jahres entsprechen, und ihre Leiden oder die Nöte ihres Lebens vor Gott zu tragen."

Nun könnten Schlitzohren unter den Gläubigen auf die Idee kommen, den Ablass nicht nur für sich, sondern auch für gute Freunde zu erbitten, ohne dass diese Sünder auch nur einen Finger krumm machen müssten. Auch daran haben die Ablassexperten im Vatikan gedacht. Solch Trickserei ist nicht erlaubt. Wohl kann man diesen Freundschaftsdienst bereits Verstorbenen leisten – und einer bereits im Fegefeuer leidenden Seele die Zeit verkürzen. Man erbittet den Ablass für sich und einen Toten. In dem Dekret heißt es zu solch selbstlosem Tun anerkennend: "Durch diese doppelte Opfergabe wird eine lobenswerte Übung übernatürlicher Nächstenliebe vollzogen, durch die die Gläubigen, die noch auf der Erde leben, zusammen mit denen, die ihren Weg bereits vollendet haben, im mystischen Leib Christi vereint sind."

Dass mit dem früher mal kostenpflichtigen Ablass im Heiligen Jahr geradezu verschwenderisch umgegangen wird, zeigt auch dieses Angebot in dem Schreiben aus dem Vatikan: "Ebenso können die Gläubigen den Jubiläumsablass erlangen, wenn sie ihre Brüder und Schwestern in Not oder Schwierigkeiten (Kranke, Gefangene, alte Menschen in Einsamkeit, Behinderte...) über einen angemessenen Zeitraum besuchen, so als ob sie zu Christus pilgern würden, der in ihnen gegenwärtig ist und wenn sie die üblichen geistlichen, sakramentalen und betenden Bedingungen erfüllen". Beichte, Kommunion und Gebet müssen also schon sein.

Und noch weitergehend: Der Jubiläumsablass kann auch durch Initiativen erreicht werden, "die den Geist der Buße, der die Seele des Jubiläums ist, konkret und großzügig umsetzen, indem sie insbesondere den bußfertigen Wert des Freitags wiederentdecken: indem man im Geiste der Buße mindestens einen Tag lang auf sinnlose Ablenkungen (reale, aber auch virtuelle, die z.B. durch die Medien und die sozialen Netzwerke hervorgerufen werden) verzichtet." Das ist wirklich modern gedacht im Vatikan: Das Handy wegzulegen verkürzt die Qual im Fegefeuer.

Freilich muss man vorher beichten. Denn die Beichte und die anschließend durch den Beichtvater auferlegte Buße bedeutet erst einmal nur die Sündenvergebung. Nicht gleichzusetzen mit dem Erlass der Sündenstrafe. Dafür braucht es eben noch den Ablass. Die Beichte ist gewissermaßen vorgelagert. In dem Dekret des Großpönitentiars werden die Gemeinden dazu aufgefordert, genügend Beichtkapazitäten zur Verfügung zu stellen. Und dann heißt es: "Die Beichtväter werden, nachdem sie die Gläubigen liebevoll über die Schwere der Sünden belehrt haben, die mit einem Vorbehalt oder einem Tadel belegt sind, mit pastoraler Liebe geeignete sakramentale Bußmaßnahmen festlegen, um sie so weit wie möglich zu einer stabilen Reue zu führen und sie je nach der Art des Falles zur Wiedergutmachung aufzufordern."

Welch ein wuchtiger Satz! Lesen Sie den gern ein zweites Mal. Und denken dabei einmal an den Umgang der katholischen Kirche mit klerikalen Missbrauchstätern in ihren Reihen, die man sich wahlweise auf der einen oder der anderen Seite im Beichtstuhl vorstellen kann.

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