Rituale gehören zur Essenz des Lebens. Es bereitet uns Vergnügen, freudige Ereignisse zu ritualisieren. Wir lieben auch alltägliche Rituale, weil sie uns Halt, Orientierung und Strukturen geben. Und sie helfen uns, die Unwägbarkeiten unseres Daseins besser zu ertragen. Religiöse Rituale jedoch, wie Verehrung und Huldigung der göttlichen Wesen, führen zur Autosuggestion und sind Teil der Indoktrination.
Die psychologische Bedeutung und Wirkung der Rituale haben Religionen und Glaubensgemeinschaften schon früh erkannt. Geistliche sind Ritualexperten, Kirchen Ritualhäuser. Von der Taufe über die Konfirmation, das Abendmahl, die Eheschließung, Beichte, Abdankung und die Kirchenfeste: Alle Ereignisse folgen klaren Mustern und Abläufen. Würden Rituale verboten, gäbe es keine Kirchen mehr.
Katholiken verehren die Mutter Gottes und huldigen Jesus
Zu den Ritualen gehören auch die Verehrung, Anbetung und Huldigung. Gläubige von Weltreligionen huldigen ihren göttlichen Wesen. Katholiken verehren beispielsweise die Mutter Gottes, beten Jesus an, lobpreisen Gott.
Hier unterscheiden sich die großen Religionen kaum von Sekten. Ihre Anhänger verehren in gleicher Weise ihren Führer oder Guru, fallen vor ihnen auf die Knie, meditieren vor ihrem Porträt, verehren sie als Reinkarnation einer göttlichen Instanz.
Solche Rituale sind Unterwerfungen und ein wichtiger Aspekt der Indoktrination. Denn es ist ein Paradox, einen Gott, Papst, Guru oder Sektenführer anzubeten und ihm zu huldigen. Wer das Göttliche verkörpert und entsprechende religiöse Fähigkeiten und Kompetenzen zu haben glaubt, braucht keine Verehrung oder Unterwerfung.
Was hätten göttliche Wesen davon, wenn sie angebetet werden und die Gläubigen ihnen schmeicheln? Steigt dabei ihr Selbstwertgefühl, suhlen sie sich im Bad der Huldigungen?
Sollten sie anfällig sein für Verehrung, würden sie allzu menschliche Bedürfnisse und Regungen zeigen, die eines Gottes nicht würdig sind. Das Anbeten von göttlichen Figuren verrät, dass wir diesen menschliche Attribute zuschreiben. Wir konstruieren die göttlichen Wesen aus unserer irdischen Perspektive, die geprägt ist von Ängsten, Sehnsüchten und Hoffnungen.
Mit den problematischen Ritualen unterwerfen sich Gläubige und untergraben ihr Selbstwertgefühl. Ganz nach dem Motto: Ich bin ein armer Sünder, der viel Schuld auf sich geladen hat und Gott um Verzeihung und Gnade bitten muss.
Gott dürfte es ziemlich egal sein, ob wir beten oder nicht. Er weiß in den Augen der Gläubigen eh schon alles über uns. Er kennt angeblich unser Sündenregister, unsere Bedürfnisse, Ängste und Nöte. Und als allwissender und uneingeschränkter Herrscher braucht er keine Streicheleinheiten.
Gott sollte immun sein gegen göttliche Ehrbezeugungen
Huldigungen sollten sein Ego nicht aufpolieren. Als Gott müsste er immun sein gegen solche menschlichen Ehrbezeugungen. Er muss sich sein Selbstwertgefühl nicht von Menschen aufpolieren lassen.
Warum kennen trotzdem alle Glaubensgemeinschaften und Sekten solche Verehrungsrituale? Ganz einfach: Sie leben von dieser Autosuggestion, die zur Selbstkonditionierung und einem radikalen Glauben führen kann. Gebete und Huldigungen verstärken die Hoffnung auf Erlösung und ein Leben nach dem Tod im Paradies. Mit den Ritualen fördern Glaubensgemeinschaften und Sekten auf sanfte Weise die Abhängigkeit. Diese Methode wirkt oft besser als Repression.
(...)
Übernahme in gekürzter Form mit freundlicher Genehmigung von watson.ch.
12 Kommentare
Kommentare
A.S. am Permanenter Link
Ein sehr guter Text, Herr Stamm!
An einigen Stellen gehen Sie mir aber nicht weit genug. Zitat: "Geistliche sind Ritualexperten, Kirchen Ritualhäuser. Von der Taufe über die Konfirmation, das Abendmahl, die Eheschließung, Beichte, Abdankung und die Kirchenfeste: Alle Ereignisse folgen klaren Mustern und Abläufen. Würden Rituale verboten, gäbe es keine Kirchen mehr."
Hier würde ich schreiben: "Geistliche sind INDOKTRINATIONS-Experten, Kirchen, MOSCHEEN UND SYNAGOGEN sind INDOKTRINATIONSHALLEN. Von der Taufe über die Konfirmation, das Abendmahl, die Eheschließung, Beichte, Abdankung und die Kirchenfeste: Alle Ereignisse folgen klaren Mustern und Abläufen. RITUALE HABEN WEGEN IHRER HÄUFIGEN WIEDERHOLUNG INDOKTRINIERENDE WIRKUNG. Würden Rituale verboten, gäbe es keine Kirchen mehr."
Hinsichtlich der gut sichtbaren Unterwerfungsritualen im religiösen Bereich haben Sie vollkommen recht, Herr Stamm.
Stefan Dewald am Permanenter Link
Rituale sind nur wichtig für evolutionär zurückgebliebene Lebensformen.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Mangelndes Selbstbewusstsein fördert diese Unterwerfung enorm, wer von Kindheit an
gesagt bekommt, dass er nichts taugt, nichts weiss und nichts kann, der ist empfänglich
Wenn dann noch in die Köpfe von Kindern, ein, an sich unlogisches Märchen gehämmert
wird, wird dieser es umso schwerer haben, sich davon zu befreien.
Nur ein Mensch, welchen es gelungen ist sich mit der Realen Welt auseinander zu setzen
ist in der Lage, derartigen Unsinn zu erkennen und sich davon zu lösen.
Dazu braucht es aber vernünftige, nicht indoktrinierte Eltern, welche einem den richtigen
Weg in eine angstfreie Zukunft weisen, leider mangelt es weltweit daran, das ist das Dilemma in dem die Menschheit steckt.
E. Steinbrecher am Permanenter Link
Das Komische bei den meisten Gläubigen ist, das diese, stellt man weitergehende Fragen, nicht wissen, von was eigentlich gesprochen wird.
Frage 1: Was heißt Gott? Antwort: Der Oberste, der Erste, der Höchste, übersetzt aus dem Aramäischen.
Frage 2: Kennst Du die Herkunft des Namens Maria? Antwort: Ma Rim, vom Summerischen, Mutter Erde.
Frage 3: Richtiger Name von Jesus? Antwort: Joshua Ben Josef. Umbenannt vom eigentlichen Stifter des Christentums, Paulus.
Mit den Fragen macht man sich, meinen empirischen Werten nach, wenig Freunde unter den Anhängern nicht nur der Amtsreligionen, erkennt aber signifikant, das Unwissenheit eine weitere Manifestation der Pfründe darstellt.
Angelika Wedekind am Permanenter Link
Und der ganze religiöse Quatsch wird noch immer per Bekenntnisunterricht an Schulen in Kinderhirne gepresst, damit sie auch schön angepasst und ängstlich werden.
Zweiflerin am Permanenter Link
Vielleicht braucht es gar keine GG-Änderung. Genügen würde eigentlich schon, wenn ein Präzedenzfall geschaffen und irgendeine Schule in Deutschland sich zur bekenntnisfreien Schule erklären würde.
Angelika Wedekind am Permanenter Link
Danke! Das ist interessant zu wissen. Der feine Unterschied war mir nicht klar.
W. Klosterhalfen am Permanenter Link
Der Mensch kann sich das Beten schenken,
denn was er braucht, kann Gott sich denken.
Ich selber ehre keinen Gott,
der Christen Gott verdient nur Spott.
Arnulf Hopf am Permanenter Link
VERSPOTTEN ist leider eine Variante, die nicht wünschenswerte Einsicht fördert, sondern Frust, Wut oder Aggressionen.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Auch die Beichte ist ein Werkzeug der Selbstbezichtigung und Unterwerfung. Ähnliches gab es auch im Sozialismus und Kommunismus.
Helmut-Otto Manning am Permanenter Link
Religionen sind immer Machtinstrumente und dienen der Unterwerfung der Massen. Mit Götzenwillen wurde in vordemokratischen Zeiten Herrschaft legitimiert! Man denke nur an den Kaiser von Gottes Gnaden!
Manning
A.S. am Permanenter Link
... und man denke an die Krönung Charls III.