Die Sache mit der Kopfbedeckung

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Rüdiger Weida, © Evelin Frerk

TEMPLIN. (hpd) Der "Kopf" der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters, Rüdiger Weida, darf seinen Kopf zwar mit einem Piratentuch bedecken; allein die Stadt Templin verweigerte ihm ein Foto damit in seinem Personalausweis. Der hpd sprach mit ihm über seine Gründe, gegen diese Entscheidung zu klagen.

 

hpd: Hallo Rüdiger, der hpd hat im August 2011 darüber berichtet, dass die Führerscheinstelle des Landkreises Templin dir einen Ausweis ausstellte, auf dem du ein Piratentuch trägst. Weshalb nun dieser offensichtliche Meinungswandel?

Rüdiger Weida: Das sind zwei unterschiedliche Behörden mit unterschiedlichen Mitarbeitern. Der vom Landkreis war freundlich und aufgeschlossen. So einen gab es auch bei der Stadt, aber der entscheidende Beamte war so arg drauf, dass sich inzwischen der Bürgermeister nach einer entsprechenden Dienstaufsichtsbeschwerde für dessen Verhalten entschuldigt hat. Es kommt wohl einfach viel auf den bearbeitenden Beamten an.

Es stimmt zwar auch, dass der Führerschein nicht als Ausweis gilt und eine andere Dokumentenebene hat, aber in Deutschland gibt es für diese beiden einheitliche Bestimmungen. Daran kann es also nicht liegen.

 

In dem Artikel zitierten wir ausführlich aus dem Gesetz. Dort heißt es: "Der Dokumentenbewerber ist grundsätzlich ohne Kopfbedeckung abzubilden. Die Passbehörde kann vom Gebot der fehlenden Kopfbedeckung insbesondere aus religiösen Gründen, von den übrigen Anforderungen aus medizinischen Gründen, die nicht nur vorübergehender Art sind, Ausnahmen zulassen." Hat sich daran etwas geändert?

Nein, die Bestimmung ist noch die gleiche. Wobei ich noch auf das Wort “insbesondere” hinweisen möchte. Das eröffnet einen Entscheidungsspielraum, der eben über religiöse Gründe hinaus geht.

 

Wenn ich das richtig sehe, hast du - noch ehe es zur Klage kam - mit dem Einwohnermeldeamt der Stadt Templin - schon ein Widerspruchsverfahren geführt. Mit welcher Begründung lehnte die Behörde denn ein Foto mit Kopfbedeckung ab?

Ja, so ein Verfahren ist der normale Weg zur Klage. Es gibt von der Stadt wie von der weiterführenden Behörde, dem Landkreis, unterschiedliche Begründungen. Die Stadt stellt vor allem darauf ab, dass eine "Spaßreligion" nicht unter Artikel 4 GG fällt und ein eingetragener Verein nicht als Religionsgemeinschaft gilt. Sie behauptet, mein Antrag wurde nur gestellt, um so indirekt als solche anerkannt zu werden.

Der Landkreis stellt vor allem darauf ab, dass es für Pastafari keine verbindliche Pflicht zum Tragen von Kopfbedeckungen gäbe.

 

Die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters ist als Religionsgemeinschaft anerkannt?

Nein, und wird sie auch nie werden. Wir verstehen uns selbst nicht als Religionsgemeinschaft. Bereits seit unserer Gründung 2006 steht in unserer Satzung: "Zweck des Vereins ist die Förderung von religiösen Zwecken in ihrer Gleichbehandlung mit wissenschaftlich orientierten Weltanschauungen und bei einem besonderem Schwerpunkt auf dem evolutionären Humanismus der Giordano Bruno Stiftung. In diesem Sinn verstehen wir uns als Weltanschauungsgemeinschaft."

 

Führerschein mit Kopfbedeckung
Auf Führerschein mit Kopfbedeckung

Und weshalb zählt das dann nicht? Das Gesetz lässt doch genau diese Ausnahme zu, dass immer dann, wenn religiöse - also weltanschauliche - Gründe dafür sprechen, auch eine Kopfbedeckung auf einem amtlichen Passbild zulässig ist. Oder geht es dir gar nicht um die Religionsfreiheit, wenn du um deine Kopfbedeckung auf dem Ausweisbild kämpfst?

Letztlich doch. Laut Grundgesetz sind Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften gleichgestellt. Da aber nie vom "Religions- und Weltanschauungsrecht" sondern nur von Religionsrecht gesprochen wird, wird entsprechend nur die religiöse Kopfbedeckung erwähnt, nicht auch die weltanschauliche.

 

Was willst du mit der Klage erreichen?

Da gibt es zwei Ebenen. Einmal die persönliche. Ich habe mich, nachdem ich Rentner geworden bin, intensiver mit dem Pastafaritum beschäftigt und mich immer mehr verpflichtet gefühlt, auch entsprechende Kopfbedeckungen zu tragen. Das hat sich so verfestigt, dass ich nun wirklich nie mehr ohne eine aus dem Haus gehe. Ich fühle mich ohne Piratenkappe oder -tuch unvollständig. Aber noch viel schlimmer ist, ich fühle mich auch zunehmend diskriminiert. Es kann nicht sein, dass meine weltanschaulichen Gefühle weniger wert sind und meine weltanschaulichen Rechte geringer gewertet werden als religiöse.

Die zweite Ebene ist die gesellschaftliche. Diese Ungleichbehandlung von Religion und Weltanschauung gibt es ja nicht nur bei Pastafari. Sie ist leider völlig normal. Daran wird sich erst etwas ändern, wenn diese Ungleichbehandlung viel öfter aufgezeigt und wahrgenommen wird. Mein Kampf um mein Passbild mit weltanschaulicher Kopfbedeckung, bei dem mich unsere Kirche unterstützt, ist also auch ein Kampf für die Gleichberechtigung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und, weil es die vollständig nur geben kann, wenn es überhaupt keine Privilegien mehr gibt, letztlich ein Kampf zur Abschaffung religiös-weltanschaulicher Privilegien.

 

Klagen kosten Geld. Wenn ich richtig informiert bin, sammelst du gerade für "die Kriegskasse"? Habt ihr dabei schon ein wenig Geld zusammen bekommen? Welche Summe wirst du aufbringen müssen?

Ja, die ist leider nicht so gefüllt, wie wir wünschten. Etwas über dreihundert Euro haben wir schon durch Direktspenden auf unser Konto bzw. über Helpedia eingenommen. Neunhundert Euro fehlen uns noch, um einigermaßen sicher sein zu können.

Wir freuen uns über Spenden. Entweder über das Helpedia-Konto, wo über Paypal oder Sofortüberweisung bezahlt werden kann, oder Überweisungen direkt auf unser Konto bei der VR Bank Uckermark-Randow. Inhaber: Kirche des FSM, Kontonr.: 120688979, BLZ: 15091704 (IBAN: DE06 1509 1704 0120 6889 79, BIC: GENODEF1PZ1)

 

Na, dann drück ich dir mal die Daumen. Wir bleiben dran; und wenn sich etwas Neues ergibt, werden wir auch wieder berichten.

 

Das Gespräch führte Frank Nicolai.