Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters

Spaghettimonster zieht erneut vors Bundesverfassungsgericht

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Dem Vorsitzenden der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. wurde es verweigert, sich auf dem Foto seines Personalausweises mit religiöser Kopfbedeckung zu zeigen. Das Verfahren ist nun vor dem Bundesverfassungsgericht gelandet.

Normalerweise dürfen laut amtlicher Vorschriften auf Lichtbildern für offizielle Ausweisdokumente keine Kopfbedeckungen getragen werden. Doch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Passgesetzes (Passverwaltungsvorschrift – PassVwV) lässt unter § 6 Absatz  6.2.1.1.4 folgende Ausnahmen von dieser Regelung gelten:

"Für Angehörige von Religionsgemeinschaften und geistlichen Orden, die nach ihren Regeln gehalten sind, in der Öffentlichkeit nicht ohne Kopfbedeckung zu erscheinen, dürfen Lichtbilder verwendet werden, die die antragstellende Person mit der vorgeschriebenen Kopfbedeckung zeigen.

Die antragstellende Person hat die Zugehörigkeit zu einer solchen Religionsgemeinschaft glaubhaft zu machen. Dies kann z. B. durch die Bestätigung der jeweiligen Religionsgemeinschaft über die Zugehörigkeit der antragstellenden Person erfolgen. Ggf. ist das Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft, eine Kopfbedeckung in der Öffentlichkeit zu tragen, nachvollziehbar darzulegen (vgl. BVerfG, 24. September 2003, 2 BvR 1436/02).

Eine Darlegung ist nicht erforderlich, wenn dieses Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft bereits bundesweit als Ausnahmetatbestand im Sinne des § 5 Satz 4 PassV anerkannt ist, was beispielsweise bei der Kopfbedeckung von Frauen der Fall ist, die dem islamischen Glauben angehören. Gleiches gilt für verheiratete, verwitwete und geschiedene jüdische Frauen sowie allgemein für jüdische Männer. Dasselbe gilt für Schwestern des Deutschen Roten Kreuzes, der Arbeiterwohlfahrt und des Diakonischen Werkes sowie der dem Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland und dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband angeschlossenen Schwesternschaften.

Die Kopfbedeckung bei Männern islamischen Glaubens beruht hingegen nicht auf religiösen Gründen, so dass hier ein Ausnahmetatbestand im Sinne des § 5 Satz 4 PassV nicht vorliegt.

Das Tragen der Kopfbedeckung darf nicht dazu führen, dass eine eindeutige Identifizierung des Dokumenteninhabers beeinträchtigt wird. Das Gesicht muss von der unteren Kinnkante bis zur Stirn erkennbar sein, ohne dass Schatten auf dem Gesicht entstehen.

Als Kopfbedeckungen sind nur Kleidungsstücke und Schmuckstücke (z. B. Tücher, Schleier, Kapuzen, Masken, Helme, Kappen, Hüte, Kronen) zu verstehen, nicht hingegen lose oder feste Haarteile (Perücken i. e. S.). Perücken, die der Kostümierung dienen, sind als Kopfbedeckung anzusehen.

Lichtbilder, die eine einwandfreie Feststellung der Personengleichheit mit der antragstellenden Person nicht zulassen, sind zurückzuweisen."

2013 beantragte Rüdiger Weida – auch bekannt als Bruder Spaghettus – bei der für ihn zuständigen Behörde der Stadt Templin einen neuen Personalausweis. Als überzeugter Pastafari ergänzte der damalige Vorsitzende und heutige Ehrenvorsitzende der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. seinen Antrag um ein Passfoto, das ihn mit religiöser Kopfbedeckung zeigt. Bereits zuvor hatte er bei Beantragung eines neuen Führerscheins erreicht, dass er auf dem Führerscheinfoto mit einer religiösen Kopfdeckung abgebildet wurde. Weida begründete dies mit der in den heiligen Schriften des Pastafaritums mehrfach geäußerten Aufforderung, sich zu Ehren des Spaghettimonsters im Ornat eines Piraten zu kleiden.

Die Stadt Templin verweigerte Weida die Ausstellung des Personalausweises. Doch Weida setzte nach und führte aus, dass er sich durch seine immer stärkere Hinwendung zum Pastafaritum und durch seine besondere Rolle in der Gemeinschaft seit langem verpflichtet fühle, in der Öffentlichkeit die religiöse Kopfbedeckung der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. zu tragen, welche in ein Bandana mit der Abbildung eines Piratenfischs besteht. Es würde ihn in einen enormen Gewissenskonflikt stürzen und ihn in seiner Menschenwürde verletzen, wenn er dieses öffentliche Bekenntnis nicht auch auf seinem Personalausweisfoto bekunden könne und dadurch seine Weltanschauung als minderwertig dargestellt würde.

Die Stadt Templin bat das Ordnungsamt des Landkreises Uckermark um eine Stellungnahme. Dieses leitete das Problem mit der Frage, ob die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. eine Religionsgemeinschaft sei, an das Innenministerium des Landes Brandenburg weiter. Das Ministerium gab die Anfrage an das Bundesinnenministerium weiter – samt Hinweis, dass entsprechende Anträge von Herrn Weida abzulehnen seien, da man bezweifle, dass die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. eine Religionsgemeinschaft sei und da anzunehmen sei, dass es sich bei der Kopfbedeckungsfrage vielmehr um einen Protest gegen vermeintlich unberechtigte Privilegien von Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften handle.

Das Bundesinnenministerium kam nach eintägiger Prüfung zu dem Ergebnis, dass "Spaß-Religionen" nicht vom Recht auf Religionsfreiheit geschützt seien. Deshalb seien Lichtbilder von Anhängern der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters mit Kopfbedeckung im Rahmen des Personalausweisantragsverfahrens abzulehnen. Das tat die Stadt Templin auf Weisung des Bundesinnenministeriums.

Der Entscheidung folgte ein Widerspruch seitens Weida sowie ein mehrjähriges Gerichtsverfahren. Weida verwahrte sich darin gegen die Behauptung, es handle ich bei der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. um eine Spaßreligion. Er erklärte, dass der Staat nicht die Berechtigung habe, die Logik oder Glaubwürdigkeit von Glaubenswahrheiten zu prüfen, sondern er habe diese zu akzeptieren. Im Übrigen, so Weida, komme es nicht darauf an, ob Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften das Tragen von Kopfbedeckungen vorschreiben, sondern ob sich der Einzelne dazu verpflichtet fühle. Schließlich gebe es unter Musliminnen und Muslimen auch unterschiedliche Ansichten darüber, ob das Tragen eines Kopftuchs für Frauen als religiöse Verpflichtung zu betrachten sei – oder eben nicht.

Das Verwaltungsgericht Potsdam wies Weidas Klage 2015 ab. Weida beantragte die Zulassung zur Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. In seiner Begründung rügte Weida, dass das Verwaltungsgericht der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. den Status einer Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaft abgesprochen hatte, ohne sich mit dieser Rechtsfrage überhaupt auseinandergesetzt zu haben – und das, obwohl die weltanschaulich humanistische Ausrichtung der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. im Verfahren ausführlich beschrieben wurde. Mindestens hätte das Gericht ein religionsphilosophisches Gutachten einholen müssen, um die Weltanschauungseigenschaft der Kirche zu prüfen. In der Nichteinholung eines solchen Gutachtens sah Weida einen Verfahrensmangel, der ein Berufungsverfahren notwendig mache.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beschloss, das Berufungsverfahren nicht zuzulassen. Auch die Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat Rüdiger Weida nun Klage vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben. Weida hofft, dass das Bundesverfassungsgericht, sich endlich inhaltlich mit der Weltanschauungseigenschaft der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. auseinandersetzen wird: "Mit über fünfzig Anlagen wurde nachgewiesen, warum wir als Weltanschauungsgemeinschaft anzuerkennen sind", erklärt Weida hierzu im heutigen "Wort zum Freitag" der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. "Dabei wurde auch großer Wert auf den Nachweis unserer humanistischen Betätigung und auf die verpflichtenden Normen für unsere Mitglieder gelegt und sogar ein philosophisch-theologisches Gutachten wurde eingeholt. Sollte das alles die Richter doch nicht überzeugen, werden wir bis zum Letzten kämpfen und vor den Europäischen Gerichtshof der Menschenrechte ziehen."