Indigene Perspektiven müssen auf der COP 26 im schottischen Glasgow deutlich stärker berücksichtigt werden. Das fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Anbetracht der aktuellen Klimakonferenz in Glasgow. Indigene kämpften bereits jetzt an vorderster Front gegen den Klimawandel, etwa indem sie sich gegen illegale Holzfällerei und Brandrodung wehrten. Zugleich seien sie durch ihre existentielle Verbindung zu Natur und Umwelt unmittelbar von den Folgen des Klimawandels betroffen.
"Die bisherigen Klimakonferenzen waren aus indigener Sicht ausgesprochen enttäuschend. Denn Staaten wie Brasilien oder Indien, in denen viele Indigene leben, konzentrieren sich mehr auf ihr Wirtschaftswachstum als den Schutz des Klimas oder der verwundbarsten Teile ihrer Bevölkerung", erläutert Regina Sonk, GfbV-Referentin für indigene Völker. "Wegen der Pandemie können deutlich weniger Indigene in Glasgow präsent sein als auf früheren Konferenzen. Besonders die reichen Staaten sind daher in der Pflicht, den direkten Dialog zu suchen und aus der indigenen Expertise zu lernen."
Gerade in Brasilien treibt Präsident Jair Bolsonaro die Zerstörung von Wäldern und Natur unerbittlich voran. Durch seine Politik und Rhetorik fühlen sich Kriminelle ermutigt, in indigene Gebiete einzudringen, sie auszubeuten und für die Landwirtschaft niederzubrennen. Auf dem Territorium der Ashaninka baut derzeit eine Holzfirma eine illegale Straße durch den Regenwald und indigenes Gebiet – auf peruanischer und brasilianischer Seite. "Die territorialen Rechte der Indigenen sind die Grundlage für den Schutz ihrer Umwelt. Die Ashaninka haben im brasilianischen Bundesstaat Acre schon vor Jahren die Initiative für den Regenwald ergriffen und über 2.000 junge Bäume auf ihrem Gebiet nachgepflanzt, die durch illegalen Holzabschlag zerstört wurden", berichtet Sonk. "Solche Initiativen können international Schule machen." Neben den zwischenstaatlichen Verhandlungen wäre es daher ein starkes Signal, wenn die deutsche und europäische Politik darüber mit Indigenen direkte Gespräche führte.
"Es ist Zeit zu handeln – und die Regierungen der Welt dürfen nicht nur untereinander entscheiden, was mit dem Weltklima passiert. Die Zivilgesellschaft, auch die indigenen Völker, müssen das Recht haben, mit zu diskutieren und zu entscheiden. Leider wird die Zivilgesellschaft meistens nicht gehört. Die indigenen Völker, die einen großen Beitrag zum Umweltschutz leisten, bleiben außen vor. Diese wahren Umweltschützer müssen jetzt direkt gefördert werden. Denn die Regierungen, die Fördergelder erhalten, tragen eher zur Umweltzerstörung als zum Umweltschutz bei", ergänzt Dr. Eliane Fernandes, Brasilienkoordinatorin der GfbV.
Dr. Fernandes wird für die GfbV an der Klimakonferenz teilnehmen und vom 3. bis 7. November vor Ort sein. Am 6. November organisiert die GfbV gemeinsam mit der Klimaallianz, der Klimastiftung, dem Klimabündnis und der Kindernothilfe eine Veranstaltung im Deutschen Pavillon. Um 14 Uhr Ortszeit (15 Uhr deutscher Zeit) beginnt das Panel "Climate Justice – The Global Perspective". Stimmen aus Madagaskar, Peru, Brasilien, Pakistan und Südafrika zeigen weltweiten Klima-Aktivismus. Das Panel wird die bereits bestehenden Auswirkungen des Klimawandels und erfolgreiche Strategien dagegen aufzeigen und Zukunftsvisionen von jugendlichen Aktivisten präsentieren. Für die GfbV sprechen die beiden Ashaninka-Vertreter Francisco Piyãko (Brasilien) und Berlin Diques Rios (Peru).