Tötet den Boten

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Köln
Köln

Schon vor Zeiten wurde der Überbringer schlechter Neuigkeiten getötet. Auch heute kämpft ein Julian Assange um seine Freiheit, weil er negative Nachrichten zu verbreiten half. Und aktuell will der Kölner Woelki jemandem den Mund verbieten.

Jahrelang diente sie brav und treu der katholischen Kirche. Namentlich dem Bischofsstuhl in Köln: Sie war langjährige Sekretärin des verstorbenen Joachim Kardinal Meisner.

Doch wehe ihr! Die 72-Jährige sagte in einem presserechtlichen Verfahren des Kardinals gegen den Springer-Verlag aus. Dabei erschütterte sie die Glaubwürdigkeit des Erzbischofs Rainer Maria Kardinal Woelki massiv. "Streitgegenstand ist die Berichterstattung über den Fall des Pfarrers Michael D., den Woelki 2017 zum stellvertretenden Stadtdechanten von Düsseldorf befördert hatte." 

Der als "D." Bezeichnete soll ein Priester mit "fragwürdigem Lebenswandel" sein. Davon habe Woelki vor dessen Beförderung zum stellvertretenden Stadtdechanten von Düsseldorf im Jahr 2017 nur "gehört". Die langjährige Sekretärin Meisners hingegen hatte im November 2022 ausgesagt, Woelki auf dessen persönliche Bitte hin alles berichtet zu haben, was sie über den Lebenswandel des D. gewusst habe. Darunter auch, dass sie mit dem Mann befreundet war und er sich "ihr gegenüber als homosexuell geoutet habe und dass er 2001 von einem minderjährigen Sexualpartner erpresst worden sei".

Selbst als die Kölner Kriminalpolizei 2001 das Erzbistum schriftlich vor dem neuerlichen Einsatz des D. in der Kinder- und Jugendseelsorge gewarnt hatte, wurde diesem nur im "Wiederholungsfall mit Sanktionen" gedroht. "Woelki, der 2014 Erzbischof von Köln wurde, spricht dagegen über den Zeitraum bis zum Jahr 2017 von 'Gerüchten', die sich nie bestätigt hätten", schreibt die FAZ.

HINWEIS: Das Generalvikariat des Erzbistum Köln weist in einer Mail vom 27. Januar 2023 darauf hin, dass "die Abmahnung eben nicht von Kardinal Woelki stammt, und dass er in keinem Zusammenhang mit der Abmahnung steht." [1]

Und weil nicht sein kann, was nicht sein darf und offenbar Beweise des Gegenteils nicht möglich sind, macht Herr Woelki was? Genau! Er mahnt die alte Frau ab und schickt ihr am "Heiligen Abend" jedenfalls nicht den Weihnachtsmann ins Haus: "Ein Anwalt des D. namens Christoph Lerg hatte ihr am Heiligen Abend 2022 ein Einwurfeinschreiben zustellen lassen, in der er sie bezichtigte, während ihrer Vernehmung am 16. November 2022 uneidliche Falschaussagen und massiv ehrverletzende Aussagen zum Nachteil seines Mandanten gemacht zu haben." Das muss diese christliche Nächstenliebe sein, von der immer alle sprechen.

Gegenüber Rom bekam Woelki drei Jahre nach der Aufarbeitung kalte Füße und meldete dort den Priester D. Der Sekretärin hingegen machte er ein sehr besonderes Weihnachtsgeschenk. Und all das nur, um nicht selbst in die Schlinge zu kommen, die er geknüpft hat: Hatte Woelki doch in einer eidesstattlichen Erklärung versichert, dass er von nichts wusste.

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[1] Im Nachgang zum Beitrag von Daniel Deckers hat das Erzbistum Köln mehrere Presseanfragen erhalten und beantwortet. Dazu gehörten unter anderem:

- War Kardinal Woelki in die Entscheidung eingebunden, das Landgericht Köln darüber zu informieren, dass der Anwalt von Pfarrer D die frühere Sekretärin von Kardinal Meisner abgemahnt bzw. Strafanzeige gegen sie erstattet hat?

Nein, die Strafanzeige gegen die ehemalige Sekretärin von Kardinal Meisner wurde von Pfarrer D. durch seinen Rechtsbeistand veranlasst. Der Erzbischof war hierüber weder informiert noch in das Geschehen in irgendeiner Weise eingebunden.

- Wird der Erzbischof oder das Erzbistum gegen die Zeugin juristisch vorgehen?

Nein, Kardinal Woelki hat auch künftig nicht vor, juristisch gegen diese oder andere Zeugen vorzugehen.